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Die Belagerung von Cosel 1807

von Dr. Frank Bauer

Cosel

Cosel war seit alter Zeit eine Festung. Eine befestigte Burg ist schon im 11. Jh. nachweisbar. Als Schlesien durch Friedrich den Großen erobert worden war, hatte dieser ursprünglich die Absicht, an der Neißemündung eine Festung anzulegen. Bei einer Besichtigung Oberschlesiens 1743 gab er den Plan auf und ließ lieber die Coseler Festungswerke bedeutend verstärken.

Die geographische Lage Cosels ist für eine Verteidigung sehr günstig und war damals noch viel günstiger, da die Oder nicht reguliert und die Sümpfe nicht trockengelegt waren. Der Nordosten war durch den vielfach gewundenen und in mehrere Arme geteilten Oderlauf geschützt. Die damalige alte Oder floß nördlich der Klodnitzer Redoute von Osten nach Westen und bildete mit der eigentlichen Oder eine Insel von fast viereckiger Gestalt. Eine zweite, kleinere Insel lag nordwestlich davon. Auf ihr befand sich später ein Gestüt. Das Terrain im Osten des Flusses wurde damals noch von einem Arm der Klodnitz durchschnitten, der in zahlreichen Windungen nach Nordwesten führte. Auch der Klodnitzkanal durchschnitt das Gelände und war für den angreifenden Feind ein Hindernis.

Im Westen und Süden der Stadt lag ein weites, teils Sumpf, teils Teiche enthaltendes Gebiet, das sich bis an den Rand des Odertals von Dembowa über Wiegschütz hinaus nach Nordwesten ausdehnte. Auch der Norden war unwegsam. Er war von kleinen Flußläufen durchschnitten und enthielt morastige Stellen und alte Lehmgruben.

Der Ausbau der Festung Cosel nach der 3. polnischen Teilung war bei Kriegsausbruch 1806 noch nicht vollendet. Von den Kasematten war zwar überall das Mauerwerk mit der Wölbung hergestellt, aber bei den meisten war die innere Einrichtung ganz oder teilweise unfertig. Die Unterstände für die Truppen und Geschütze hatten noch keinen Erdmantel. Die Rogauer Redoute war erst zu zwei Dritteln fertig. Auch beim Fort Friedrich Wilhelm fehlten noch die oberen Stockwerke. Aber dem tüchtigen Kommandanten von Neumann gelang es, bis zum Eintreffen der Feinde die meisten Arbeiten zum Abschluss zu bringen. In einem Umkreis von 800 Schritt, vom Glacis der Festung an gerechnet, wurden alle Bäume, Häuser und Zäune abgeschlagen bzw. niedergerissen. Der Dembower und der Wiegschützer Damm wurden teilweise abgetragen, damit der Feind dahinter nicht ungestört seine Batterien aufstellen konnte. Die Wasserabläufe  wurden verstopft, so dass das Gelände zwischen den Dämmen und dem Rande der Odertales im Südwesten unter Wasser gesetzt wurde.

Die Stadt hatte 5 Bastionen, zwischen denen die Befestigungslinien in 5 spitzen Winkeln vorsprangen. Die Spitzen wurde Saillants genannt. Die Namen der Bastionen und Saillants waren:

  1. Ratiborer Bastion,
  2. Saillant Wilhelm,
  3. Reinschdorfer Bastion,
  4. Saillant Heinrich,
  5. Wiegschützer Bastion,
  6. Saillant Friedrich,
  7. Rogauer Bastion,
  8. Saillant Ludwig,
  9. Oderbastion,
  10. Saillant Ferdinand.

Diese Hauptbefestigung war noch von einer Reihe von Außenwerken umgeben. Auf der großen Insel lagen die Klodnitzer und die Kobelwitzer Redoute (allseitig geschlossene Verschanzungen). Auf der kleineren Insel lag die Kalkschanze, und nördlich von ihr der befestigte Kopf der Oderbrücke. Jenseits des östlichen Armes der kleinen Oderinsel lag die Adlerredoute und noch weiter nach Osten vorgeschoben das Fort Friedrich Wilhelm. Nach Norden schob sich die Rogauer und nach Westen die Wiegschützer Redoute vor.

Das Fort Friedrich Wilhelm war ein so genannter Montalembertscher Turm, von dem aber nur das erste Stockwerk fertiggestellt war, der zweite und dritte Stock fehlten noch.

Oberst von Neumann und Hauptmann Kneibel

Kommandant der Festung war Oberst David von Neumann, der damals bereits 69 Jahre alt war (geb. 29. August 1734 in Königsberg – nicht in Wehlau, wie auf seinem Denkmal stand). Aber seine Tatkraft und Umsicht, vor allem aber seine Pflichttreue und Vaterlandsliebe waren vorbildlich. Im Siebenjährigen Krieg war er freiwillig ins preußische Heer eingetreten, und zwar ins Kleistsche Freikorps. Dort wurde er bald Adjutant des Chefs. Nach 1763 war er einer der wenigen Offiziere, die vom König nach Auflösung der Freikorps in die reguläre Armee übernommen wurden. Den Bayerischen Erbfolgekrieg machte er als Adjutant des Generals von Rothkirch (1717-1785) mit und wurde 1779 geadelt.  Im Rheinfeldzug König Friedrich Wilhelms II. war er General-Quartiermeister bei General von Knobelsdorff und erhielt den Orden Pour le Mérite. 1802 wurde er Kommandant von Cosel.

Neben ihm hatte vor allem der damalige Hauptmann und Ingenieuroffizier Benjamin Keibel Bedeutung bei der Verteidigung der Festung. Er war Sohn eines Kaufmanns aus Pasewalk (Mecklenburg) und am 29.11.1770 geboren. Auch er besaß den Orden Pour le Mérite. Seit 1800 war er in Cosel und wirkte beim Festungsumbau. Im Januar 1807 war er vom Fürsten von Anhalt-Pleß zum Vizekommandanten der Festung ernannt worden. Von Oberst  von Neumann wurde er mit der Führung des Belagerungsjournals beauftragt.