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Halle im October 1806

Anonym 1808

13. October

Voller Erwartung und banger Ahndung hatte man den Anbruch des Tages erwartet, man fürchtete, die bösen Nachrichten von gestern bestätigen zu hören. Überall drängten sich Menschen in kleinen Haufen zusammen, um etwas neues zu hören oder mitzutheilen.

Die Lieferungsfuhren nach Naumburg bestimmt, erhielten Ordre, in Halle liegen zu bleiben. Bald langte der Befehl an, alles nach Magdeburg zu schicken.

Etwa gegen neun Uhr Morgens erschallten plötzlich die Schreckensworte: „die Franzosen kommen!“ Furcht und Verwirrung verbreitete sich schnell durch die Stadt, alle Geschäfte strockten augenblicklich, man verrammelte Fenster und Thüren, und versteckte seine besten Sachen. Heulend und vor Furcht bleich, rannte das Volk in den Straßen durcheinander, und alle Fremde verließen eiligst die Stadt; auf dem Markte versammelte sich indeß die Garnison. Doch bald kehrte Ruhe und Ordnung zurück, da man die Ursache jenes blinden Lärms erfuhr. Eine Menge Pack- und Pontonknechte nämlich, welche, als sie in Gera von den Franzosen überfallen wurden, die Pferde von den Wagen abschnitten und entflohen, von einigen Bagagewagen, welche einem Füsilierbataillon zugehörten, gefolgt, kamen in größter Eile die Chaussee von Leipzig herunter gesprengt. Man hielt sie für die anrückenden Franzosen, daher der Aufruhr. Doch ging zugleich die bestimmte Nachricht ein, daß ein Französisches Streifkorps bis Zeitz gekommen sey, welches, wie man hinzusetzte, vom Fürsten Hohenlohe verfolgt, nicht wisse, wohin es sich retten solle.

Gegen Mittag langten eine Anzahl flüchtiger Sächsischer Infanteristen, welche sich mit Bauernpferden, um schneller fort zu kommen, beritten gemacht hatten, an. Überall wurden sie ihrer Flucht und Angst wegen vom Pöbel verspottet, selbst in Halle glaubten sie
sich noch nicht vor den Franzosen sicher, und einige setzten ihre Flucht jenseits der Stadt fort.

Auch Preußische Jäger zu Fuß mit der ihnen anvertrauten Bagage, langten von Leipzig her an. Nach dem verlornen Treffen bey Schlaiz erhielten sie Befehl, sich zurückzuziehen und waren so, beständig vom Feinde verfolgt, von ihrem Korps abgekommen.

Diese Jäger, die Reconvalescenten vom Lazarethe, das dritte Bataillon des Curassierregiments Quitzow und 100 Mann vom Depotbataillon des Regiments Renouard, nebst der Invalidenkompagnie dieses Regiments, besetzten, so gut es sich thun ließ, die Thore und andere Posten, und wollten den Feind erwarten; doch hielt man sie für zu schwach und fürchtete die Ankunft der Franzosen, bis man endlich gegen Mittag, aus dieser mißlichen Lage befreyt wurde.

Schon am 11ten October hatte der Herzog von Württemberg, wel-
cher die Reservearmee bei Magdeburg sammelte, Befehl erhalten, schleunigst nach Halle aufzubrechen, um diese Stadt zu decken, und in der Nähe der Hauptarmee zu seyn. Er brach auf, der Marsch der Truppen wurde durch Eilboten, welche die dringende Gefahr der Stadt meldeten beschleunigt. Gegen Mittag rückte die Leibcompagnie des Regiments Kalckreuth mit zwey Kanonen ein. Welch eine Freude; welch ein Jubel empfing sie! Man nahm sie als Erretter auf, man theilte Obst und andere Erfrischungen unter diese, vom Marsche erhitzten und abgematteten Krieger aus. Ohne Verzug rückten sie vor das Galgthor und besetzten dasselbe, um hier den Feind zu erwarten, der übrigens für heute nichts von sich hören, noch sehen ließ. Man athmete freyer, man ging wieder an seine Geschäfte und obgleich die Erwartung der Entwicklung der Dinge, manche Brust unruhiger hob, so glaubte man sich doch für diesen Augenblick und künftig gegen jeden Überfall, durch die nahe Ankunft der Reservearmee hinlänglich gesichert.

Am Nachmittage kamen einige Hallische Kaufleute von Leipzig an. Sie brachten die Nachricht mit, daß in vergangener Nacht ein kleines Detachement des Feindes in Leipzig gewesen wäre, gebrandschatzt, einige Pferde weggenommen habe, und gegen Morgen wieder ausgerückt sey. Das in der Stadt liegende zahlreiche Sächsische Militär sey vor der Ankunft der Franzosen ausmarschiert, die Stadt läge voll von Verwundeten und Flüchtlingen von den Affairen bey Schlaiz und Saalfeld; Prinz Louis sey geblieben.

Noch in der Nacht langten mehrere Bataillone vom Eugenschen Korps an, welche an diesem Tage einen Weg von 6-7 Meilen zurück gelegt hatten.