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Tagebuch der Belagerung von Colberg

Die unglückliche Schlachten bei Jena und Auerstädt führten die französischen Truppen und ihre Bundesgenossen bald über die Elbe und Oder. Sie drangen sogar ungestört und unaufgehalten vor bis an das linke Ufer der Weichsel. Es bedurfte nur eines Trompeters und Parlementärs, so fielen die Zugbrücken und Fallgitter der innerhalb des eroberten Gebiets liegenden Festungen, wie einst die Mauern von Jericho durch den Schall einer Posaune. Ein kleines Detaschement, das gar keine Anstalten traf, einen solchen festen Platz einzuschließen, zog bald als Sieger in denselben ein, und machte oft eine dreimal größere Besatzung zu Kriegsgefangenen. — Ein unwillkührliches panisches Schrecken schien sich über alles, was Preuße hieß, verbreitet zu haben. Siegtrunken schickte der Feind, gleich nach der Uebergabe von Stettin, einen Trompeter auch nach Colberg, und ließ diese Festung zu einer gleichen schimpflichen Uebergabe auffordern. Aber Colbergs Besatzung und Bürger waren taub für solche Aufforderungen und fest entschlossen, König und Vaterland nicht voreilig und feige zu verrathen. Der Trompeter wurde gleich wieder zurückgeschickt, ohne sich mit ihm in weitläuftige Unterhandlungen einzulassen.

Es war ein Glück für Colberg, daß der Feind nicht sogleich Truppen zur Belagerung abschickte, denn es befand sich in schlechtem Vertheidigungsstand; vielleicht war keine preußische Festung in einem schlechtern. Es mag unentschieden bleiben, ob der Feind. diesen Platz für zu gering achtete, um wider ihn etwas wichtiges zu unternehmen, oder ob man die Truppen nöthiger brauchte, oder aber, ob man nach einem abermaligen Sieg über die russische und preußische Armee, Colberg ohne einen Kanonenschuß zu erobern glaubte.

In der Mitte des Novembers 1806 zog ein Corps baierscher und usingscher Truppen unter dem Prinzen Hieronymus Bonaparte, jetzigem König von Westphalen, zur Belagerung der preußischen Festungen nach Schlesien. Glogau, Breslau und Schweidnitz waren das Resultat dieser Expedition.

Während dieser Zeit sammelte sich unter dem Rittmeister von Schill ein Corps Soldaten, das sich größtenteils aus der französischen Gefangenschaft wieder glücklich freigemacht hatte. Man suchte sie so gut wie möglich zu bewaffnen, und wählte dazu so lange Sensen, Lanzen und Piken, bis sie von ihren Nachbarn und Kriegskameraden mit brauchbaren Waffen versehen werden konnten. Dies Corps drang jetzt bis Naugardt und Stargard vor, verschanzte sich bei Naugardt, und erschwerte dadurch die Communikation des Feindes zwischen Stettin, Cüstrin und dem französischen Hauptquartier zu Warschau. Es nahm mehrere nach den feindlichen Quartieren bestimmte Transporte mit Lebensmitteln, Waffen und dergleichen weg und schickte sie nach Colberg.

Die französische Armee, die bereits bis gegen Preuß. Eylau vorgerückt war, wurde von hier aus zurückgeworfen, und ging zu ihren Befestigungen von Osterode zurück. Sie zog hierauf das Corps des Prinzen Hieronymus an sich, auch wurde man auf Colberg aufmerksamer. Der Feind griff die Befestigungen bei Naugardt an, nahm sie und drängte die Preußen bis unter die Kanonen der Festung zurück. Colberg hatte nun Zeit genug gehabt, sich zu verproviantiren, und war auf eine langwierige und ernsthafte Belagerung gefaßt.

Die Lage der Festung ist folgende:

Die eigentliche Festung liegt auf dem rechten Ufer der Persante, so. wie auch das Fort, welches den Hafen deckt. Nach dem Lande zu kann man das Wasser dieses Flusses durch Schleusen und Dämme aufhalten, so daß hierdurch eine vollkommene Ueberschwemmung bewirkt und dadurch ein feindlicher Sturm von dieser Seite unmöglich gemacht wird. Nach der Ostsee zu ist die Stadt so sehr mit Wallen und Gräben versehen, daß der Feind nicht so leicht die Unvorsichtigkeit begehen wird, sie von dieser Seite her anzugreifen. Die Kommunikation zwischen dem Muendner Fort und der Stadt. wird durch zwei geschlossene Werke, die Kirchhof- und der Morast-Redoute unterhalten. Eine davon liegt auf dem sogenannten hohen Berge, die andere aber bei dem Dorfe Sellnow.

In der Nacht vom 13. zum 14. März 1807 nahm der Feind die Schanze vom hohen Berge.

Nach dem Verlust dieser Schanze, befestigte man ein kleines Wäldchen am Strande, die May-Kuhle genannt, die das linke Ufer und die Mündung der Persante deckt. Es wurden hier einige Fleschen aufgeworfen, die man mit Kanonen besetzte, rund herum aber zog man Wolfsgruben, einen breiten Graben und ein Verhau.

Den 14. März steckte der Feind das Dorf Bullenwlnkel in Brand.

Der damalige Commandant der Festung Oberster v. Loucadou gab darauf sogleich den Befehl, die Lauenburger Vorstadt anzuzünden.. Von diesem Tage an kann man den eigentlichen Anfang der Blokade der Festung rechnen.

Vom 15. bis zum 18. März ereignete sich nichts Bedeutendes.

Den 19. März Morgens um 5 Uhr überfiel der Feind die nur schwach besetzte Sellnower Schanze, nahm sie fort und drang bis an die Dampf-Maschine des Gradir-Werkes vor, wurde aber wieder bis an die Sellnower Schanze zurückgetrieben.

Da er diesen Posten nicht wieder verließ, sondern hier noch mehrere Batterien auswarf, so wurde den 21. März die Lauenburger Vorstadt angezündet, weil man von dieser Seite einen neuen Angriff befürchtete.

