Nikolaus von Luckner
† 04.01.1794 in Paris
Nikolaus von Luckner wurde am 12.01.1722 als zweitjüngstes von 8 Kindern geboren. Seine Eltern waren der Bierbrauer und Hopfenhändler Samuel Luckner, der auch das Gasthaus »Zur Gans« im Ort Cham im Bayerischen Wald betrieb, und seiner Frau Maria Franziska Billig aus Kötzing. Der Vater, der durch den Betrieb des Gasthauses der Familie einen bescheidenen Wohlstand ermöglichte, starb im Jahre 1729, als der spätere Marschall gerade sieben Jahre alt war.
Die Mutter veräußerte das Gasthaus und zog zu ihrer Familie nach Kötzing. Zunächst besuchte der Knabe die Lateinschule in Cham und schließlich das Straubinger und Passauer Jesuitenkollegium. Doch lag ihm der Unterricht nicht und so träumte er eher von einem Leben voller Abenteuer und Abwechslung statt eines geordneten bürgerlichen Lebens. Von den Lehrern, denen es schwer fiel, den Knaben zu bändigen erhielt er schnell den Spitznamen »Libertinus«. Dies bedeutete so viel wie »Freigeist« oder Wildfang. Früh reifte in Luckner der Entschluss in den Soldatenstand zu treten.
Im Jahre 1741 trat der junge Mann in den bayerischen Militärdienst. So versprachen ihm die Werber nicht nur Ruhm und Ehre sondern auch ein staatliches Einkommen. Er trat als Kadett in das Infanterieregiment Morawitzky ein. Er selbst behauptete stets, bereits im Jahre 1737 in den Soldatenstand getreten zu sein und bereits gegen die Türken gekämpft zu haben. Für diese Behauptung gibt es jedoch keine eindeutigen Belege, vielmehr wurden diese zwischenzeitlich sogar widerlegt.
Während des österreichischen Erbfolgekrieges zwischen 1742 und 1745 trat er in den Dienst des Freikorps von Michael Gschrey. Hier machte er erstmals durch einen Ausfall aus dem belagerten Straubing auf sich aufmerksam. In jener Zeit bewies er immer wieder durch kühne Vorstöße seinen Mut. In dieser Zeit nahm er am böhmischen Feldzug Karl Albrechts (1697-1745) und wurde im Jahre 17433 zum Premierleutnant befördert.
In dieser Zeit lernte er als Husarenleutnant auch den sogenannten »kleinen Krieg« kennen. Im sogenannten »kleinen Krieg« kämpften kleine, zum Teil aus Freiwilligen bestehende Regimenter als leichte Truppen, ganz auf sich selbst gestellt, im Rücken des Feindes. Ausgeklügelte Schlachtpläne oder taktische Vorschriften waren hier eher sinnlos, vielmehr wurden die operativen Fähigkeiten der Anführer gefordert.
Luckner ergriff in jener Zeit mehrmals die Gelegenheit, seine Fähigkeiten als militärischer Führer unter Beweis zu stellen. Als im März 1745 das Freikorps Gschray zwischen Ismaring und Freising angegriffen und in die Flucht geschlagen wurde, sammelte er einige Reiter sich, brachte sie in Ordnung und verhinderte damit den weiteren Vormarsch des Gegners.
Nikolaus von Luckner zog sich, im Zuge der Verkleinerung der bayerischen Armee, in das Privatleben zurück.
Im Jahre 1758 heiratete er Johanna Cornelia Cuijpers.
Mit Ausbruch des Siebenjährigen Krieges (1756-1763) trat Luckner in die Dienste des Kurfürsten von Hannover, wo er im Range eines Majors sein eigenes leichtes Regiment erhielt. Oft preschte Major Luckner an den Feind heran und bewies in kühnen und oft gewagten Einsätzen vor und hinter den Linien der feindlichen Armee. Dort führte er manchmal unter grausamen Bedingungen einen kleinen Krieg. Oft richtete das Freikorps Luckner schreckliche Blutbäder an, die selten ohne Plünderung und Erpressung der Zivilbevölkerung von statten gingen. Er zeichnete sich in den Schlachten von Krefeld, Marburg, Eisenach, Göttingen, Hameln, Kassel und Nordheim im Kampf gegen die Franzosen besonders aus. Eine erste Beförderung zum Oberst wurde im zuteil, als er im August 1759 das Portefeuille eines französischen Marschalls erbeutete. In diesem befanden sich geheime Anweisungen des Pariser Kriegsministeriums für die weitere Kriegsführung.
