Die Ermordung Jean-Paul Marats durch Charlotte Corday
Am Morgen des 13.07.1793 kaufte sich eine junge Frau in den Arkaden des Palais Royale für 40 Sous ein Küchenmesser und begibt sich zum Konvent. Als sie erfuhr, das der Abgeordnete Jean-Paul Marat nicht mehr an den Sitzungen teilnahm, will sie ihn in seiner Privatwohnung aufsuchen. Doch der Kutscher kannte die Adresse des berühmten Revolutionärs und Herausgebers des »L´Ami du Peuple« nicht. Als sie in der Rue des Cordeliers ankam, versperrte ihr zunächst die Concierge den Weg zu Marat mit dem Hinweis, das dieser krank sei. Anderthalb Stunden später scheiterte auch ein zweiter Versuch an der Geliebten Marats, Simone Evrard. Diese wies die junge Frau ebenfalls ab.
Die junge Frau, die vergeblich versuchte den Abgeordneten Marat zu treffen hieß Charlotte Corday d´Armont und stammte aus Caen, wo die Familie ein kleines Herrenhaus bewohnte. In Caen gaben die Royalisten den Ton an und so flüchteten sich viele der am 02.06.1793 entmachteten Girondisten dorthin und überlegten sich Pläne, Paris mit militärischer Gewalt zurückzuerobern und die Pöbelherrschaft zu brechen. Als die 25jährige Charlotte Corday die Flüchtlinge kennenlernte beschloss sie, ihren Beitrag zur Befreiung des Vaterlandes zu leisten. Sie brach am 09.07.1793 mit der Postkutsche nach Paris auf wo sie am 11.07. eintraf.
Sie ging zurück in ihr Hotel und schickte Marat über die innerstädtische Schnellpost ein Billet, wo sie ihn auf angebliche Verschwörungen in Caen aufmerksam machen will. Sie ließ ein weiteres Billet folgen. Da beide Billets jedoch ohne Antwort des an einer Hautkrankheit leidenden Marats blieben, klopfte sie gegen 7 Uhr abends zum dritten Mal an seine Türe. Das Messer trug sie, zusammen mit einer Ausgabe der »Adresse aux Francais« und ihren Taufschein im Ausschnitt versteckt. Diesmal öffnete ihr das Dienstmädchen und führte die junge Frau ins Vorzimmer. Sie stellte sich als die Absenderin der Billets vor und bestand darauf, Jean-Paul Marat zu sehen. Marat, der wegen seiner Hauterkrankung in der Badewanne saß und schrieb, hörte die Auseinandersetzung zwischen den beiden Frauen im Vorzimmer und bat die Besucherin zu sich.
Das Gespräch zwischen Charlotte Corday und Marat dauerte nicht einmal 10 Minuten. Sie berichtete über die Feldzugpläne der Girondisten und nannte Namen, die Marat mitschrieb. Als er sagte: Ich werde sie alle guillotinieren lassen, zog Corday ihr Messer und stach es ihn direkt in die Lunge. Auf das Geschrei der anwesenden Frauen stürzte ein benachbarter Zahnarzt in die Wohnung des Abgeordneten und versuchte die Wunde des Sterbenden zu versorgen. Doch jede Hilfe kam zu spät.
Charlotte Corday wurde - obwohl sie nicht zu fliehen versuchte - mit einem Stuhl niedergeschlagen und anschließend verhörte man die junge Frau noch in der Wohnung ihres sterbenden Opfers. Dieses war zwischenzeitlich aus der Badewanne gehoben und zum Sterben auf ein Bett gelegt worden. Sie leugnete die Tat nicht und gestand, das sie mit der Absicht nach Paris gekommen sei, Marat zu ermorden und Frankreich von einem Monster zu befreien. Sie erklärte weiter, das sie die Tat alleine verübte. Als ihr das Protokoll dieser Vernehmung vorgelegt wurde, bestand sie darauf eine Dinge zu präzisieren.
Am 17.07.1793 fand ihr Prozess vor dem Revolutionstribunal statt, der mit einem Schuldspruch endete. Sie wurde zum Tod durch die Guillotine verurteilt und noch am gleichen Abend wurde das Urteil auf dem Place de la Revolution - heute dem Place de la Concorde - vollstreckt.
In der Folge nutzten sowohl royalistische Kräfte als auch Jakobiner die Tat der Charlotte Corday zu ihren propagandistischen Zwecken aus. So stilisierte man auf royalistischer Seite die junge Frau zu einer modernen Jean d’Arc.
Das Attentat wurde übrigens von Royalisten und Jakobinern propagandistisch ausgenutzt. Der Abgeordnete und Freund Jacques-Louis David begann am Tage nach dem Tode mit den Arbeiten an sein berühmtes Werk »Der Tod Marats«, wozu ihn der Abgeordnete Guiraut am Tag nach der Ermordung aufgefordert hatte. Es sollte ein Gegenstück zu Davids Werk »Les derniers moments de Michel Le Peletier«. Dieses Werk war zuvor entstanden, weil ein royalistischer Offizier den Abgeordneten Le Peletier ermordete, da dieser für die Hinrichtung des Königs im Januar 1793 gestimmt hatte. Innerhalb von nur 3 Monaten fertigte er das Werk anlässlich der Ermordung Marats. Am 24.10.1793 wurden beide Bilder Cour carrée der Pariser Bevölkerung präsentiert. Am 14.11.1793 übergab er das Bild »Der Tod Marats« dem Pariser Nationalkonvent und beide Werke »Les derniers moments de Michel Le Peletier« und »Le mort Marat« wurden an der Stirnseite des Sitzungssaals aufgehängt.
Aber auch die Täterin wurde in royalistischer Lesart zu einer Heldin. Man stilisierte sie zu einer modernen Jean d’Arc, die zum Wohle Frankreichs handelte. Jean-Baptiste Salle widmete ihr ein Drama, das jedoch erst viel später veröffentlicht und aufgeführt wurde.