In der Nacht zum 22. März wagte die Besatzung einen Ueberfall auf dem Torf-Moor, der sehr glücklich ausfiel; denn die preußischen Jäger und Grenadire kamen aus dem feindlichen Lager mit einer reichen Beute zurück.

Zwischen dem 25. und 28. März fielen bloß einzelne Vorposten-Gefechte am Strande und bei der May-Kuhle vor.

Den 29. März Morgens bei Anbruch des Tages ging wahrend einer kleiner Vorposten-Attaque ein Pulverschuppen in Feuer auf. Einige Häuser in der Geldern-Vorstadt, die von dem Feuer vom 21. März noch verschont geblieben waren, wurden dadurch ein Raub der Flammen. Auf der Lünette Geldern gerieth auch das Blockhaus durch Unvorsichtigkeit in Brand.

Den 30. März fingen die Vorposten-Gefechte bei Sellnow und der May-Kuhle wieder lebhaft an, und wahrten bis des Abends nach 9 Uhr, nur daß sie zuweilen Stunden lang unterbrochen wurden.

Den 31. März Morgens um 4 Uhr griff der Feind die May-Kuhle von Sellnow aus, und vom Strande zu, an.

Während er die Aufmerksamkeit der Belagerten auf diese Seite hinzuziehen bemüht war, versuchte er von der Seeseite aus auf Booten in der May-Kuhle zu landen. Seine List wurde aber entdeckt, er wurde zurückgewiesen, und ihm für's erste die Lust benommen, ähnliche unwillkommene Besuche zu wagen.

Bei Sellnow dauerten aber die Vorposten-Gefechte den Tag hindurch ununterbrochen fort.

Den 1. April nahmen die Vorposten-Attaquen wiederum ihren Anfang, vorzüglich kam es Nachmittags zu einer hitzigen Affaire.

Der Feind drängte nach dem Fichtenkamm, einem Wäldchen bei Werder, und nach dem Gradir-Werke und steckte das hinter dem Fichtenkamm stehende Gebäude in Brand, wurde aber bald wieder zurückgewiesen, und von einigen bei dem weißen Kruge posiirten Kanonen in die Flanque gegriffen. Gegen Abend kam ein französischer Parlementär an das Stein-Thor, um den Commandanten zu sprechen.

Den 2. April sah man einen Theil der Altstadt, ein vom Feinde besetztes Dorf, brennen. Auch nahmen um 9 Uhr die Vorposten-Gefechte bei Sellnow wiederum ihren Anfang. Um eben diese Zeit ging ein starker Trupp Cavallerie über die Hohen nach Altstadt, er wurde aber von der Festung aus durch einige Kanonenschüsse sehr beunruhigt, und in Schrecken gesetzt, worauf er in Galopp seinen Weg nach Altstadt verfolgte.

Nachmittags wurde Altstadt von dem halben Lauenburger und halben Geldern-Fort beschossen. Der Feind drängte die preußischen Vorposten dermaßen zurück, daß die Artillerie-Vorposten ihnen den Damm entlang zur Hülfe eilen mußten.

Den 3. April nahmen die Allarmirungen der Vorposten wiederum ihren Anfang, und Nachmittags kam es am Strande bei dem Schuppen zu einem hitzigen Gefecht. Schon waren die Preußen abgeschnitten, und zum Theil gefangen, als plötzlich einige v. Schillsche Husaren herbeieilten, und ihre braven Kameraden befreiten. Die Belagerten verloren den braven Lieutenant Fischer, vom Jäger-Corps. Dagegen machten sie 8 Mann Gefangene, worunter sich ein Offizier befand. Gegen Abend wurden Bomben und Granaten nach der Altstadt geworfen, wobei einige Häuser im Feuer aufgingen.

Der 4. April verstrich, außer einigen kleinen Vorposten-Neckereien, ziemlich ruhig.

Den 5. April fingen schon mit Anbruch des Tages an, die Vorposten sich zu beunruhigen. Gegen Mittag drängte der Feind stark nach der May-Kuhle und dem Strande vor, wurde aber bald genöthigt, sich zurückzuziehen.

An diesem Tage gab das Gouvernement der Bürgerschaft den Fichtenkamm zum Abhauen preis, womit diese auch sogleich den Anfang machte.

Den 6. und 7.April warf der Feind häufig Granaten nach dem Fichtenkamm, um das Abhauen zu verhindern. Auch drängte er am letztern Tage stark nach der May-Kuhle, wodurch eine heftige Kanonade entstand, die sich aber gegen Abend bei einer Verstärkung von 100 Mann Cavallerie legte.

Den 8. April blieb es, außer einigen Gewehrschüssen, die man hörte, ganz ruhig.

Den 9. April kam es mit Tages Anbruch zu einem heftigen Scharmützel am Fichtenkamm, welches ^bis gegen Mittag wahrte.

Der Feind war mit einer Kanone und einer Haubitze in den Fichtenkamm eingerückt; da aber dieser von dem Geldern-Fort und von der Dampf-Maschine heftig beschossen wurde, so mußte er auch diesen Posten verlassen.

Des Nachmittags warf der Feind einige Granaten nach der Schleuse von der Altstadt aus, wurde aber bald von der Festung durch den Donner des Geschützes zum Schweigen gebracht. Die Nacht über war es außerordentlich stürmisch und ungestüm, und man bemerkte nichts als den Blitz einzelner Gewehre.

Den 10. und 11. April fiel bei einem außerordentlich ungestümeu und neblichten Wetter ausser einigen Vorposten Attaquen und einzelnen. Kanonen-Schüssen nichts erhebliches vor.

Den 12. April. war es ebenfalls sehr ungestüm und neblicht, die Vorposten neckten sich, auch fielen verschiedene Kanonen-Schüsse.

Nachmittags griff der Rittmeister von Schill mit seinem Corps den Feind in seiner Position von Borck und Werder an, vertrieb ihn daraus, und schlug ihn bis Sellnow zurück.

