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Brief Heinrich Dietrich von Grolmans an seinen Sohn Karl Wilhelm

vom 16.09.1809.

Berlin, 16 September 1809

Lieber Sohn! Deinen sehr kurzen Brief vom 3ten September habe ich erst gestern erhalten, ich kann daraus nicht einmal sehen, welche von meinen 5 Briefen Du erhalten hast, besonders ob die abgesandten Karten Dir richtig überliefert sind, welches ich doch gerne wissen möchte. Den General von Oppen habe ich nicht gesprochen, er hat mir durch ein Billet gemeldet, dass Du gesund seist, und dass er nach England gehen wollte. Der Graf Dohna ist aus Königsberg hier angekommen, er hat von mir über Deinen Aufenthalt Nachricht haben wollen, die ich ihm aber aus Mangel von Briefen nicht habe geben können. Baden ist in Berlin und nur auf ein paar Tage verreist. Dein Bruder hat Deinen Brief seiner Frau übergeben, welche ihn richtig zu überliefern versprochen hat.

Wenn der Krieg wieder angeht, so wünsche ich den Österreichern dabei bessres Glück, besonders, dass sie nach einem wohlüberlegten Plan mit Standhaftigkeit u. Geschwindigkeit handeln mögen. Die Franzosen übertreffen ihre Feinde nicht nur an Geschwindigkeit, sondern auch darin, dass sie einen entworfnen Plan immer vor Augen haben, ihn beständig verfolgen, und jeden Vorteil, den sie erlangen, mit allen Anstrengungen zu benutzen sich bemühen. Ihre Feinde handeln überall nur halb, verwickeln sich in mehrere Pläne, von welchen sie keinen mit gehörigem Nachdruck ausführen können, und wenn sie auch irgendwo einen Vorteil erhalten, wissen sie ihn nicht zu verfolgen, sondern ruhen sich auf ihren errungenen Lorbeeren aus. Die englische Expedition nach Seeland gibt davon ein neues Beispiel. Ihre Absicht war wohl, die französische Flotte zu Grunde zu richten. Diese Absicht hätten sie beständig vor Augen haben, die überrumpelte Flotte verfolgen und zerstören müssen, statt dessen haben sie sich bei Vlissingen und einigen Forts aufgehalten, und ihren Feinden Zeit gelassen, die richtigen Verteidigungsmittel zu ergreifen und den Hauptplan zu vereiteln. Mit den braven Tirolern hat man hier viel Mitleid, wie können Untertanen wohl Lust haben, sich für ihren Landesherrn aufzuopfern, wenn sie so im Stich gelassen werden. An Schickler habe ich hier für die erhobenen 1000 fl 269 x 8 Schl. Courant bezahlen müssen. Da sie aus Gefälligkeit mir den Kreditbrief gegeben haben, so kann ich gegen ihre Berechnung nichts erinnern. Deine Tochter hat seit einigen Tagen das kalte Fieber, welches hier allgemein herrscht, gehabt, ist aber jetzt in der Besserung. Sonst sind wir alle gesund. Ich hoffe öfter von Dir eine gleiche Nachricht zu erhalten, und verbleibe stets

Dein treuer Vater.

Quelle:
Schweinitz, Anna-Fanziska von: "Briefe aus den Befrieungskriegen - Heinrich Dietrich von Grolman an seinen Sohn Karl vom 10.07.1807 bis 06.06.1816", o.J., o.O. (Privatdruck)