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Proklamation der Berner Kanzley zur Übernahme der Regierungsgewalt in Stadt und Kanton Bern

vom 24.12.1813.

Wir Statthalter Räth und Bürger der Stadt und Republick Bern, thun kund hiemit:

Schon sind 11 Jahre verflossen seit dem Unser Vaterland, durch die damals freye Aeusserung unsers Willens und unsrer Kraft wieder hergestellt, und unser ehrwürdige Staaten-Verein, auf der Tagsatzung zu Schwyz aufs neue wieder sollte beschworen werden: als uns der französische Kaiser durch die Vermittlungs-Akte eine willkührliche Eintheilung der Schweiz, und mit derselben die ihme beliebige Verfassung aufgedrungen.

Was wir uns durch Uebermacht gezwungen seit denselben Zeit haben müssen gefallen lassen, wie man uns die wichtigsten Theile unseren Grenzen entrissen, wie wir uns fremden, unserm Wohl entgegesezten Polizey-Gesetzen unterwerfen, fremder Eroberungssucht dienen, und mit übermässigen Belästigungen zu den entferntesten Kriegen die Söhne unsers Vaterlandes aufopfern müssen, das ist euch Liebe und Getreue nur zu bekannt.

Da Befreyern von Europa, den K.K. allierten Mächten verdankt also auch unser Land die Fähigkeit wieder an Heilung seiner Wunden in ungetrübter Ruhe zu arbeiten – die Vermittlungs-Akte ist aufgehoben, und an deren statt soll das Werk vollendet worden, das wir im Jahre 1802, mit edler Ruhe, ernstem stetem Sinn, und ohne Einwirkung einiger Leidenschaften begonnen hatten.

Der Tit. Cantons-Rath hat die ihme übertragene Regierung niedergelegt, und jeder Rechtschaffene ist den würdigen Männeren, die mit soviel Sorgfalt, Gerechtigkeitsliebe, Uneigennützigkeit und Aufopferungen, die beschwerlichen Stellen bekleidet den aufrichtigsten Dank schuldig.

Wir haben nun, einer in Unserer Großen Raths-Versammlung, heute den 24. dies wiedergesetzten Hohen  Standes-COmmißion die Leitung der Geschäften bis zur nächst bevorstehenden Ergänzung des Concerannen Rathes übertragen: und derselben, allen Administrativ- und Civil-Unterbehörden und Beamten, sowohl im dermaligen Canton Bern, als in den abgerissenen Theilen desselben, Waardt und Aramv, mit der größten Wachsamkeit und Thätigkeit für Ruhe und Ordnung zu sorgen, in ausserordentlichen Fällen aber sich an Hochdieselbe zu wenden.

Vom Empfang dieser Publikation an sollen die beyden Regierungen in Argéunv und Waardt, sowohl als alle ihre Unterbeamten die mit Einnahme öffentlicher Gelder beauftragt sind, ihren Cassen-Bestand mit authentischen Belegen unterstützt festlegen, und selbigen so wie alle noch eingehenden Gelder, unter persönlicher Verantwortlichkeit den betreffenden zu Unseren Verfügungen bereit halten, desgleichen befehlen Wir auch daß alle Militair-Vorräthe u Wassen, Bulver etc. etc. von nun an versiegelt, unverändert gelassen und für getreue Verwahrung derselben gesorget werden.

Da nun die Armeen der H.H. allierten Mächte bey ihrem Durchmarsch durch die Schweiz auch unseren Canton betreten, so befehlen Wir hiemit allen Unsern Unterthanen selbige freundschaftlich aufzunehmen, und das von den Tit. Offizieren und Quartiermeistern geforderte willig befolgen zu lassen.

Die alte ehrwürdige, durch Jahrhunderte von wachsenden Wohlstand bewährte Verfassung des Cantons Bern soll immerhin die Grundlage des künftigen Staatsgebäudes bleiben, allein bey Ergänzung des Grossen Rathes werden Wir von höhern und allgemeinen Grundsätzen ausgehen, die dem Staat eine ausgedehntere Grundlage und somit für die Zukunft eine mehrere Festigkeit gewähren sollen. Männer von Bildung und Fähigkeiten aller Stände sollen aus allen Theilen des Cantons niht nur von der Regierung nicht ausgeschlossen, sondern da aufgesucht, du zu unmittelbaren Antheil an Regierungs-Geschäften gezogen werden, wo sie ihre Brauchbarkeit, ihre Rechtschaffenheit und ihre Gesinnungen thätig werden, bewährt haben: und überdieß soll eine bedeutende Anzahl Familien sowohl aus dem Argäniv und der Waardt, als aus dem gegenwärtigen Berner-Gebiet in den Burger-Recht von Bern aufgenommen werden.

Wir wollen alle bisher gesetzlich getroffene Loskäufe von Zehnden, Bodenzinsen u. dgl. In Kraft desselben lassen.

Nach der Weise, Unserer in Gott ruhenden Regiments-Vorfahren werden wir bisherige Verirrungen väterlich übersehen und zu keiner persönlichen Ahndung ziehen, und wenn ihr Unsere Liebe und Getreue diesen Unsern väterlichen Gesinnungen mit reinen Herzen entgegen kommt, so wird der allgütige Vater, der Unsere Vaterland bisher so gnädig bewahret, als Er es in diesem Augenblick wundervoll gerettet, ns seinen Segen nicht versagen, und uns des ehemals genossenen Glücks wieder würdig machen.

Geben in Unserer großen Rathsversammlung den 24stenChristmonat 1813.

Canzley Bern<xml></xml>

Quelle:
Privatarchiv EPOCHE NAPOLEON