Luckner selbst konnte die Ausnahmesituation des Krieges in Verbindung mit seinem Dienst bei den Leichten Truppen sehr erfolgreich nutzen. In nur sieben Jahren gelang es ihm, durch persönlichen Mut und kühnen Einsatz, vom Major bis zum Generalleutnant aufzusteigen. Eine solche Karriere war im 18. Jahrhundert eher eine Ausnahme. So waren beispielsweise alle Offiziersstellen in der Infanterie und Kavallerie Adeligen ausschließlich vorbehalten. So konnte man mit herausragenden Leistungen die gesellschaftlichen Schranken überwinden
In preußischen Diensten konnte Konstantin Nathanael von Salenmon (1710-1797) eine ähnlich außergewöhnliche Karriere vorweisen.
Neben der außergewöhnlichen Militärkarriere kehrte er auch mit einem staatlichen Vermögen aus dem Kriege zurück. Neben seinen regulären Einkünften vermehrte er dieses durch seine Beutezüge während des Krieges und persönlichen Geschenken des HerzogsFerdinand von Braunschweig, den er durch seinen heldenhaften persönlichen Mut vor der französischen Kriegsgefangenschaft bewahrte. Im Jahre 1763 erhielt er den russischen Sankt-Annen-Orden.
Nachdem im Jahre 1763 der Krieg mit dem Hubertusburger Frieden endete, wurde auch das Regiment Luckners aufgelöst und seine Bezüge werden halbiert. Bei entsprechender Gelegenheit warf er vor dem versammelten Offizierskorps seines Regiments seinen mit Orden dekorierten Generalsmantel in das Kaminfeuer und bat verärgert um seine Entlassung.
Durch die militärischen Erfolge aufmerksam geworden, warben sowohl Frankreich als auch Russland um die Gunst des arbeitslosen Generalleutnants. Ohne Zögern bot Frankreich ihm die Stelle eines Generalmajors mit einem Jahreseinkommen von 30.000 Livres an. In den folgenden Friedensjahren verbrachte er die meiste Zeit auf seinem ausgedehnten Gütern in Holstein. Im Jahre 1778 wurde Luckner als dänischer Freiherr in den Adelsstand aufgenommen und nur sechs Jahre später erhielt er den Titel eines dänischen Grafen. Am 07.06.1777 hatte er den polnischen Weißen Adler-Orden erhalten.
Als in Frankreich im Jahre 1789 die Revolution ausbrach sah der adelige Graf Luckner auch das Ende der Friedensphase gekommen. Er befand sich trotz seines hohen Alters – er war immerhin schon 67 Jahre alt - in guter gesundheitlicher Konstitution und rüstig genug, um noch ein Kommando zu übernehmen. Er brachte sich den Franzosen wieder in Erinnerung als er im Jahre 1790 der Nationalversammlung huldigte, wurde ihm durch Kriegsminister Narbonne am 28.12.1791 in Metz der Marschallstab überreicht. Mit den Zielen der Französischen Revolution konnte er sich jedoch nicht wirklich identifizieren. Am 07.03.1792 erhielt er den das Großkreuz des Sankt-Ludwig-Ordens verliehen.
Luckner übernahm das Kommando über die französische Rheinarmee, die zu dieser Zeit gerade einmal 25.000 Mann zählte. In dieser Position wurde ihm zu Ehren am 26.04.1792 die Marseillaise durch Rouget de Lisle das Kriegslied der Rheinarmee, das ab dem Jahre 1795 als »Marseillaise« zur französischen Nationalhymne wurde.
Sein Hauptquartier bezog er im elsässischen Straßburg. Er ließ zunächst die Engpässe von Brundrur besetzen und rückte nach Norden vor um die Grenze zu den Österreichischen Niederlanden, dem heutigen Belgien, zu überschreiten. Es gelang ihm zunächst auch die österreichischen Truppen zurückzudrängen.
Marschall Luckner übernahm in der Folge das Oberkommando über die revolutionäre Nordarmee und stellte Ordnung sowie Manneszucht bei derselben wieder her. Er besetzte die Städte Menen sowie Courtrai. Es folgte eine Versetzung von der Nord- zur Zentralarmee und sein Hauptquartier befand sich in Metz.