Man verjagte den Feind aus seinem Lager und aus seinen Schanzen, wobei den Siegern eine Menge Lebensmittel in die Hände fielen. Der Verlust auf preußischer Seite belief sich auf 40 Mann an Todten und Verwundeten; doch war der des Feindes gewiß dreimal größer.

Der Lieutenant von Dizinsky wurde bei dieser Gelegenheit blessirt.

Vom 13. bis zum 21. April war es außer einzelnen Allarmirungen der Vorposten ganz ruhig. Es herrschte in diesen Tagen ein ungestümer Sturmwind, der öfters mit Regen und Schnee abwechselte.

Den 22. April warf der Feind eine Granate nach der Stadt, wofür ihn aus allen nach der Altstadt gerichteten Kanonen geantwortet wurde.

Er schwieg. Aber kaum hörte er, daß der Donner der Festungs-Kanonen verhallte, als er wiederum eine Granate nach der Stadt schickte. Dieser letzte Wurf blieb ihm unbeantwortet. Um ihm aber doch zu überraschen wurden

Den 23sten April Morgens früh um 2 ½ Uhr alle nach der Altstadt gerichteten Geschütze zugleich abgefeuert, welches ein paar mal rasch wiederholt wurde.

Hierdurch wurde der Feind so sehr allarmirt, daß er sogleich seine Finals abbrannte, und aller Orten in den feindlichen Quartieren Lärm schlug.

Gegen Mittag fielen einige Kanonen-Schüße von der Festung nach dem hohen Berge und nach der Altstadt. Die Position des Feindes erstreckte sich vom Torfhause am Strande über Bullenwinkel, der Ziegelei, Tramm, Recknien und Altstadt bis an das rechte Ufer der Persante. Auf dem linken Ufer hatte er Sellnow und Treptow an der Rega besetzt. Die Conununikation über die Persante erhielt er durch eine Schiffbrücke, die aber von den bei'm weißen Kruge postirten Kanonen bestrichen wurde.

Den 24. April des Morgens um 5 Uhr, warf der Feind von der Altstadt aus eine Granate nach der Stadt. Die Belagerten schössen stark vom weißen Kruge nach der Altstadt und nach der Schiffbrücke.

Nachmittags zeigte sich ein starkes feindliches Detaschement am Strande, um das zur Festung gehörende dort weidende Vieh wegzuholen. Die preußischen Vorposten wurden dadurch mit dem Feinde in ein heftiges Gefecht verwickelt, worauf der letztere, nach dem Verlust von einigen Todten und Verwundeten, wieder leer abziehen musste. Die Preußen verloren den Lieutenant von Nöhl und einen Grenadier.

Den 26. April kam ein Schiff von Memel mit einem Bataillon neuconscribirter Truppen. Jetzt begann der Feind überall Batterieen zu bauen.

Er legte zwei derselben zwischen der Schanze vom hohen Berge an, und befestigte sich bei der Ziegelei, dem Bullenwinkel und längst dem Busche. Auch erhielt er eine Verstärkung von sächsischen und polnischen Truppen.

Die wenigen Kanonen und Haubizzen postirte er außer der Altstadt in der Sellnower Schanze und in der Schanze vom hohen Berge, von wo. derselbe den Dannn, der nach der Lauenburger Vorstadt führt, bestreichen konnte, so daß von dieser Seite aus keine Ausfalle zu wagen waren.

Den 27. April blieb alles ziemlich ruhig.

Den. 28. April aber fing der Feind an von der Altstadt aus, die Festung durch Werfen von Granaten zu beunruhigen, welches zu einem ernsthaften Bombardement der Altstadt veranlaßt. Auch kam es gegen Abend auf der Lauenburger Vorstadt zu einem ernsthaften Vorposten-Gefecht.

Den 29. April beunruhigten sich die Vorposten bei Sellnow und dem Lauenburger Thor schon des Morgens um 4 Uhr.

Der Oberstwachtmeister v. Gneisenau, den der König zum Commandanten der Festung ernannt hatte, kam heute an. Der Oberster von Lukadou wurde mit Pension und General-Majors Charakter verabschiedet.

Des Nachmittags erschien ein französischer Parlementär. Gegen Abend wurde das Steinsche Thor von der Altstadt heftig bombardirt. In der Nacht wurde die Schanze beim Bullenwinkel von den Belagerten wieder weggenommen, bei welcher Gelegenheit mehrere feindliche Gefangene gemacht wurden.

Den 30. April schoß, der Feind heftig von der Altstadt nach den auf dem Sellnower Damm liegenden Artillerie-Vorposten.

Eine schwedische Fregatte von 44 Kanonen der Fahrmann genannt, kam an, und legte sich vor dem Hafen zu seiner Deckung. Diese Fregatte brachte Schiffe mit, welche 5600 preußische Kantionirte hatten. Nachmittags warf der Feind eine Granate nach der Stadt.

Feindliche Ueberläufer kamen jetzt häufiger als sonst.

Den 1. May hatte der Feind vor der Altstadt eine komplette Batterie erbauet, worin sich 2 Haubitzen befanden. Er warf 2 Granaten nach der Stadt, und blessirte dadurch einen Mann: Es wurde ihm hierauf aus'. mehreren Geschützen geantwortet.

Den 2. May fiel außer einigen Granaten, die der Feind von der Altstadt aus, nach der Stadt warf, nichts von Bedeutung vor. Gegen Mitternacht wurden einige Kanonen und Haubitze« detachirt, die sich auf dem Sellnower Damm postirten, um von dort aus die Allstadt anzuzünden, weil man von den Wälleln der Festung aus nicht gut mit Brand- und Leuchtkugeln so weit reichen konnte.

Dies Bombardement dauerte beinahe eine ganze Stunde, doch leistete es nicht die versprochene Wirkung.

Es brannte zwar einigemal, aber das Feuer ward bald unterdrückt, und' die Flamme erstickte wahrscheinlich in sich selbst.

Den 3. May mit Anbruch des Tages beunruhigte der Feind die Festung wiederum durch Granaten.

Den 4 May Morgens um 5 Uhr fing der Feind an, Granaten nach der Stadt zu werfen, womit er ziemlich eine Stunde lang fortfuhr.

