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Friedrich Leopold von Kircheisen

* 28.06.1749 in Berlin
† 18.03.1825 in Berlin

Geboren wurde der spätere preußische Justizminister Kircheisen am 28.06.1749 in Berlin. Sein Vater Karl David von Kircheisen (1704-1770) war Berliner Stadtpräsident und Polizeidirektor, der für seine kraftvolle und weise Führung der Berliner Polizei unter den Augen des preußischen Königs Friedrich II. viel Beachtung fand.

Zunächst wurde der junge Kircheisen durch Privatlehrer unterrichtet ehe er im Alter von 13 Jahren auf das Gymnasium Zum Grauen Kloster wechselte. Die letzten zwei Jahre bevor er sein Studium der Rechte in Halle begann, lernte er auf dem Joachimsthalschen Gymnasium. Schon als Schüler wurde sein Interesse für seinen späteren Berufswunsch als Jurist geweckt. So nahm er am Unterricht über das Naturrecht und die Institutionen im Joachimsthaler Gymnasium teil. Durch seinen damaligen Lehrer Heinius (1688-1775) erhielt er bei einer öffentlichen Prüfung das Urteil »ein guter Kopf, könnte fleißiger sein, aber ein guter Jurist wird er dereinst werden«.

Im Jahre 1767 wechselte Kircheisen an die Universität zu Halle um sein juristisches Studium zu beginnen. In jener Zeit bildeten die Professoren Daniel Nettelbladt (1719-1791) und Georg Samuel Madihn (1729-1784) als Antipoden der Rechtswissenschaften und bei ihnen hörte er entsprechende Vorlesungen.

Nach erfolgtem Studium und bestandener Prüfung trat der junge Jurist als Referendar in den preußischen Staatsdienst ein.

Durch den Tod des Vaters im Jahre 1770 und die bescheidenen Einkünfte der Mutter musste der junge Kircheisen schnell eine eigene wirtschaftliche Existenz anstreben. Im Jahre 1773 legte er im Alter von gerade 23 Jahren sein Examen ab und für »tüchtig« befunden. Es folgte die Berufung als Kammergerichtsrat und im Jahre 1775 erfolgte seine Berufung in den zweiten Senat des Kammergerichts. Schon im folgenden Jahr erhielt Friedrich Leopold von Kircheisen zugleich eine Assessorstelle im Oberrevisionskollegium annehmen.

Kaum ein Jahr später schlug ihn das General-Direktorium als Nachfolger des Geheimen Rats Schüler vor. Der preußische König Friedrich II. genehmige diesem Vorschlag mit den Worten: »wenn er kein Formalist, gut«.

Einer der größten Rechtsfälle der friderizianischen Zeit war der des Müllers Christian Arnold aus Pommerzig bei Züllichau. Dort betrieb Arnold eine Wassermühle an einem Fluss der zur Oder fließt. Als Erbpächter schuldete er seinem Erbzinsherrn, den Grafen von Schmettau, den Erbzins den er aus den Erlösen der Wassermühle erwirtschaftete.

Im Jahre 1770 begab es sich jedoch, dass der Landrat von Gersdorff flussabwärts für sich einen Karpfenteich anlegen ließ. Somit führte der Fluss nur noch sehr wenig Wasser und der Müller sah sich außer Stande den Erbzins an den Grafen von Schmettau zu zahlen. Im Jahre 1773 erstritt Schmettau vor dem Patrimonialgericht, dessen Gerichtsherr der Graf selbst war, ein Urteil gegen den Müller. Die vor dem zuständigen Gericht in Küstrin eingereichte Revision blieb ebenfalls erfolglos. Gestützt auf dieses Urteil wurde die Mühle zwangsversteigert und schließlich durch den Grafen von Schmettau erworben.

Doch Müller Arnold ließ sich nicht entmutigen und verfasste zahlreiche Eingaben an König Friedrich II. um seinen Fall vorzutragen. Schließlich gab der König die Anweisung, dem Müller eine Schadensersatzklage zu gestatten. Sowohl das Landgericht Berlin als auch das Kammergericht Berlin urteilten in der Schadensersatzklage abschlägig. Nun entschied sich der Monarch, das Verfahren an sich zu ziehen und entschied sich ein Exempel zu statuieren.