Als Kommandierender General der Zentralarmee versagte jedoch das militärische Geschicht des Grafen Luckner. Er hatte den Auftrag nach der Flucht La Fayettes übertragen bekommen, im Raum um Châlons-sur-Marne ein neues Reserverheer aufzustellen. In diesem Lager sammelten sich etwa 60.000 Bauernburschen ohne Waffen; der General zeigte ihnen jedoch einen erheblichen Mangel an Energie.
Ohne Widerstand konnten die gegnerischen Truppen unter Führung des Herzogs von Braunschweig tief nach Frankreich vorrücken. Erst der Sieg in der Kanonade von Valny am 20.09.1792 unter dem Oberbefehlshaber der Nordarmee, General Dumouriez stoppte den alliierten Vormarsch und brachte eine Wende in diesem Krieg.
Die Ursachen, die zu Luckners zögerlichen Handeln führten, sind bis zum heutigen Tage nicht wirklich geklärt. So wurden als Gründe neben Eigensinn oder sein hohes Alter auch der schlechte Zustand der Revolutionsarmee aber auch die Unfähigkeit zur Führung eines solch großen Truppenverbandes angeführt. Eventuell könnte auch der Widerstand seiner Untergenerale, die sich gegen einen Ausländer und Adeligen an der Spitze der Armee stellten, ein Grund für Graf Luckners Verhalten sein.
Es wurde ihm ein revolutionärer Offizier, Choderlos de Laclos zur Seite gegeben, ohne dessen Unterschrift seine Briefe und Befehle nicht mehr ausgeführt werden durften. Durch eine solche Demütigung durch die Pariser Regierung gekränkt, bat er suchte er um seinen sofortigen Abschied nach. Der Nationalkonvent bewilligte dem französischen Marschall diesen Wunsch unmittelbar. Man gewährte ihm sogar ein Gnadengehalt von 36.000 Livres.
Er wurde durch die Regierung in Paris seines Amtes enthoben und Oberst Kellermann übernahm das Kommando der Zentralarmee.
Luckner entschied sich als Privatmann im Elsass zu bleiben, anstatt sich auf seine Güter in Holstein zurückzuziehen. Doch in jenen Tagen war der französische Staat eher damit beschäftigt Gelder einzunehmen, als diese auszuzahlen. Da ihm die Auszahlung durch den dortigen Rentbeamten verweigert wurde, begab sich Nikolaus von Luckner nach Paris um dort selbiges einzufordern.
Statt die versprochenen Gelder durch den Konvent zu erhalten wurde er durch Prinz Carl von Hessen denunziert und verhaftet. Am 03.01.1794 wurde er vor dem Revolutionstribunal unter Vorsitz von Fouquier-Tinville der Mitschuld an den Verbrechen der geflohenen Generale Dumouriez und Custine angeklagt. Der Marschall wurde als vorsichtig aber doch hartnäckiger Royalist dargestellt. Man warf ihm vor, gewonnene Positionen ohne Grund aufgegeben zu haben. Nach kurzer Beratung wurde ihm das Todesurteil verkündet. Am nächsten Tag wurde er der Guillotine übergeben.
Die letzten Worte des Verurteilen im Angesicht der Guillotine waren:
»Ich zweiundsiebzigjähriger Greis sterbe im Bewusstsein meiner Unschuld.«
Doch bereits im folgenden Jahr wurde er durch den Nationalkonvent, der das Urteil für ungerecht erklärte, rehabilitiert. Seinem ältesten Sohn Nikolaus Graf Luckner (1750-1824) wurde der Marschallstab mit Bestallungsurkunde ausgehändigt. Auch die zurückgehaltene Pensionszahlung erhielt der Sohn postum ausgezahlt. Seinen Namen findet man auch seit dem Jahre 1836 am Pariser Arc de Triomphe in der 3. Spalte des Nordpfeilers verewigt.
Bis zum Jahre 1967 blieben die persönlichen Devotionalien des Grafen Luckner im Familienbesitz ehe sie an das Pariser Armeemuseum übergeben wurden. Sein Ururenkel Felix von Luckner wurde im Ersten Weltkrieg als »Seeteufel« berühmt.