Gegen Abend erhob sich ein Vorposten-Gefecht am Strande, auch wurde von der Altstadt aus häufig nach der Festung geworfen, welches von allen Werken ernstlich erwiedert wurde.

Den 5. und 6. May warf der Feind fast unaufhörlich Granaten nach der Stadt, er wurde aber oft Stunden lang durch das Feuer der Belagerten zum Schweigen genöthiget.

Den 7. May des Morgens kamen von Memel her zwei Schiffe mit dem 3ten neu errichteten neumärkischen Bataillon an. Der Bürgerschaft wurde anbefohlen Wasser auf die Böden zu tragen, damit bei entstehendem Feuer, solches sogleich rasch gelöscht werden könnte.

Gegen Mittag kam es am Strande zu einem heftigen Vorposten-Gefecht, welches sich zum Vortheil der Belagerten endigte.

Gegen Abend ging durch das fortdauernde Einwerfen von Granaten des Feindes ein Haus nahe am Geldern-Thor in Flammen auf, in welchem der Commandant wohnte.

Die Bürgerschaft gerieth darüber in große Besorgniß, nicht so wohl des Feindes wegen, als weil sie fürchtete, daß dieser Umstand die Veranlaßung zu bitter baldigen Uebergabe seyn mögte, indem sie fest entschlossen war, lieber alles Elend eines Bombardements zn erdulden, als, nach dem Beispiel andrer Festungen, sich den Händen der Belagerer zu übergeben. Ueberhaupt bewies die Bürgerschaft die ganze Zeit der Belagerung über eine Anhänglichkeit und Treue an ihren rechtmäßigen Monarchen und an ihr Vaterland, die als ein Muster von Patriotismus in den Annalen der Geschichte aufbewahrt zu werden verdienen.

Die Bürgerschaft errichtete ganze Compagnien aus ihrer Mitte und schickten sie zu der Artillerie auf dem gefährlichsten Plätzen, um die Festung mit zu vertheidigen. A

n ihrer Spitze stellte sich ein würdiger Greis, der Bürger Nettelbeck, und sein unerschütterlicher Muth, seine rastlose Thätigkeit und sein Enthusiasmus für einen theuren König und ein geliebtes Vaterland beseelte alles mit rastlosem Eifer, zur Vertheidigung der Festung.

Kaum wurde der Feind das Feuer in der Commandanten-Wohnung gewahr, als sein Bombardement sogleich anhaltender und heftiger wurde, womit er bis gegen 11 Uhr fortfuhr. Die Anzahl der eingeworfenen Granaten .kam, man auf 60 bis 80 Stück berechnen, obgleich er wenigstens fünfmal so viel Kugeln und Granaten dafür wieder erhielt.

Den 8. May erschien ein feindlicher Parlamentär am Lauenburgischen Thor.

Die Schanze vor dem Lauenburger Thor, worin Kanonen postirt waren, um den dortigen Damm zu bestreichen, wurde jetzt in ein bombenfestes Blockhaus verwandelt. Diese Schanze liegt mit der .vom hohen Berge paralell.

Abends kam der Rittmeister von Schill von Stralsund zurück, wohin er gleich nach der Attaque von Sellnow abgegangen war.

Den 9. May blieb alles ruhig.

Den 10. May marschirten mehrere feindliche Truppen von der Altstadt nach Sellnow, wobei sie die dortliegenem Schiffbrücke passiren mußten, die durch die postirte Artillerie-Vorposten» vom weißen Kruge beschossen wurde.

Den 11. und 12. May fiel nichts merkwürdiges vor, außer daß der Feind einige Granaten nach der Stadt warf.

Den 13. May war ein feindliches Commando wiederum nach Werder vorgedrungen, und hatte dort einiges Vieh entführt.

Das von Schillsche Corps marschirte hierauf nach diesem Orte, fand ihn aber schon vom Feinde verlaßen.

Den 14. May warf der Feind einige Granaten nach' der Stadt, welches von. den Werken erwiedert wurde.

Den 15. May segelte die vorhin genannte schwedische Fregatte am Busche hinauf, gab mehrere Lagen auf den Feind, wodurch sie ihm in seinen Schanzen im Rücken kam, und ihn in seinem Lager außerordentlich beunruhigte.

Die Fregatke hatte

26  24 pfundige Kanonen,

  2, 18 pfundige und

16, 24 pfundige Kanonaden am Bo«ch.

Den 16. May kam es zu einer heftigen Vorposten-Attaque am Strande, wobei von den Belagerten 1g Gefangene gemacht wurden. Der Feind hatte in seine meisten Batterien jetzt schon einige Kanonen gestellt.

Er wollte den Belagern glaubend machen, daß er 24pfündige Kanonen bei sich habe, indem er 24pfündige Kugeln, die er von der Festung und der Fregatte erhalten hatte; aufsuchen ließ, und aus einer 7pfundigen Haubitze wiederum zurückschickte. Die Belagerten waren jetzt mit der Anlage einer irregulairen Sternschanze beschäftigt, die auf dem Wolfsberge hegt, und den ganzen östlichen Theil der Stadt und den Hafen deckt.

Der Feind drängte diese Nacht, mit Schippen und Spaden versehen im Sturmschritt nach der Schanze, nahm sie, machte einen großen Theil der Besatzung nieder, die übrigen aber zu Gefangenen, und suchte die Schanze zu zerstören.

Das Grenadier Bataillon unter dem Vice-Commandemten v. Waldenfels kam herbei und nahm die Schanze wieder. Schnitt die Retirade der mit der Zerstörung Beschäftigten ab, machte sie zu Gefangenen, und trieb die übrigen bis nach ihren Batterien zurück. Der preußische Verlust an Todten und Verwundeten war beträchtlich, doch war der des Feindes noch weit größer.

Dies Gefecht dauerte von des Abends um 10. Uhr bis den I7. May Morgens um 4 Uhr. Die Schanze war bisher nur mit einer Kanone besetzt gewesen. Man suchte die Blockhäuser sogleich in brauchbarem Stand zu setzen, und besetzte heute die Schanze mit vier Kanonen.

