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Christian Friedrich zu Stolberg-Wernigerode

* 08.01.1746 auf Schloss Wernigerode
† in Peterswaldau

Geboren wurde Christian Friedrich zu Stolberg-Wernigerode als einziger Sohn des Grafen Heinrich Ernst zu Stolberg-Wernigerode (1716-1778) und seiner zweiten Ehefrau Prinzessin Christiane Anna Agnes von Anhalt-Köthen (1726-1790). Aus der Ehe gingen zwei weitere Töchter hervor. Die jüngste Schwester Louise Ferdinande (1744-1784) war mit Friedrich Erdmann von Anhalt-Köthen-Pleß (1731-1797) verheiratet.

Schon früh legte der Vater auf eine gute Erziehung des Knaben großen Wert. So wurde ab dem achten Lebensjahr der Theologe Johann Friedrich Schmid (1729-1811) ihm als Lehrer beigegeben. Beide Männer sollte eine lange und innige Freundschaft verbinden. Er besuchte die Klosterschule zu Berge bei Magdeburg ehe er in den Jahren 1764 bis 1767 sein Studium der Rechte und Staatswissenschaften an der Universität zu Halle aufnahm. Doch da die Universität nicht mehr den guten Ruf genoss wie zu Zeiten Franckes zog es Stolberg im Jahre 1767 an die Universität des nahegelegenen Leipzigs. Auch bot Leipzig ihm mehr Abwechslung in den Bereichen Kunst und Wissenschaft. Auch suchte er die Freundschaft zu den greisen Gellert (1715-1769). Bei Friedrich Oeser lernte der junge Graf das Zeichnen.

Schon in seiner Hallenser Zeit trat Stolberg-Wernigerode den Freimaurern bei. Zunächst gehörte er der »Loge zu den drei Degen« an ehe er während seiner Leipziger Studienzeit in der dortigen Loge den vierten und fünften Grad erwarb.

Im Alter von 23 Jahren hatte der junge Mann eine umfassende Ausbildung genossen und war nun in der Lage. Ein Angebot König Friedrich II. von Preußen musste der talentierte junge Mann auf Drängen des Vaters Heinrich Ernst jedoch ablehnen.

Bereits am 11.11.1769 heiratete Christian Friedrich zu Stolberg-Wernigerode die Gräfin Auguste Eleonore zu Stolberg-Stolberg (1748-1821). Seine Gattin war die Tochter des Grafen Christoph Ludwig von Stolberg-Stolberg und seiner Gattin Charlotte. Das Paar sollte insgesamt 10 Kindern das Leben schenken. Die Ehefrau wurde als zierliche Erscheinung mit besonderen Geistesgaben beschrieben, deren geistig-literarisches Bedürfnis als fast unersättlich galt.

Das junge Paar bezog im Dezember 1769 den Marienhof bei Ilsenburg als Wohnsitz. Hier lebten sie in äußerst bescheidenen Verhältnissen. Das Haus entfaltete ein geistlich-literarisches Leben, wo auch die Musik gepflegt wurde.

Im Jahre 1771 übernahm Graf Heinrich Ernst zu Stolberg-Wernigerode die Regierungsverantwortung für die Grafschaft. Ebenso wie er selbst durch seinen Vater an die Regierungsgeschäfte herangeführt wurde, band er den Prinzen Christian Friedrich frühzeitig in die Regierungsverantwortung ein.

Im Jahre 1772 übernahm Graf Christian Friedrich die Stelle eines Domherrn in Halberstadt, wo er seinen festen Aufenthalt wählte. In Halberstadt traf der Graf mit dem Dichter Johann Wilhelm Ludwig Gleim zusammen. Beide Männer sollte eine lebenslange Freundschaft verbinden. Man gab ihm im Freundeskreis um Gleim den Beinamen »Grandison« in Anlehnung an die empfindsame Romanfigur des englischen Schriftstellers Samuel Richardson. Er verbrachte seitdem Wochen und Monate, oft auch in Begleitung seiner Familie, in Halberstadt.

Ab 1776 schlossen sich auch regelmäßige Aufenthalte in Waldeck an, wo er seit 1776 eine Stelle als Probst angenommen hatte.

Nach dem Tode des Vaters übernahm der junge Graf das Erbe und regierte die Grafschaft Stolberg-Wernigerode bis zum Jahre 1809.

Im Jahre 1786 folgte Stolberg-Wernigerode als Domdechant von Halberstadt auf Ernst Ludwig Christoph von Spiegel (1711-1785). In seiner Amtszeit als Domdechant setzte sich der Graf für die Weiterentwicklung des Schul- und des Kirchenwesens ein. Er förderte auch die Entstehung eines reichen geistigen und künstlerischen Lebens in Halberstadt. So gehörten neben Gleim auch Jacobi (1743-1819), Fischer (1746-1800), Schmidt (1746-1824) sowie die Karschin (1722-1791).

Nachdem Graf von Stolberg im Jahre 1796 vom Amte des Dechanten zurücktrat schrieb der Schriftsteller Goeckingk, das die Stadt nun einen Wecker des reichen geistigen Lebens verloren hätte.

Doch im Hause der Familie blühte dieses geistige Leben fort, so bemühten sich die Eltern den vier Söhnen und Töchtern, jeweils ein Sohn und eine Tochter starben bereits im kindlichen Alter, eine ausgewogene geistige Lebendigkeit boten.

