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2. Geheimes Zusatzprotokoll zum Allianztraktat zwischen Preußen und Frankreich

vom 24.02.1812.

  1. Während der ganzen Zeit, da sich die französischen Truppen auf dem Territor Sr. Majestät des Königs von Preussen befinden werden, und während der ganzen Dauer des Kriegs mit Russland, soll die Geldbezahlung der Kontributionen, welche Se. Majestät von Preussen noch schuldig ist, suspendirt seyn; die Interessen aber werden zu Lasten besagter Sr. Majestät laufen.
  2. Se. Majestät der Kaiser der Franzosen wird auf Rechnung besagter Kontributionen und als baare Zahlung annehmen: die Lebensmittl und Munition, welche sich Se. Majestät der König von Preussen anheischig macht, bis zu dem Belauf der hier unten bestimmten Quantitäten zu liefern.
  3. Der König macht sich anheischig, in die französischen Magazine aufschütten zu lassen, in Viertheilen und von Monat zu Monat: 200.000 Centner Roggen; 400.000 Centner Reis und Hülsenfrüchte; 2 Millionen Bouteillen Branntwein; 2 Millionen Bouteillen bier. Ferner will Se. Majestät der König, zum achten Theile, von Monat zu Monat  in die französischen Magazine liefern, vom 1. März an: 400.000 Centner Waizen, 650.000 Centner Heu; 350.000 Centner Stroh; 600.000 Scheffel Haber. Dann noch, zum sechsten Theile, von Monat zu Monat, vom 1. März an: 44.000 Ochsen, worunter 600 Zugochsen mitbegriffen sind, welche so schnell als möglich nach Danzig geliefert werden sollen. Zum vierten Theile vom Monate zu Monat, noch 15.000 Pferde, 6.000 für die Artillerie und Militair-Equipagen. Die Pferde müssen wenigstens fünf, nicht über sieben Jahre alt seyn. Endlich zum vierten Theile, vom Monat zu Monat: 600.000 Pfund Pulver, 300.000 Pfund Blei, 3.600 bespannte und mit ihren Führern versehene Wagen, jeder 1.500 Pfund Gewicht tragend, in 20 Wagen-Brigaden abgetheilt, jede von 90 Wagen welche 3 Divisionen bilden, nemlich die erste von Magdeburg bis an die Oder; die zweite von der Oder bis an die Weichsel; die dritte von der Weichsel bis an die russische Gränze. Auch müssen noch Hospitäler für 20.000 Kranke gebildet werden, wozu die Gebäude, die Meubles, das Leinengeräthe, die Lebensmittel und die Medikamente nebst den Dienstleuten und Gesundheitsbeamten anzuschaffen sind, welche letztere gemeinschaftlich mit den französischen Gesundheitsbeamten den Dienst verrichten.
  4. Die Subsistenz-Mittel werden an den Orten aufgeschüttet, welche der General-Indentand der Armee anweisest; nemlich die Hälfte in den Plätzen der Oder und der Weichsel, Modlin mit einbegriffen, und die andere Hälfte in den Plätzen von Ost- und Westpreussen.
  5. Die Pferde sollen in die Depots abgeliefert werden, welche der General-Intendant der Armee anzeigen wird.
  6. Das Pulver und Blei wird in die Festungen Modlin, Thorn und Danzig in den Proportionen abgeliefert, welche der Kommandant der Artillerie befiehlt.
  7. Die Hospitäler werden in den Orten eingerichtet, welche der General-Intendant der Armee anweiset.
  8. Alle Transporte an die vom General-Intendanten bezeichneten Orte, werden von der preussischen Administration bewirkt.
  9. Die Bestimmungen sowohl der Preise der gelieferten Lebensmittel, als die Transportkosten der Hospitalfuhren und der Fuhren der 3.600 Wagen, werden von dem General-Intendanten und einem Kommissair Sr. Majestät des Königs von Preussen nach einem Uebereinkommen gemacht.
  10. Die Recippsses der Lebensmittel, welche abgeliefert sind, sollen nach Maasgabe der Lieferungen ausgefertigt werden. Die Abrechnung deshalb soll alle drei Monate von dem General-Intendanten der Armee gemacht, und die Partikularscheine in einen Generalschein umgeändert werden, um die Epoche der Zahlung auf Rechnung der Kontribution zu konstatiren, und die Portion der Interessen, welche nicht mehr fortlaufen.
  11. Alle Lebensmittel und Verproviantirungs-Gegenstände, die sich in den Festungen Kolberg und Graudenz befinden, und welche die zur Proviantirung besagter Plätze auf ein Jahr nöthige Quantität übersteigen, d.h. in Kolberg für eine Garnision von 4.000m und in Graudenz für eine Garnision von 3.000 Mann, sollen binnen acht Tagen nach Auswechselung gegenwärtiger Konvention in die Magazine von Küstrin, Stettin und Danzig abgeliefert, und auf Rechnung oben benannter Quantitäten (§ 3.) aungenommen werden.
  12. Die Garantie-Akten, welche von den Ständen der preussischen Provinzen zur Sicherheit für die Bezahlung der Kontributionen gegeben worden sind, werden Sr. Majestät dem Könige von Preussen zurückgegeben, und gegen eine Obligation der preussischen Regierung ausgewechselt, deren Betrag derselbe als der Betrag besagter Garantie-Akten seyn soll.
  13. Sobald die in Erfüllung des gegenwärtigen Vertrags zu machenden Ausschüttungen und Lieferungen in der Totalität bewerkstelligt seyn werden, soll die General-Rechnung von ihrer Quantität und ihren Werthe angefertigt werden; imgleichen die Definitiv-Rechnung in Kapital und Zinsen von den Sr. Majestät dem Könige von Preussen schuldigen Kontributionen. Es werden dann neue Arrangements unter den beiden hohen kontrahierenden Theilen zur Tilgung des Saldo getroffen werden, welcher aus besagter Rechnung dem einen oder dem andern zu Last bleiben möchte.
  14. Die gegenwärtige Konvention soll geheim seyn.
  15. Sie soll ratifizirt und die Ratifikationen sollen ausgewechselte werden zu Berlin, in den  Zeitraume von zehn Tagen, oder noch eher.

Herzog von Bassano
Von Beguelin

Quelle:
Liebenstein, Ludwig August Friedrich: Der Krieg Napoleons gegen Russland in den Jahren 1812 und 1813, Frankfurt am Main 1819