Den 18. May machte der Feind einen Versuch auf die May-Kuhle, wurde aber bald wieder abgewiesen.

Den 19. May drängte der Feind wiederum nach dem Wolfsberge, doch, da er sich bald zurück zog, kam es zu keinem ernsthaften Gefechte. Es blieb bei einem bloßen Kanonenfeuer, welches den Vormittag über ununterbrochen unterhalten wurde. Nachmittag zeigten sich auf der Rehde zwei englische Kauffartheischiffe, beladen mit. Kanonen, Gewehren, Säbeln und Munition, in Begleitung einer englischen Brigg von 18 Stück 24pfündige Kanonen.

Vom 20. bis 23. May wurde von den mehresten Werken und Außenwerken, so wie von den feindlichen Battrieen fast unaufhörlich geschossen, vorzüglich vom Wolfsberge, welcher jetzt mit 8 Kanonen und einer Haubitze besetzt, und durch 500 Mann Infanterie vertheidiget wurde. Die mehresten Kanonen waren in Blockhäuser gestellt, so daß auch die Besatzung vor Granaten gesichert blieb.

Den 24. May gerieth das von Schillsche Corps bei Borck und Werder mit dem Feinde in Handgemenge.

Die von Schillschen Husaren kamen aus der Gegend von Spie und Neu-Brik mit 43 gefangenen holländischen Husaren, mit ihren Pferden, Waffen, Sattel und Zeug zurück. Es befanden sich unter ihnen eine beträchtliche Anzahl preußischer Kriegsgefangenen.

Zu gleicher Zeit hatten sie dem Feinde eine große Menge Schlachtvieh auch Fourage abgenommen.

Die Nacht hindurch wurde in der Gegend des Wolfsberges häufig geschossen, welches den 25. May hindurch kontinuirte.

Der Feind war mit seinen Sappen und Laufgraben sowol der Festung, wie auch dem Wolfsberge näher gerückt und schoß jetzt häufiger als sonst nach der Festung und den Außenwerken.

Den 26. May segelte die schwedische Fregatte und die englische Brigg hinter die feindlichen Batterien hinauf, und machten ein anhaltendes und heftiges Feuer auf selbige, wobei sie von der Festung und dem Wolfsberge, nach Möglichkeit unterstützt wurden.

Das von Schillsche Corps marschirte nach Sellnow. Es kam dort zu einem kleinen Gefecht, wobei aber nichts entschieden wurde.

Das feindliche Bombardement nach der Festung ward jetzt heftiger als sonst, doch leisteten ihre Bomben und Granaten nicht das, was sie sich von ihnen versprochen hatte, denn die mehresien Brennmaterialien waren aus der Stadt entfernt, und nach dem Münder Glacis gebracht worden.

Den 27. May wurden durch das feindliche Bombardement auf dem Wolfsberge einige Mann blessirt.

Den 28. May hörte man nur einzelne Kanonenschuße.

Den 29. May wurden durch die feindlichen Kugeln und Granaten einige Mann in der Wolfsberger Redoute getödtet und verwundet.

Den 30. May trug sich außer einzelnen Kanonenschüßen Nichts von Bedeutung zu.

Den 31. May blieb es wie am vorigen Tage.

Den 1. Juny wurden auf dem Wolfsberge einige Artilleristen verwundet und ein Grenadier getödtet. In der Nacht zum

2. May nahm der Feind die am Strande liegende alte rußische Schanze weg, worin eine preußische Vorposten-Wache stand.

Das feindliche Feuer nach dem Wolfsberge kontinuirte.

Den 3. Juny Morgens um 1 Uhr allarmirten den Feind einige bewaffnete Kanonenboote, die mehrere Kartätschschüsse auf seinen Posten in der rußischen Schanze thaten.

Die Vorposten fingen bei Sellnow an, sich zu attaquiren. Gegen Abend segelte die schwedische Fregatte wiederum am Strande hinauf und gab mehrere Lagen nach dem feindlichen Lager, und der rußischen Schanze.

Die ganze Besatzung rückte dabei aus, und griff den Feind an. Dies Gefecht dauerte bis des Morgens um 3 Uhr, ohne daß dabei etwas von Bedeutung entschieden wurde.

Den 4. Juny zeigte sich ein Schiff von Königsberg auf der Rehde, welches die traurige Nachricht brachte, daß die Festung Danzig kapitulirt habe.

Nachmittag kam es bei Sellnow wiederum zu einem Gefecht, wobei der Feind einige Mann verlor, und von den preußischen Truppen einige verwundet wurden. Auch wurde vor dem Lauenburger Fort und dem Wolfsberge unaufhörlich geschossen, weil der Feind auf dieser Seite durch Laufgraben vorzüglich stark heran zu dringen suchte.

Den 5. Juny wurde von dem Lauenburger Fort und dem Wolfsberge nach den feindlichen Batterieen geschossen, welche keine Antwort schuldig blieben.

Des Abends gegen 9 Uhr kam es zwischen dem Feinde und dem von Schillischen Corps zu einer heftigen Attaque. Da aber der Feind zu stark heran drang; so mußte sich das letztere unter seine Befestigungen zurückziehen.

Gleich darauf nahm ein heftiges Gefecht bei dem Wolfsberge seinen Anfang. Der Feind wurde mit einem lebhaften Feuer unterhalten, ohne dabei etwas Erhebliches auszurichten, außer daß dem Feinde bei dieser Gelegenheit ein Munitionswagen in die Luft gesprengt wurde. Der Verlust der Belagerten war beträchtlich, aber der des Feindes noch weit größer.

Den 6. Juny wurde stark in der Gegend des Wolfberges geschossen. Die Besatzung der Festung verlor heute, durch Unvorsichtigkeit ihrer Kammeraden, zwei Mann.

Den 7. Juny wurde eine beträchtliche Anzahl Vieh, Fourage und Lebensmittel nach der Festung gebracht. Der Transport bestand aus 30 Wagen, welche mit, Eier, Speck, Brod, Wein, Taback und dergleichen beladen waren, welche man dem Feinde bei Neu-Brik abgenommen hatte.