So verhörte er am 11.12.1779 die beteiligten Kammergerichtsräte höchstpersönlich, schenkte ihrer Argumentation jedoch kein Gehör. Er annullierte mit heftigsten Worten das Urteil und entließ seinen obersten Juristen, den Großkanzler von Fürst (1717-1790). Drei Richter des Kammergerichts, dem auch Kircheisen angehörte, wurden vom König zu einem Jahr Festungshaft auf der Zitadelle Spandau verurteilt. Kircheisen konnte der Verhaftung nur entgehen, da er während des Hauptprozesses nicht anwesend war. Die verhafteten Juristen wurden jedoch sehr rasch vom König begnadigt. Der preußische König verstieß hier gegen eine von ihm selbst aufgestellte Maxime, die die Unabhängigkeit der Justiz forderte.

In den ersten Regierungsjahren des Königs Friedrich Wilhelm II. wurde er Mitglied der Gesetzes-Kommission. Diese Kommission hatte die Aufgabe ein allgemeines Gesetzbuch für die preußischen Staaten zu entwerfen. Im Jahre 1794 konnte diese Kommission das »Allgemeine preußische Landrecht« vorlegen. Er nahm nicht nur an den Vorarbeiten des Gesetzbuches teil sondern wurde auch auf Vorschlag des Großkanzlers Carmer zu den abschließenden Beratungen herangezogen und hatte direktes Vortragsrecht beim Monarchen.

Neben seiner Berufung in die Gesetzeskommission wurde Kircheisen zum Kammergerichts-Direktor ernannt. Zusammen mit dem Kammergerichts-Rat Mayer wurde ihm die Aufgabe übertragen, den schwierigen Nachlass des Markgrafen Friedrich-Heinrich zu Schwedt (1709-1788) zu klären.

Eine Berufung Stadtpräsident und Direktor der Berliner Polizei, das Amt seines Vaters, lehnte er trotz der Bitten des Königs ab ebenso wie eine Berufung als Justiziar des General-Direktoriums lehnte er ab.

Vielmehr erfreute er sich an den guten, dass er mit seiner Rechtsprechung erreichen konnte. Kircheisen, der inzwischen Kammergerichts-Vizepräsident war, wurde im Jahre 1795 durch den Staatskanzler Hardenberg beauftragt, in den neu erworbenen Provinzen Ansbach und Bayreuth das preußische Justizwesen einzuführen. Ihm selbst diente der Aufenthalt in Franken zur Knüpfung zahlreicher Freundschaften. Doch ungeachtet der freundschaftlichen Bindungen nach Oberfranken kehrte er nach Berlin zurück.

Nach dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelm III. wurde er im Jahre 1798 in den Adelsstand erhoben. Im August desselben Jahres erhielt er von der juristischen Fakultät Halle die Doktorwürde. Im Jahre 1799 verhandelte er im Auftrag des Königs mit den Kurmärkischen Ständen über das Provinzialrecht.

Im Jahre 1802 wurde Friedrich Leopold Kircheisen erneut mit Aufgaben der Legislative betraut und nach dem Tod des Oberjustizrats Baumgarten kommissarisch zum vortragenden Rat beim Großkanzler von Goldbeck. In jener Zeit arbeite er auch entscheidend an der neuen »Kriminal-Ordnung« mit.

Im Jahre 1805 erfolgte seine Ernennung zum ersten Präsidenten des Berliner Kammergerichts. In der Zeit der französischen Besatzung Berlins vom Oktober 1806 bis zum Dezember 1808 setzte sich Kammergerichts-Präsident Kircheisen für eine Unverletzlichkeit der preußischen Rechtspflege ein. Durch seine Ruhe und Festigkeit seines Charakters verschaffte er sich auf Seiten der französischen Besatzung eine entsprechende Aufmerksamkeit und Anerkennung.

