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Hans Ferdinand Massmann

* 15.08.1797 in Berlin
† 03.08.1874 in Bad Muskau

Hans Ferdinand Massmann wurde am 15.08.1797 in Berlin geboren. Sein Vater war Uhrmacher und entstammte einer armen thüringischen Bauernfamilie. Der Vater war bemüht, in seinen Söhnen, seinen eigenen Bildungsideal zu vervollkommnen. So besuchte Massmann besuchte zunächst das Werdersche Gymnasium seiner Heimatstadt.

Bereits als Gymnasiast beteiligte er sich aktiv an der aufstrebenden Turner–bewegung. So nahm er auch an den Turnübungen auf der Berliner Hasenheide ab dem Jahre 1811 teil. In dieser Zeit lernte er auch Friedrich Ludwig Jahn kennen, der das Turnen als deutsch-nationale Bewegung im Kampf gegen die napoleonische Fremdherrschaft etablierte.

Im Jahre 1814 begann Massmann das Studium der Theologie und Philosophie in Berlin. Nach dem Krieg von 1815, den er im 2. Ostpreußischen Infanterie Regiment als Kriegsfreiwilliger erlebte, wechselte der begeisterte Turner nach Jena. Dort war er als Vorturner der Urburschenschaft aktiv. Er wurde von Eduard Dürre begleitet. Der Wechsel von Berlin nach Jena erfolgte auf Wunsch Jahns.

Als im Jahre 1817, anlässlich des 3. Jahrestages der Völkerschlacht zu Leipzig, die deutschen Burschenschaften zur Wartburg marschierten, beteiligte sich Massmann aktiv an diesem Protest. Er war für die Verbrennungsszene während der Versammlung verantwortlich und übergab so einige Dutzend als reaktionär oder »undeutsch« angesehener Schriften, wie beispielsweise Saul Aschers »Germanomanie« oder den »Code Napoléon« den Flammen. Für diese Aktion wurde er zunächst von der Jenaer Universitätsbehörde zu acht Tagen Karzer verurteilt. Später geriet er auch in das Blickfeld der preußischen Demagogenuntersuchungen.

Im nächsten Jahr folgte er dem Ruf Christian Wilhelm Harnischs nach Breslau. Ab Ostern 1818 war er als Hilfslehrer am evangelischen Gymnasium tätig. Zugleich leitete er die öffentliche Turnanstalt. Im Jahre 1819 brach die »Breslauer Turnerfehde« aus, wo Turnfreunde und Turnfeinde über das Ziel der Turnbewegung streiten.

Massmann, Harnisch und der Germanist Franz Passow standen auf Seiten der »Turnfreunde«, die sich das Ziel gesetzt hatten, durch die Turnbewegung die traditionelle Ständegesellschaft dadurch das Schul- und Erziehungswesen modernisieren. Zugleich sollte diese innere Bewegung auf den preußischen Staat und die Gesellschaft übertragen werden. Während die »Turnfeinde« mit dem berühmten Professor Heinrich Steffens bezog hingegen Stellung gegen die politischen Ziele der Turnbewegung. Jahns Werk als Erziehungsbeitrag für die physische Erziehung der Jugend erkannte er jedoch an.

Nach der Ermordung August von Kotzebues durch den Turner Karl Ludwig Sand ließ im Sommer des gleichen Jahres König Friedrich Wilhelm III. das Turnen verbieten. Dabei wurde der preußische Monarch durch die »Breslauer Turnfehde« in seiner Entscheidung gestärkt. So erhielten die »Turnfreunde« schwere Verweise. Massmann wurde an das Gymnasium nach Magdeburg versetzt und der König wies seine Behörden an, den Geist der Unruhe, besonders an den Universitäten und Turnplätzen zu unterbinden. Die Turnplätze in Breslau und Berlin wurden geschlossen.

Im Jahre 1820 kam Massmann nach Berlin zurück, wo er zunächst das Drechslerhandwerk erlernte und weitere naturwissenschaftliche Vorlesungen zu besuchen. Im Jahre 1821 ging er an die von Dittmar gegründete Knabenerziehungsschule nach Nürnberg. Später reiste er zu Pestalozzi in die Schweiz. Nachdem er nach Berlin zurückgekehrt war nahm er seine Studien der deutschen Sprache auf.

Im August des Jahres 1824 trat er eine Reise zu den wichtigsten deutschen Bibliotheken an und begann zugleich seine Laufbahn als Philologe. Er veröffentlichte »Erläuterungen zum Wessobrunner Gebet« und zwei Jahre später siedelte er sich in München an. Dort wurde Massmann Turnlehrer am Kadettenkorps. Im Jahre 1827 habilitierte er und trat im Jahre 1828 an die Spitze einer allgemeinen öffentlichen Turnanstalt.

1829 erfolgte zunächst seine Berufung zum außergewöhnlichen und ab 1835 zum ordentlichen Professor der deutschen Sprache und Literatur. Heinrich Heine verspottete ihn in seinen Reisebildern als den Demagogen des neuen »Bier-Athens« und behauptete, dass er kein Latein konnte. Als weitere Bosheit bezeichnete Heine ihn als Marcus Tullius Massmann.