Den 8. Juny wurde der Sieg vom 26. May bei Praga hier bekannt gemacht. Das Feuer aus den feindlichen Batterieen nach, der Stadt dauert ununterbrochen fort. Es kam wiederum ein Schiff, welches die bestätigte Nachricht mitbrachte, daß Danzig am 27. May dem Feinde durch Capitülation übergeben worhen sey, Nachdem es einen dreimaligen Sturm ausgehalten hätte.

Den 9. Iuny attaquirten die Vorposten bei Sellnow.

Ein Theil des von Schillschen Corps nahm bei Neu-Brik dem Feinde einige 20 Wagen mit Pallisaden und Lebensmitteln ab, und machten dabei gegen 50 Mann zu Gefangenen.

Den 10. Juny kontinuirte das Feuer in der Gegend des Wolfberges den ganzen Tag, auch schoß der Feind Stundenlang von allen Batterie«n nach der Stadt.

Er war mit seinen Trancheen und Laufgräben dem Wolfsberge so Nahegekommen, daß er bereits Bresch-Bätterireu angelegt hatte, worinn er eine außerordentliche Menge Geschütz aufführte.

Die Blockhauser der Belagerten wurden jetzt fast gänzlich demolirt, und die Besatzung war in der größten Gefahr, nicht allein von den feindlichen Kugeln und Granaten sondern selbst von Holz und Balken erschlagen zu werden.

Den 11.. Juny fing der Feind des Morgens um 3 Uhr ein so erschreckliches Bombardement des Wolfberges an, daß er die dortige Artillerie beinahe gänzlich zum Schweigen brachte.

Er demolirte nicht allein das Geschütz in den Schießscharten, sondern zernichtete auch die Blockhäuser und Brustwehren ganzlich.

Nach der Stadt warf er so häufig und so viel Granaten und Bomben, daß es dreimal brannte, welches aber jedesmal bald wieder gelöscht wurde.

Endlich gegen 9 Uhr spannte die schwedische Fregatte ihre Seegel, näherte sich dem Feinde, und unterhielt ihn mit einem sehr raschen und lebhaften Feuer in seinen Batterieen. Nachmittags brannte es in der Dohmstraße, allein auch hier wurde es bald wieder gelöscht.

Ueberhaupt wurden sehr viele Häuser durch Granaten beschädigt, die der Feind nach der Stadt warf. Noch schrecklicher sah es auf dem Wolfsberge aus, so daß sich dessen Besatzung genöthigt sah, zu. kapituliren.

Vermöge dieser Capitulation wurde ein Waffenstillstand bis am l2ten Juny des Morgens um 10 Uhr abgeschlossen.

Die Besatznng des Wolfberges zog mit ihren sämnmlichen Waffen ab, und überlieferte diese Redoute dem Feinde. Da aber der Feind diese Nacht anfing zu schanzen, und auch auf wiederholtes Untersagen des Commandanten, nicht davon abließ, so fing man an, ihn des Nachts gegen 11½  Uhr durch ein heftiges Attilleriefeuer m seinen Arbeiten zu stören, woran vorzüglich die schwedische Fregatte einen lebhaften Antheil nahm. Der Feind erwiederte dies zwar durch ein lebhaftes Bombardement der Stadt, doch war er nicht im Stande das Feuer der Belagerten dadurch zu mildern.

Den 12. Juny war das Bombardements des Feindes beträchtlich indem er nicht nur die Hauser außerordentlich ruinirte, sondern auch mehrere Menschen beschädigte.

Den 13. Juny war das feindliche Bombardement noch eben so heftig, wie den Tag vorher. Es wurde eine schwangere Frau von einer Bombe dermaßen zerrissen, daß das Kind todt neben ihr zur Erde fiel. Eben so wurden 2 Kinder schwer verwundet.

Nachmittags wurden sämmtliche Kranke und Blessirte nach der großen Kirche gebracht, indem der Feind sich verbindlich machte, diese Kirche wegen den Kranken möglichst zu schonen, vorzüglich da viele von seinen gefangenen Kranken dort untergebracht waren. Gegen Abend wurde es ganz ruhig. Man warf nur einige Leuchtkugeln, um den Feind zu beobachten.

Den 14. Juny attaquirten einander die Vorposten beim Fichtenkamm, Das Bombardement war heute wegen des anhaltenden Regenwetters nicht so heftig. Es lief ein englisches Schiff mit Kanonen ein, auch erhielt man von Ueberläufern die Nachricht, daß der feindliche General, der Marschall Mortier bei der letzten Kanonade getödtet seyn solle. Gegen Abend rückten sämmtliche Truppen der Besatzung beinahe gänzlich aus, um etwas auf dem Wolfsberg zu unternehmen, welches auch sehr glücklich in’s Werk gesetzt wurde.

Man nahm die Redoute mit Sturm, steckte die darinn erbauten Blockhäuser in Brand, zersiörte die Brustwehren, eroberten eine Haubitze und machten 245 Gefangene, worunter 1 Obrist und 10 Offiziere waren. Erst gegen Morgen um 5 Uhr.

Am 16. Jnny verließen die Sieger diese Redoute, wo der Feind mit Uebermacht heran drang. Man kann den Verlust des Feindes auf 500 Mann rechnen, der auf preußischer Seite wurde auf 100 Mann angegeben.

Bei' dieser Affaire blieb der Hauptmann: von Wallenfels Vice-Commandant der Festung und Commandeur eines Grenadier-Bataillons.

Den Tag hindurch wurde fortwährend geschossen. Gegen Abend ging ein Schiff mit den in der verwichenen Nacht gemachten Kriegsgefangenen nach Memel ab.

Dem Feinde wurden bei Spie 11 Wagen mit Taback und dergleichen abgenommen, welche nach der Festung eingebracht wurden.

