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Des Knaben Wunderhorn

Eine Liedersammlung von Joachim von Armin und Clemens von Brentano

Hochzeitlied auf Kaiser Leopoldus und Claudia Felix

Von Abele in seiner künstlichen Unordnung. Nürnberg 1675. V.T.S. 319.

    KAISER.
        Spring, spring mein liebstes Hirschelein,
        Bald wollen wir dich fällen
        Mit Pfeilen viel, in Wald hinein
        Will dir mein Lieb nachstellen,
        Kein Rast noch Ruh laß ich mir zu,
        Bis daß ich dich kann schießen;
        Spring Hirschlein fort auf ein schön Ort,
        Mein Rohr wird dich bald grüßen.

    CLAUDIA.
        Auf hohe Berg spring ich geschwind,
        Kein Wind soll mich ereilen,
        Den Pfeilen viel mein Lauf entrinnt,
        Wann ich verricht viel Meilen,
        Berg und Thäler sind mir zu klein,
        Alls kann ich überspringen,
        Gar hurtig sind die Läuflein mein,
        Die Stein von ihnen klingen.

    KAISER.
        Mein Rohr ich jezt mit Freuden spann,
        Wann will ich dich bald machen,
        Aufzogen ist aufs Rohr der Hahn,
        Das Pulver wird bald krachen,
        Mein must du seyn, ich dich nicht laß,
        Spring fort mit allen Vieren,
        Jezt schieß ich drein, du liegst im Gras,
        Du kannst nicht mehr stolziren.

    CLAUDIA.
        Verwund bin ich, kann fort nicht mehr,
        Jäger! Du hast mich troffen!
        Dein Kugel hat durchdrungen sehr,
        Mein Herz das stehet offen,
        Dein Kunst ich jezt genug erfahr,
        Aus ists mit meinem Springen,
        Ledig komm ich nicht aus Gefahr,
        Die Jäger mich umringen.

    SINGER.
        Fürcht dich nicht, Claudia Felix!
        Jäger zwar dich umringen,
        Annehmlich ist dein Augen Blitz,
        Kannst wacker herum springen.
        Der große Kaiser Leopold,
        Der will von allen Gefahren,
        Versichern dich, er ist dir hold,
        Dich schützen und bewahren.

        Spring, spring, spring keusches Hirschelein,
        Die Freiheit ist gefangen,
        Jäger auf süßes Mündelein,
        Gibt ein Kuß mit Verlangen,
        Du bist zwar über Berg und Thal,
        Mit hurtig Muth gesprungen,
        Gehört hat nun dein fröhlich Schall,
        Der Sprung ist jezt mißlungen.

        Das Hirschlein in geschwinder Eil,
        Lief über Berg und Hügel,
        Als wie ein abgeschoßner Pfeil,
        Bewaffnet mit Luftflügel,
        Der Jäger aber ist behend,
        Das Hirschlein ist gefallen,
        Dem schönen Wildpret er nachrennt,
        Sie ist zu seim Gefallen.

        Claudia noch in Jungfrau Stand,
        Man muste ihr nachschauen,
        Hat durchgejagt den Ufer-Sand,
        Und die begrünten Auen,
        Diana keusch ist mir nicht leid,
        Glückselig sey auf Erden,
        Verwechsle nun dein freies Kleid,
        Du sollst ein Mutter werden.

        Nur allein in deinem Lob Ruhm,
        Schau wie die Wälder grünen,
        Was mehrs zu deinem Eigenthum,
        Alls wünschet dir zu dienen,
        Du bist der Tugend heller Schein,
        Vor dir sich Himmel neiget,
        Leopold ist geschlossen ein,
        Dein treues Herz bezeiget.

        Von der gebundnen Wiesen Bahn
        Brechet Rosen, Narcissen,
        Daß sie sanft genug gehen kann,
        Streut zu ihren Füßen,
        Du bist ein rechtes Blumenlicht,
        Dein Lob soll nicht vergehen,
        Andacht ist bestrahlt, weichet nicht,
        So lang die Sternen stehen.