Schloss Wernigerode entwickelte sich zum Ausgang des 18. Jahrhunderts zu einem Ort eines positiven Christentums. Am Herde des Grafen fanden Männer wie Lavater, Jung Stilling, Urlsperger, aber auch der evangelische Katholik und spätere Bischof Johann Michael Sailer, die eigentlichen geistig Verwandten des Grafen, fühlten sich auch Herder, Garbe, Bonstetten oder der langjährige gräfliche Freund Gleim in Wernigerode wohl. Aber auch ein Klopstock oder Claudius fühlten sich mit Stolbergs Musenhof geistig verbunden.

Sein Hauptaugenmerk als regierender Graf galt insbesondere dem Schulwesen und so bemühte er sich, bei zahlreichen Gelegenheiten durch Schulbesuche ein eigenes Bild zu schaffen. So stand er in einem regen Dialog mit dem Pädagogen und Theologen Johann Ludwig Ewald und schloss sich den Grundsätzen Pestalozzis an und bemühte sich auch, dessen Lehren in mehreren Elementarbüchern zu verbreiten. So scheiterte zum Ende seines Lebens die Umgestaltung des Lateinschulwesens in der Grafschaft zu modernisieren an den unzulänglichen Finanzmitteln des Grafen.

Auch der sozialen Frage stellte sich der Graf indem er ab 1791 daran ging durch Arbeitshäuser das Betteln, welchen für den Geist und Leib verderblich sei, zu steuern. Neben dem Arbeitshaus in Wernigerode schuf er auch die Industrieschulen zu Wernigerode und Ilsenburg. Auch diese Schulen unterstützte er mit großzügigen Spenden aus seinem Privatvermögen. Der Graf begründete im Jahre 1797 auch das Intelligenzblatt, dessen erster Leiter der Bibliothekar Johann Lorenz Benzler (1747-1817) wurde, und dessen Überschüsse bis 1807 dem Armen- und dann dem Waisenhause zuflossen.

In Folge des französisch-preußischen Krieges von 1807 wurde die Grafschaft Wernigerode durch den Frieden von Tilsit dem neu geschaffenen Königreiche Westphalen zugeschlagen. Für den regierenden Grafen Christian Friedrich zu Stolberg-Wernigerode hatte das zur Folge, dass er all seine Rechte als Reichsfürst verlor. Wie schon wenige Jahre zuvor, als er durch den Reichsdeputationshauptschluss von 1803 nichts unversucht ließ für seine linksrheinischen Territorien entschädigt zu werden, versuchte er auch bei Jérôme und Napoléon und bei allen weiteren Machthabern die Stellung und Rechte des Hauses Stolberg-Wernigerode zu schützen. Erst als alle Mittel erschöpft waren, beauftragte der Graf am 15.06.1809 seinen ältesten Sohn Heinrich mit der Verwaltung des Stammlandes im Namen des Grafen.

Er zog sich auf die im Jahre 1765 durch den Grafen Johann Erdmann von Promnitz geschenkten schlesischen Besitzungen Peterswaldau, Jannowitz und Kreppelhof zurück, wo er sich bis zum Jahre 1814 aufhielt. Nach Auflösung des Königreichs Westphalen zog der Graf unter dem großem Jubel seiner Untertanen wieder in Wernigerode wieder ein. Doch kehrte er bereits im Juli 1815 wieder nach Schlesien zurück, von wo er die Regierung selbst führte. Sein ältester Sohn Heinrich wurde zu seinem Statthalter in Wernigerode. Der Graf war auch bemüht in Zeiten der Restauration wieder in seine alten Rechte eingesetzt zu werden, doch war ihm bewusst dass dieses in manchen Punkten nicht mehr so möglich war. Sein Sohn Anton erarbeitete im Auftrage des Vaters einen Vergleich mit dem Königreich Preußen aus, der die gräflichen Rechtsverhältnisse auf eine neue Basis stellte.

Im Jahre 1821 verstarb nach 53 Ehejahren seine Frau Auguste Eleonore. Die älteste Tochter Anne (1770-1819) heiratete Carl Alexander Friedrich von Wylich (1753-1831), den Sohn des preußischen Generals Friedrich von Wylich (1706-1770). Geheimer Regierungsrat der klevisch-märkischen Regierung ehe er ab 1803 Rat bei der Regierung zu Münster angestellt wurde. In seiner Zeit in Kleve war Wylich auch Direktor der klevischen Stände.

Graf Christian Wilhelm zu Stolberg-Wernigerode starb am 26.05.1824 auf seinem Gut Peterswaldau.

Nach seinem Tode übernahm der älteste Sohn Heinrich (1772-1854) die Regierung in der Grafschaft Wernigerode. Am 18.12.1815 überschrieb er als Spezialfideikommiss und Majorat seinem zweitältesten Sohn Ferdinand (1775-1854) das Gut Peterswaldau, Jannowitz erhielt sein drittältester Sohn Constantin (1779-1819) und das Gut Kreppelhof überließ er seinem jüngsten Sohn Anton (1785-1854), die schließlich die schlesischen Zweige der Familie Stolberg-Wernigerode begründeten.