Ein feindlicher Courier, den man bei Gollnow gefangen, hatte, wurde in einer französischen Post-Chaise eingebracht. Allen Nachrichten nach, sollte er aus dem französischen Lager von Tramm zur großen Armee mit Depeschen abgehen. Man fand bei ihm einen Plan von Colberg, der zwar ganz richtig gezeichnet war., nur hatte man die Morast-Redoute darauf vergessen. Diesem war ein Schreiben von dem kommandirenden General beigefügt, mit dem Inhalte: daß er sich auf der Lauenburger Seite der Festung eiligst nähern wolle, um alsdann einen Sturm zu wagen. Um Mitternacht aus kam es auf der Lauenburger Vorstadt zu einem hitzigen Gefecht, wo die Belagerten bis an das Blockhaus am Damm zurückgedrängt wurden.

Den 16. Juny wurde von dem Lauenburger Fort häufig mit Kartätschen auf den Feind geschossen, indem er mächtig heran drang. Einem Mädchen wurde von einer feindlichen Kugel der Arm zerschmettert. Das Feuer kontinuirte den ganzen Tag hindurch. Gegen 11 Uhr des Nachts ruckte das vom Schillsche Corps gegen Sellnow vor, wobei es zu einem hitzigen Gefecht kam, welches bis

den 17. Juny Morgens. um 2 Uhr dauerte.

Der Verlust des Feindes war sehr beträchtlich. Er ward so weit zurückgedrängt, daß die preußischen Truppen schon im Besitz von zwei Schanzen waren. Als aber der Feind durch eine Kanone verstärkt auf's neue heran drang, mußten die Preußen weichen. Unter dieser Zeit hatten vier Compagnien vom dritten Bataillon den Feind auf der Lauenburger Seite angegriffen. Es war ihnen anbefohlen, dabei die größte Stille zu beobachten; allein diese wurde bei Annäherung der feindlichen Batterie zu bald unterbrochen, indem man mit einem fürchterlichen Geschrei auf die Schanze losstürzte.

Der Feind ward dadurch zu früh von ihrem Sturm unterrichtet, und konnte sie deshalb mit einem lebhaften Feuer empfangen, wodurch viele Menschen verloren gingen, auch die Hälfte schon die Flucht ergriff.

Doch wurde die Ordnung bald durch den Commandanten wieder hergestellt, der sich in der Nähe befand, und die Schanze, welche mit 300 Mann besetzt war, wirklich genommen.

Die ganze Besatzung bis auf einige 60 Mann wurden nieder gemacht. Die vier Kanonen, welche in der Schanze standen, wurden vernagelt, weil man sie, aus Mangel an Pferden, nicht fortbringen konnte. Auch hier drang der Feind auf das neue so stark heran, daß man sich genöthigt sah, die Schanze zu verlassen.

Von den feindlichen Batterieen auf der Lauenburger Seite und von der Altstadt, wurde den Tag hindurch häufig geschossen.

Den 18. Juny warf der Feind wiederum mehrere Granaten in die Stadt, und machte bis auf den Abend ein, ziemlich lebhaftes Feuer.

Den 19. Juny war das Feuer der feindlichen Batterieen stärker als sonst. Gegen Abend segelte die schwedische Fregatte längs dem Strande herauf und unterhielt ein ziemlich lebhaftes, anhaltendes und heftiges Feuer nach dem Wolfsberge.

Nachdem die Fregatte schwieg, unternahm der Capitain Zielau mit den Grenadieren einen Sturm auf denselben , wurde aber von der französischen Artillerie mit einem so mörderischen Kartätschenfeuer empfangen, daß sich das Bataillon mit sehr großen Verlust zurückziehen mußte, nachdem es seinen Commandeur verloren hatte.

Heute wurden auch die Lieutenants von Winterfeldt und von Blumenthal, die zum Batteriebau heraus waren, erschossen.

Den 20. Juny war das Feuer des Feindes so stark, wie den Tag vorher.

Gegen Mittag wurde ein Parlementär zu den Belagerern geschickt, und auch des Nachmittags. Man fing jetzt an, mit dem Schießen gänzlich inne zu halten.

Den 21. Jnny des Morgens um 8 Uhr fing man wieder an, das Kanonenfeuer zu unterhalten, welches den ganzen Tag fortdauerte.

Den 22. Juiy fiel ebenfalls nichts Bedeutendes vor. Desertionen waren häufig von beiden Seiten.

Nur um Mitternacht wurde es auf der Lauenburger Seite unruhig.

Den 23. Juny blieb, es den Tag über so ziemlich ruhig, doch gegen Mitternacht fingen die Unruhen wieder von neuem an.

Der Feind hatte die Vorposten in der Strandflesche zurückgedrängt, und die Schanze von Stubenhagen genommen, er wurde aber bald wieder aus beiden Posten vertrieben.

Den 24. Juny wurde öfters l von den Wällen auf die Belagerer mit Kartätschen geschossen, welche die Vorposten der Belagerten zurückdrängen wollten. Die Nacht unterbrach der Feind die Ruhe durch neue anhaltende Attaquen vom Wolfsberge nach den Vorposten der Festung, er wurde aber wieder zurückgeworfen. Man vermuthete, daß er bei diesen wiederholten Attaquen die Absicht habe, die Belagerten nach dem Wolfsberge zu locken, den er jetzt unterminirt hatte, und den er dann, aller Wahrscheinlichkeit nach, in die Luft gesprengt haben würde.

Den 25. Iuny dauerte den Tag hindurch das Feuer von beiden Seiten anhaltend und lebhaft fort. Vorzüglich wurde es in der Nacht vor dem Lauenburger Thor äußerst unruhig.

Den 26. Juny war es nicht weniger unruhig. Es marschirten heute viele Truppen von Sellnow nach der Altstadt, wobei sie beim Uebergang über die Schiffbrücke vom weißen Kruge aus von der Festungsbesatzung heftig begrüßt wurden.

Nachmittag entstand auf der Lauenburger Vorstadt ein lebhaftes Vorposten-Gefecht, welches bis gegen Abend dauerte.

