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Clemens Wenzeslaus von Metternich an Marie Louise von Habsburg

vom 18.07.1815.

Madame, vor meiner Abreise aus Wien habe ich versprochen, Eure Kaiserliche Majestät unmittelbar von dem zu informieren, was das Schicksal Napoleons betrifft.

Sie sehen aus den beigeschlossenen Artikeldes »Moniteur«, daß er sich am Bord des englischen Kriegsschiffes BELLEROPHON begeben hat, nachdem er vergeblich versuchte, der Wachsamkeit der vor Rochefort positionierten Kreuzer zu entgehen! Nach einer von den Verbündeten getroffenen Abmachung wird er als Gefangener nach Fort Saint-George im Norden Schottlands gebracht, wo er von österreichischen, russischen, französischen und preußischen Kommissaren bewacht werden soll. ‚Er wird dort beste Behandlung und so viel Freiheit haben, wie mit der Garantie, daß er uns nicht entkommen kann, vereinbar ist.

Die Personen, die am schlimmsten durch die Verschwörung im vergangenen März bloßgestellt sind, finden sich im selben »Moniteur« vom 18. aufgezählt. Sie sind entweder schon aus Frankreich abgereist oder im Begriff, es zu verlassen. Monsieur de la Bédoyère hat sich einer Verhaftung entzogen. Ney ist in der Schweiz.

Madame Mère und Kardinal Fesch brechen morgen in die Toskana auf. Wo Joseph weilt, wissen wir nicht genau. Lucien hält sich unter falschen Namen in England auf, Jérôme in der Schweiz, Louis in Rom. Königin Hortense begibt sich in die Schweiz, wohin General Flahaut und ihre Mutter ihr folgen. Murat scheint immer noch in Toulon zu sein, allerdings ist das nicht ganz sicher.

Nehmen Sie bitte, Madame, den Ausdruck meiner vollkommenen Ergebung und meines tiefsten Respekts entgegen, mit dem ich bin

Eurer Majestät
sehr demütiger und sehr ergebener
Minister Metternich

Quelle:
Vallotton, Henry: Metternich. Napoleons Gegenspieler, München 1978