Durch König Friedrich Wilhelm erfolgte seine Ernennung zum Chef-Präsidenten des gesamten Kammergerichts und zugleich die Berufung als Geheimer Staatsrat. Im folgenden Jahre wurde ihm der Rote-Adler-Orden III. Klasse verliehen.

Im Juni 1810 wurde Kircheisen an die Spitze des Justiz-Departements bestellt. Seine Machtbefugnisse und seine Stellung waren jedoch durch die Verordnung »Über die veränderte Verfassung der obersten Staatsbehörden« vom 27.10.1810 erheblich eingeschränkt. So war der Geschäftsbereich des Justizministers enger umgrenzt und im Vergleich zu der eines früheren Großkanzlers bedeutend eingeschränkt. Auch er war von nun an der Kontrolle des Staatsministers Hardenberg unterworfen. Als Anhänger einer unabhängigen Justiz, wie sie von Carmer von und Savrez, die er auch für die Stellung des Justizministers gewahrt wissen wollte, konnte er sich jedoch nur schwer anfreunden.

So entgingen dem neuen Minister kleine Gebrechen der Rechtspflege nicht und er bewirkte Verbesserungen im Einzelnen und im Ganzen. So sind auch viele gesetzliche Anordnungen in materiellem Recht als auch in formellem Verfahren von ihm eingebracht worden.

Im Jahre 1814, die preußischen Truppen standen in Paris, erhielt er als Zeichen der königlichen Zufriedenheit den Roten-Adler-Ordens I. Klasse durch den Monarchen verliehen. Im folgenden Jahr wurde er Mitglied er »Akademie der nützlichen Wissenschaften« in Erfurt. Er geriet jedoch nach Ende der Befreiungskriege mit der Restaurationspolitik des preußischen Staatskanzlers Hardenberg immer wieder in Widerspruch. So setzte sich Kircheisen für eine rasche Einführung des preußischen Rechts in der Rheinprovinz ein, während Hardenberg sich für eine langsame Einführung aussprach. So wurde im Jahre 1817 ein Ministerium für Gesetzesrevision unter Carl Friedrich von Beyme gegründet. Somit unterlag dieses wichtige Thema nicht mehr in der Verantwortung des preußischen Justizministers. Später gab es noch einen ähnlichen Konflikt um die Hypotheken in den ehemals sächsischen Territorien. Staatskanzler von Hardenberg versuchte auf diese Weise die Kompetenz des Ministers zu beschneiden und in willigere Hände zu legen.

Doch die Problematik der unterschiedlichen Rechtsauffassungen ergab sich zwischen den Jahren 1821 und 1823 als der Kaufmann Fronkvor dem Trierer Schwurgericht wegen Mordes angeklagt wurde. Obwohl ein Gegner des landesherrlichen Einspruchs auf ein einmal gefälltes Urteil beantragte er hier das Urteil, wie es in altpreußischen Recht bei Todesurteilen erforderlich war, die königliche Bestätigung zu versagen. Doch bei Schwurgerichtsprozessen im rheinischen Recht bedurfte es dieser Zustimmung nicht.

Im Jahre 1817 wurde Friedrich Leopold von Kircheisen in den preußischen Staatsrat berufen. Er wurde jedoch nicht Mitglied der für das Justizwesen zuständigen Kammer. Im Jahre 1824 widersprach Kircheisen auch der Mehrheit des Staatsministeriums in der Frage, ob pazifistisch eingestellte Mennoniten bei Verweigerung des Kriegsdienstes ihre Staatsbürgerschaft entzogen werden sollte. Für ihn handelte es sich um eine staatliche Nötigung.

Am 16.03.1825 erlitt der Witwer – der 47 Jahre lang mit einer Tochter des Kriegsrats Fischer verheiratet war - einen Nervenschlag, an dessen Folgen er zwei Tage später verstarb. Das Paar hatte 8 Kinder von denen jedoch nur ein Sohn und zwei Töchter die Eltern überlebten.