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Brief Heinrich Dietrich von Grolmans an seinen Sohn Karl Wilhelm

vom 17.09.1807.

17 September 1807

Lieber Sohn! Ich habe Dir drei Briefe und Deine Schwester zwei geschrieben; auf alle haben wir keine Antwort erhalten, ich vermute daher, dass der Lauf der Posten noch unrichtig sein müsse. Doch wundert es mich, wenn Du auch keinen von unseren Briefen erhalten hast, dass Du nicht geschrieben hast; Du kannst Dir leicht denken, dass uns sehr daran gelegen ist, zu wissen, wie es Dir geht, und an Gelegenheit, Briefe zu schicken, hat es Dir doch nicht gefehlt. Es sind mehrere Menschen, u. a. der sogenannte große Arnim und der Oberst von Kleist aus Memel hier angekommen. Braunschweig wünscht vor allem zu wissen, ob Du seinetwegen mit dem Geheimrat Beyme gesprochen hast, u. was man über sein Schicksal beschlossen hat. Von hier aus kann ich Dir nichts erhebliches melden, alles ist gesund, die Präsidentin von Gerlach kann sich über den Tod ihrer Tochter noch nicht trösten. Das ist aber eine gewaltige weibliche Schwachheit; was man nicht ändern kann, muss man willig leiden. Ich habe wieder Anfälle meines alten Übels gehabt, jetzt wird aber wohl alles überstanden sein. Wir wünschen die Franzosen bald los zu werden, viele Menschen zweifeln aber daran. Der g. von Kalckreuth hat seinen Traktat mit zu wenig Vorsicht geschlossen. Ich höre, dass man über den hier geleisteten Eid dorten sehr übel spricht. Ich habe dem Großkanzler darüber sehr viele Vorstellungen gemacht, und das Tribunal hat den Eid nicht eher als nach vielen, von Seiten der Franzosen erteilten [Auflagen] geleistet. Über alles habe ich gleich ein Protokoll abgestattet, welches ich dem Geheimrat Beyme vorlegen werde, wenn er herkommt. Du kannst ihm bei Gelegenheit davon vorläufig Nachricht geben. Der von Lützow, der von Kleist haben viele Lobeserhebungen von Dir gemacht; kein Ton ist in dem Ohr eines Vaters angenehmer als wenn er hört, dass seine Kinder ihre Pflicht erfüllt haben. Aber darum bitte ich Dich recht inständig, ermahne Dich recht väterlich, überhebe Dich Deines Glückes nicht, sei äußerst bescheiden gegen jedermann, und vorzüglich mäßige Dich im Tadel, wenn Du siehst, dass nicht alles so geht, wie Du es wünschest. Du kannst Dich ja auch irren: Ich habe große Hoffnungen auf Dich gesetzt, dass Du einmal dem preußischen Staat wieder aufhelfen sollst, dazu ist aber viele Klugheit in Deinem Betragen nötig. Wende solche an, dass Dir die begangenen Fehler nicht zum Tadeln, sondern zum künftigen Bessermachen dienen, dann wirst Du die Freude sein.

Deines Dich sehr liebenden
Vaters v. Grolman

Berlin, 17. September 1807

 

Quelle:
Schweinitz, Anna-Fanziska von: "Briefe aus den Befrieungskriegen - Heinrich Dietrich von Grolman an seinen Sohn Karl vom 10.07.1807 bis 06.06.1816", o.J., o.O. (Privatdruck)