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Halle im October 1806

Anonym 1808

18. October

Früh am Tage rückten viele Truppen durch die Stadt, viele wurden einquartiert. Man trug jetzt Sorge für die Verpflegung der Lazarethe und der Durchmarschierenden, und räumte die Leichen aus den Straßen, welche indes vieler anderer Geschäfte halber, doch einige Tage liegen blieben. Auch wurden die Einwohner aufgefordert, bey schwerer Ahndung ungesäumt ihre Waffen auf das Rathaus abzuliefern.

Der Magistrat machte in Vereinigung mit der Universität dem Marschal Prinz v. Ponte-Corvo, dessen Korps die Stadt eroberte, seine Aufwartung, und wurde sehr gnädig von ihm aufgenommen. Er versprach, alles zu thun, um der Stadt das erlittene Unglück zu erleichtern, versprach auch der Universität und allen ihren öffentlichen Gebäuden seinen Schutz. An allen Thüren derselben wurden daher Sauvegarden geheftet; doch kam dies für den schönen akademischen Hörsaal, auf der Waage, zu spät, welchen man gleich nach dem Treffen zu einem Lazarethe bestimmt und deshalb alle Bänke und das Katheder zerschlagen und in den Hof gestürzt hatte. Doch unterblieb jetzt die Einrichtung zu einem Hospitale.

Da die Plünderung und die Misshandlung der Einwohner noch immer fortdauerte, so begab sich der Prinz in Gesellschaft mehrerer Generale auf den Markt, ließ von dem ersten aufmarschierenden Bataillon einen Kreis um sich schließen, und hielt einen nachdrückliche Rede an die Soldaten, in welcher er ihnen ihr Betragen gegen die Bürger verwies, und jeden mit dem Tode drohte, der seinem Befehle, Gut und Blut der Einwohner zu schonen, entgegenhandeln würde. Ein lautes Vivat der Soldaten war die Antwort auf die Rede. Bald darauf wurden gedruckte Zettel, welche den wesentlichen Inhalt in beyden Sprachen enthielten, ausgetheilt und von den Bürgern zu ihrer Sicherheit an die Hausthüren geheftet. Hierdurch wurde man endlich dreister und weniger furchtsam, wenn es auch nicht hinreichte mancher kleinen, in der Stille ausgeübten Gewaltthätigkeit zu steuern.