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Duisburg wird von den Kosaken besetzt

Am 22. Oktober 1813 gegen Abend wird das Biwak verlassen, indem wir uns durch Leipzig zogen und die Pleiße passierten, über welche soeben eine gebrechliche Brücke geschlagen war, da sie beim Abzug der Franzosen zur Deckung ihres Rückzuges gesprengt war. Jetzt ging der Marsch unaufhörlich dem Rhein zu, ohne von den längst entflohenen Feinde noch die geringsten Beunruhigen zu erleiden. Überhaupt folgten wir ihm nur bis in die Gegend von Erfurt. Hiernächst schlug unser Armeekorps sich rechts über Göttingen nach Wesel zu. Je näher wir dem Rhein kamen, je mehr verteilten sich die Truppen und am Ende bekamen wir schon ganz bequeme Quartiere, die uns bei den ermüdenden Märschen recht wohl zustatten kamen.

Am 20. November kam unser Regiment in Essen an. Von hier aus marschierten die Bataillons einzeln in die ihnen bestimmten Kantonierungsquartiere, zu welchem Ende das Bataillon am 22. November in Duisburg, einem niedlichen Städtchen in der Grafschaft Mark und nahe am Rhein gelegen, einrückte. Bevor wir in die Stadt kamen, war die Ruhr zu passieren, an derem jenseitigen Ufer sich der Magistrat und die Ersten der Bürgerschaft zu Pferde eingefunden hatten, uns als die ersten, längst ersehnten Landsleute begrüßten und uns nachdem förmlich in die Stadt einführten. Mit unbegreiflicher Güte, Herzlichkeit und den reinsten patriotischen Gesinnungen wurden wir alle ohne Ausnahme von diesen wahrhaft braven Landsleuten aufgenommen. Häuser und Straßen waren mit Blumen festlich geschmückt und hohe Freude strahlte aus den Augen der edlen Vaterlandsfreunde. Gegen Abend passierte eine Deputation der Stadt Ruhrort ein, welche den Kommandeur dringend bat, ihnen ein Detachement seiner Truppe mit einem Offizier mitzugeben, sowohl um durch deren Aufnahme auch ihre patriotische Gesinnung an den Tag zu legen als auch dadurch einen jederzeit zu befürchtenden Überfall der an jener Seite des Rheins zahlreich gelagerten Feinde abwenden und mit Nachdruck begegnen zu können. Wenngleich diese Dislocierung nicht in der Instruktion des Bataillonskommandeurs lag, so glaubte er doch, diese rechtliche und gut gemeinte Bitte nicht unberücksichtigt lassen zu müssen. Er bewilligte ein Detachement von einem Offizier und 50 Mann, und ich erbot mich freiwillig zu dessen Führer. Der Genehmigung stand nichts im Wege, weshalb ich mit meiner Truppe von vielen Bürgern und der erwähnten Deputation begleitet, nach meiner Residenz abmarschierte. Auf dem halben Wege musste die Ruhr passiert werden, und weil der Weg nachdem etwas schwierig wurde und über Wiesen und hinging, so kam mir fast die ganze Stadt mit Laternen und unter dem höchsten Jubel entgegen, um mich einzuholen. Obgleich es schon ganz finster war, so wimmelten doch die Straßen von Menschen, um die ersten Preussen zu sehen und zu begrüßen. Nachdem ich meine Sicherheitsmaßnahmen durch Aufstellung einiger Schildwachen am Rhein getroffen hatte, bezog ich das mir gewählte Quartier bei einem Kaufmann, das meiner Wache zunächst gelegen war. Drei Tage verlebte ich hier in ununterbrochenen Schmausereien, wurde von einer Familie zur anderen geladen und in den köstlichen Weinen beinahe gebadet.

Die Grafschaft Mark, wozu dieses Städtchen gehört, zählt wie allgemein bekannt, die eifrigsten und edelsten Preussenpatrioten, wenn sie gleich durch Preussens freiwillige Abtretung dieser Provinz an Frankreich im Jahre 1805 Ursache gehabt hätte, sich über ihre Geringschätzung zu beklagen. Aber wie herrlich bewährte sich ihre Treue, der enthusiastische Geist dieser Einwohner für das preussische Haus sowohl durch unsere Aufnahme als auch durch unzählige spätere Züge, deren Erwähnung der Raum meiner Blätter überschreiten würde. Seit  1805 waren wir also die ersten Landsleute, welche sie seit beinah 9 Jahren wieder in ihrer Mitte hatten. Daher trug man zum ewigen Denkmal dieses Tages meinen Namen in der Chronik der Stadt Ruhrort ein, wodurch ich mich nicht wenig geehrt fühlte.

Nachdem der Kommandant der ganzen Vorpostenlinie am Rhein sich einige Lokalkenntnisse erworben hatte, so fand er es nicht allein zweckmäßig, das in Ruhrort eine Besatzung bleiben müsse, sondern er hielt es aus dem Grunde, weil gerade über dem Rhein in dem Dorfe Homberg, die Feinde eine  Schanze angelegt hatten, sogar für höchst notwendig, diese Besatzung bedeutend zu verstärken, um jede Beunruhigung unserer Vorpostenkette von feindlicher Seite dadurch zu verhüten. Die veränderten Maßregeln überhoben mich leider meines dortigen Kommandos, indem nunmehr eine ganze Kompagnie von Duisburg nach Ruhrort rückte, ich dagegen samt meinen Leuten zu erstgenannten Ort zurückkehren musste. Ich büßte hierbei nichts als die Souveränität ein, da die Aufnahme in Duisburg dieser nicht im geringsten nachstand. Bei dem Kaufmann Chf. Davidis wurde mir mein Quartier angewiesen, und ich bin nicht im Stande, die mir von meinem Wirt erwiesene Freundschaft in vollem Umfange zu schildern. Die Kaufmannschaft der Stadt hatte eine Societät gebildet, worin man uns mit offenen Armen aufnahm und während unserem dortigen  Aufenthalt alle Gerechtsame genießen ließ, die nur den aufgenommenen Mitgliedern zustanden. Hier versammelte sich das Offizierskorps alle Abende, und bei einer Partie Whist oder im vertraulichen Gespräch verstrich die Zeit auf die angenehmste Weise.