Im Jahre 1842 erfolgte seine Berufung als allgemeiner Organisator des Turnunterrichts in seine Geburtsstadt. Seine Bemühungen, die Turnbewegung der früheren Jahre zwischen 1811-1819 neu zu beleben, scheiterten hauptsächlich daran, dass er nicht den Einfluss seines turnerischen Vorbildes Friedrich Ludwig Jahns hatte. Er war ein entschiedener Gegner des neu aufkommenden Schulturnens. So zog er sich Anfang der 1850er Jahre von der Turnerschule zurück und widmete sich ausschließlich seiner universitären Tätigkeit. Insgesamt hat er für das deutsche Vereinsturnen vieles geleistet.

Im Jahre 1846 schuf man eine außerordentliche Professur für den ehemaligen Demagogen und Turner. Der Universalgelehrte und Weltreisende Alexander von Humboldt, so schrieb er an seinen Freund Varnhagen, war von der Schaffung einer außerordentlichen Professur für Maasmann an der Universität zu Berlin begeistert. Während Professor Lachmann, der Germanist, war von dieser Berufung alles andere als begeistert. Hans Ferdinand Massmann widmete sich auch dieser Aufgabe mit großen Engagement und Fleiß.

Nicht nur Heine, sondern auch Hoffmann von Fallersleben, der Dichter des »Deutschlandliedes«, verspottete Professor Massman aus philologischer Rivalität. So verfasste Massmann sein Lied »Ich hab mich ergeben mit Herz und Hand« als Gegenwehr auf Hoffmann. Somit hatten beide, als Ergebnis ihres philologischen Duells, langlebige Vaterlandsgesänge geschaffen.

Massmann hat sich trotz der Ablehnung des Schulsports um den Vereinssport an sich sehr verdient gemacht.

Insgesamt konnte er als Wissenschaftler jedoch keine anerkannte wissenschaftliche Stellung erreichen. So schrieb  Mahnhardt (1831-1880) ihn zwar als Prachtmenschen mit einem kostbaren Gemüt, der jedoch in manchen Dingen eher zur Flüchtigkeit neigte. Der gleiche Schüler beschrieb den Lehrer in seinem postum erschienen Werk »Gedichte« in nachfolgender Szene. So saß er in seiner weißen Turnjacke, über die, berührt von seinen silbernen Locken, ein breiter Kragen fiel, am Tische. Die eine Hälfte des Tisches war für die Mahlzeiten der Familie gedeckt, während die andere Tischhälfte mit Papieren, Quartanten und Folianten hoch bedeckt war. Seine jüngeren Kinder spielten unter und neben dem Tische. »Ich habe mich gewöhnt,« sagte er, »dabei ungestört zu arbeiten und habe so das unschätzbare Glück, das wenigen Vätern zu Theil wird, dem Gemüth und Herzen der Kinder stets nahe zu bleiben, jeden ihrer Athemzüge, Gutes wie Böses zu belauschen, und pflegen oder beschneiden zu können, was nöthig ist.«.

Er veröffentlichte während seiner Zeit als Professor zahlreiche Bücher und Editionen, die jedoch schon von den Zeitgenossen auf Grund ihres stilistisch-wissenschaftlichen Arbeitsstils eher bemängelt wurden. So waren seine Schriften eher ausgedehnte und wertvolle Stoffsammlungen statt wissenschaftlicher Ausarbeitungen. Exemplarisch sei hier sein Werk über das mittelalterliche Schachspiel angeführt.

Im Jahre 1860 erlitt der Germanist und Turner einen Schlaganfall. Dieser kostete ihm in den folgenden Jahren sehr viel Kraft. 

Er starb am 03.08.1874 in Muskau. Dort schmückt sein Grab seit 1877 ein von den Turnern gestiftetes Denkmal.

Werke:

  • Erläuterungen zum Wessobrunner Gebet des 8. Jahrhunderts, Berlin 1824
  • Der Heldentod der bayerischen Landesverteidiger bei Sendlingen, 1 Stunde von München, in der Christnacht des Jahres 1705, München 1831
  • Auslegung des Evangeliums Johannis, München 1834
  • Gotische Urkunden zu Neapel und Arezzo, Wien 1834
  • Deutsche Gedichte des 12. Jahrhunderts, Quedlinburg 1837
  • Geschichte des mittelalterlichen Schachspiels, Quedlingburg 1839
  • Die deutschen Abschwörungs-, Beicht-, Buß- und Betformeln vom 8. bis zum 12. Jahrhundert , Quedlinburg und Leipzig 1839
  • Litteratur der Totentänze, Leipzig 1840
  • Libellus aurarius, [Römische Epigraphik] Leipzig 1841
  • Fragmenta theodisca, Wien 1841
  • Eraclius, Quedlinburg und Leipzig 1842
  • St. Alexius Leben, Quedlinburg und Leipzig 1843
  • Tristan von Gottfried von Straßburg, Stuttgart 1843
  • Der Eggerstein in Westfalen, Weimar 1846
  • Germania des Tacitus [Kommentar], Quedlinburg1847
  • Die Baseler Totentänze, nebst geschichtlicher Untersuchung, so wie Vergleichung mit den übrigen deutschen Todtentänzen, ihrer Bilderfolge und ihren gemeinsamen Reimtexten, Stuttgart 1847
  • Altes und Neues vom Turnen [2 Hefte], Berlin 1849
  • Kaiserchronik, [3 Bände], Quedlinburg, 1849-53
  • Schriften des Ulfilas, [2 Bände] Stuttgart 1855-56
  • Das Zeitbuch des Eike von Repgow, Stuttgart 1857