Der Feind schickte zwei Bäckerburschen zurück, die vor einigen Tagen desertirt waren. Sie wurden zur Strafe ihrer Untreue eingeschmiedet. Um Mitternacht kam es auf der Lauenburger Vorstadt wiederum zu einem heftigen Gefecht, wobei der Feind zurück geschlagen wurde. Er erwiederte zwar seinen Angriff mit gefälltem Bajonnet, aber auch zum zweitenmal wurde er mit ansehnlichem Verlust zurückgeworfen. Die Preußen verloren bei dieser Affaire den braven Lieutenant Köhler.

Den 27. Juny dauerten die Attaquen und das Feuer der Batterieen auf der Lauenburger Seite den ganzen Tag hindurch.

Den 28. Juny wurde der Wucher mit den Tresorscheinen öffentlich untersagt. Auf der Lauenburger Seite kontinuirte den Tag hindurch das Feuern der Batterien, auch die Attaquen wurden selten unterbrochen.

Den 29. Juny dauerten die Unruhen und das Feuer der Batterieen auf der Lauenburger Vorstadt so wie die vorigen Tage ununterbrochen fort.

Der Feind vertrieb die Vorposten In den Dörfern Bork und Werder und besetzte beide Orte. Die Annahme von papiernen 2, 4 und 8 Groschenstücke wurde heute anbefohlen, wobei der König und das Gouvernements für die künftige Auswechselung garantirten.

Den 30. Juny war das Feuer aus den feindlichen Batterieen ebenfalls sehr häufig und lebhaft. Der Feind drängte die Vorposten am Strande vor der May-Kuhle zurück und fing an hieselbst Batterieen auszuwerfen, wobei es zu einem sehr heftigen und lebhaften Gefechte kam, welches im Grunde doch nur wenig Vortheil für die Belagerten hatte. Die Preußen mußten sich nach einem sehr ansehnlichen Verlust. an Todten und Verwundeten zurückziehen, obgleich man mit Recht glauben konnte, daß der des Feindes um vieles größer gewesen seyn muß.

Die Belagerer unterließen für's erste das bauen, fingen aber schon denselben Nachmittag damit wieder an.

Eine schwedische Brigg, welche schon eine zeitlang auf der Rhede lag, lief heute ein. Sie hatte, Bomben, Kartätschkugeln, Pulver und vier Mortier geladen. In der Nacht zum

1. July wurde das Feuer der feindlichen Batterieen fürchterlicher, als es je zuvor gewesen war. Bomben, Kugeln und Granaten fielen unaufhörlich in die Stadt und alles suchte sich in den Kellern oder Kasematten zu flüchten.

Sie erhielten zwar von den Wällen eine lebhafte und heftige Antwort, allein das Festungsgeschütz war nicht stark genug, die Menge der feindlichen Batterieen zum Schweigen zu bringen. Gegen Morgen drängte der Feind. m einer sehr starken Kolonne mit Sturmschritt auf die Artillerie-Vorposten vor dem Lauenburger Thor, wurde aber mit einem heftigen Kartätschenregen empfangen, und dadurch wieder zurück geschickt.

Endlich glückte es einer feindlichen 50pfündigen Bombe, die Munition des Artillerie-Vorposten auf der Kirche mit der ganzen Mannschaft in die Luft zu sprengen.

Ein Artillerie Unteroffizier nebst Kanonieren, welche gerade zu dieser. Zeit unterhalb Dienstverrichtungen hatten, blieben unbeschädigt. Der Unteroffizier wollte gerade heraufgehen, als ihm die übrigen Kanoniere von oben todt und zerstümmelt entgegen geflogen kamen, wovon einige noch .Stunden lang am Leben blieben.

Bald darauf flogen zwei Pulverwagen bei der Kirche auf.

Nachher griff der Feind in drei sehr starken Kolonnen am Strande, vom Werder, und vom Gradir-Werke aus die May-Kuhle an. Er steckte das Gradir-Werk in Brand und nahm die May-Kuhle mit Sturm. Alle Kanonen, die in selbiger und auf dem Gradir-Werke waren, fielen in seine Hände. Die fliehende Infanterie des von Schillschen Corps wagte es kaum, sich an der Brücke zu setzen, denn wäre diese nicht durch die Bravour der Husaren behauptet worden, so würde der Feind auch sogar über solche gedrungen seyn. Die Mündner- und Pfanschmiede Vorstädte wurden in Brand gesetzt. Selbst auf der Seite vom Wolfsberge fingen die Vorposten an, sich einander heftig zu attaquiren, und versuchten es, auch auf dieser Seite heran zu dringen. Um Mittag legte sich die Fregatte vor dem Hafen, und machte ein ziemlich anhaltendes und lebhaftes Feuer auf die May-Kuhle, und endlich glückte es den Belagerten, die Brücke, welche über die Persante führt, zur Hälfte abzureißen und anzuzünden. Gegen Abend wurden auch schon mehrere Häuser auf der Vorstadt Stubbehagen in Brand gesteckt.

In der Nacht selbst wüthete das Feuer fürchterlich. Das Rathhaus mit seinem Thurme brannte herunter. Bomben, Granaten und Kugeln fielen unaufhörlich in die Stadt, und demolirten auf einigen Hauptwerken schon bas Geschütz in den Scharten. Auf den meisten Werken sprangen oft mehrere Kanonen und auf der Bastion Neumann sogar beinahe eine ganze Mortier Batterie.

Die Nacht erhöhete das Schreckliche des Tages.

Den 2. July blieb es wie am 1sten des gedachten Monats und die noch nicht brennenden Häuser der Vorstädte gingen von neuem in Flammen auf. Gegen Mittag fing der Feind an, mit Macht vom Wolfsberge aus nach der Münde zu drängen. Schon waren die Preußen um ein beträchtliches zurück getrieben, als die Husaren auf den Feind einhieben und Schrecken und Flucht verbreiteten. Da gebot mit einem Male die Nachricht von dem großen allgemeinen Waffenstillstände Ruhe.

Jetzt blickte man freier um sich. Aber traurig und schwermüthig — nur auf entseelte Leichname und dampfende Ruinen.