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Johann Christian Woyzeck

* 03.01.1780 in Leipzig
† 27.08.1824 in Leipzig

Johann Christian Woyzeck wurde am 03.01.1780 in der Messestadt Leipzig geboren. Schon als Knabe verlor er seine Eltern, die Mutter starb im Jahre 1788 und fünf Jahre später verschied auch sein Vater.

Woyzeck machte eine Ausbildung zum Perückenmacher. Im Alter von 18 Jahren begann er seine Wanderschaft. In dieser Zeit reiste er umher und ging vielen Berufen nach und ließ sich schließlich als Soldat im Mecklenburgischen Diensten anwerben.

Als er sich in Stralsund aufhielt ging er ein Verhältnis mit einer Frau Namens Weinberger ein. Doch trotz des gemeinsamen Kindes heirateten beide nicht. Im Jahre 1818 kehrte Woyzeck in seine Vaterstadt Leipzig zurück, wo er ein Verhältnis mit Johanna Christiane Woost einging. Für Woyzeck begann eine unruhige Zeit, er wechselte oft seine Unterkünfte und auch seine Berufe. Als er anfing zu trinken wurde er auch eifersüchtig und begann er auch seine Geliebte Woost zu misshandeln.

Woyzeck erkrankte und fing an Stimmen zu hören, die ihn aufforderten Christiane Woost umzubringen. Zunächst ignorierte der Mann diese Stimmen und misshandelte sie weiterhin. Irgendwann erwarb er jedoch eine abgebrochene Degenklinge und versah diese mit einem Griff.

Als sich beide am 21.06.1821 verabredeten erschien Woost nicht. Sie traf sich zu diesem Zeitpunkt mit einem Soldaten und als Woyzeck ihr am Abend begegnete, zog er die Degenklinge und erstach die 46jährige Witwe in einem Hausflur in der Sandgasse. Noch am selben Abend stellte sich der verwirrte Mann den Behörden.

Der nachfolgende Prozess gegen den ehemaligen Soldaten Woyzeck begann mit der eingereichten Verteidigungsschrift am 16.08.1821. Es erschien in einer Nürnberger Zeitung ein Bericht wonach der Mörder an »periodischen Wahnsinn« litt. Der Verteidiger beantragte eine gerichtsärztliche Untersuchung des Gemütszustandes seines Mandanten und Johann Christian August Clarus (1774-1854) erstellte ein erstes medizinisches Gutachten. Nach fünf Gesprächen mit dem Angeklagten attestierte dieser ihm die Zurechnungsfähigkeit. Das Gericht sprach am 22.02.1822 das Todesurteil aus und setzte die Hinrichtung für den 13.11.1822 an. Gnadengesuche des Verurteilten wurden jedoch abgelehnt.

Doch nur wenige Tage vor dem angesetzten Hinrichtungstermin bestätigte ein Augenzeuge, dass Woyzeck an »Verwirrung« litt und so wurde die Vollstreckung des Urteils aufgeschoben. Clarus erstellte ein weiteres Gutachten.

Clarus beschrieb, dass Woyzeck seit Jahren tiefsinnig gewesen sei und der Gedanke an Selbstmord ihn nie verlassen habe. So hätten ihm Stimmen zugerufen »Spring ins Wasser«. Auch litt der Delinquent an »Herzjagen« und wurde von dem Gefühl gequält und geängstigt, dass sein Herz mit einer Nadel berührt werde. So zitterte er in Stresssituationen, insbesondere als Gutachter Clarus seine Zelle betrat. Woyzeck erlebte auch »Gefühlshalluzinationen« und Symptome von Schizophrenie und Depersonalisation. So berichtete der Begutachtete, dass er streitende Stimmen gehört habe und lautredend mit sich selbst diskutierte. So hörte er »unterirdische Glockenläuten« und »Stimmen«, die ihn aufforderten die Woostin zu erstechen. Auch beschreibt Gutachter Clarus, dass der Verurteilte an Sinnestäuschungen litt.

Trotz alle Hinweise, die auf eine psychische Erkrankung des Mörders hindeuteten, beschied das in Auftrag gegebene Gutachten erneut Woyzecks Zurechnungsfähigkeit. Daraufhin folgte das Gericht am 04.10.1823 den Gutachter und entschied, dass der Angeklagte zurechnungsfähig sei. Am 12.07.1824 befahl das zuständige Gericht die Vollstreckung des gefällten Todesurteils.

Für Leipzig war die Hinrichtung des Frauenmörders Johann Christian Woyzeck die erste öffentliche Hinrichtung seit über 30 Jahren. Diesem Spektakel wohnten am 27.08.1824 mehrere tausend Schaulustige bei. Über die Hinrichtung berichtete der Lehrer und Organist Ernst Anschütz (1780-1861) in seinem Tagebuch:

Freitag, den 27. August. Heiter und sehr warm. Hinrichtung des Delinquenten Woyzeck. Das Schafott war mitten auf dem Markt gebaut. 54 Cürassiere von Borna hielten Ordnung um das Schafott; das Halsgericht wurde auf dem Rathause gehalten. Kurz vor halb 11 Uhr war der Stab gebrochen, dann kam gleich der Delinquent aus dem Rathause, Goldhorn und Hänsel gingen zur Seite und die Rathausdiener in Harnisch, Sturmhaube und Piken voran, rechts und links; die Geistlichen blieben unten am Schafott, der Delinquent ging mit viel Ruhe allein auf das Schafott, kniete nieder und betete laut mit viel Umstand, band sich das Halstuch selbst ab, setzte sich auf den Stuhl und rückte ihn zurecht, und schnell mit großer Geschicklichkeit hieb ihn der Scharfrichter den Kopf ab, so daß er noch auf den breiten Schwerdte saß, bis der Scharfrichter das Schwerdt wendete und er herabfiel. Das Blut strömte nicht hoch empor, sogleich öffnete sich eine Falltür, wo der Körper der noch ohne eine Bewegung gemacht zu haben, auf dem Stuhl saß, hinabgestürzt wurde; sogleich war er unten in einen Sarg gelegt und mit Wache auf die Anatomie getragen. Alsbald wurde auch schnell das Schafott abgebrochen, und als dies geschehen war, ritten die Cürassiere fort. Die Gewölbe, die vorher alle geschlossen waren, wurden geöffnet und alles ging an seine Arbeit. Daß Vormittags keine Schule war, versteht sich.

Der Dramatiker Georg Büchner (1813-1837) verarbeitete im Jahre 1836 das Schicksal des Johann Christian Woyzeck in seinen Drama »Woyzeck«. Doch auf Grund seines frühen Todes konnte der Schriftsteller die Arbeit durch seinen früheren Tod nicht mehr. Erst der österreichische Schriftsteller Franzos (1848-1904) konnte das nur noch schwer lesbare Manuskript durch eine chemische Bearbeitung wieder lesbar machen und nach umfangreichen Editionsarbeiten im Jahre 1879 erstmals veröffentlichen.