        Die Steine fühlen Liebes Kraft,
        Der Himmel hat verbunden,
        Daß selbe halten Schwägerschaft,
        Wechselt genüglich die Stunden,
        Luft und Erde schreien Glück zu!
        Liebt nun, ihr Liebste! liebet,
        Liebet und genießet der Ruh,
        Und euch niemals betrübet.

        Flora sticket ein Purpurkleid,
        Mit Veilchen und Narcissen,
        Selbsten die Götter sind erfreut,
        Vieh und Wild ist ausgerissen.
        Auch Gras und Kräuter sind verliebt,
        Die stumme Wasser-Schaaren,
        Schauet! wie alles sich noch giebt,
        Und in Lieb weis zu paaren.

        Mit ihrem übersüßen Thon,
        Die Wunder-Lerche singet,
        Zu Gott allein den Schöpfer an,
        Den hohen Luft durchdringet;
        Die Lieb sey bei euch immer neu,
        Lebet wohl beyde Herzen,
        Aus zweien, sodann komme drei,
        Dies verdient der Liebe Scherzen.

        Tausend Glück, fruchtbringende Strahl,
        Allda stetig Anschauen,
        Wünschet herzlich der Wiederschall,
        Und blumenreiche Auen,
        Grünet ihr Felder überall,
        Dies Wunsch-Lied muß ich singen,
        Die Nimph ist nun in Kaisers-Saal,
        Laß wacker Stimm erklingen.

        Schön rein ist der Kristallen-Bach,
        Liefland lieblich in Gründen,
        Und sich verfolgend nach und nach,
        Kann schlanke Wege finden,
        Und das smaragdengrüne Feld,
        Mit Blumenzier versetzet,
        Anlachet euch die schöne Welt,
        Herz und Augen ergötzet.

        Der dick belaubten Schatten-Zucht,
        Seyd begrüßet hohe Fohren;
        An wünsche ich allreife Frucht,
        Grünet lang ohn Verdorren;
        Ihr Fichten und du Erlen-Stamm,
        Die Bäum zum Leben dienen
        Gesichert seyd vor Feuers-Flamm,
        Blühet, fruchtet und grünet.

        Gelobet sey du Wald-Gebäu;
        Ihr hoch belaubte Eichen!
        Benetze sie mit Himmels-Thau,
        An Himmel sie schier reichen.
        Und der vergoldte Sonnen-Glanz,
        Will euch täglich anschauen,
        Umwindet er sein Strahlen-Kranz,
        Erfreuen sich die Auen.

        Höret ihr Hirschen, Gemsen, Reh,
        Hört ihr Vögel auf den Bäumen;
        Begrünet ist der Garten-Klee,
        Ihr sollt euch nicht lang säumen,
        Weil die Sonne nun heißer scheint,
        Die Feigen-Bäume lauben,
        Und der edle Reben-Saft weint,
        Höret die Turteltauben.

        Diana nun gieb her zum Tanz,
        Mit Veilchen und Narcissen,
        Dein unverwelkten Jungfrau-Kranz,
        Die Lieb hat alles zerrissen,
        Die Jag-Göttin in aller Eil,
        Hat glücklich abgeschossen,
        Leopold ihre Liebes-Pfeil,
        Hat mildentlich genossen.

        Es schweben die Vögel empor,
        Mit ihrem krausen Gezitzer
        Und bringen erstaunend hervor,
        Ihr flattrendes Gezwitzer,
        Es wimmelt der Fluth wallendes Heer,
        Den hohen Gott zu preißen,
        Erfüllet das schweifende Meer
        Muscheln zu fernen Reisen.

        Die Wurzel, Kräuter, Blumen, Fluhr,
        Sich überhäuft vermehren,
        Die zahm und wilde Thier-Natur,
        Hüpfet dem Gott zu Ehren,
        Uns Menschen kommt alles zu gut,
        Kein Freude kann uns trennen,
        Von Osten, Westen, Nord und Süd,
        Dein göttlich Kraft erkennen.

        Sobald der goldne Sonnen-Glanz
        An jener Himmels-Zinnen,
        Steht und blühet der Ehe-Kranz,
        So will er stetig grünen,
        Der Silberbach sich merklich gießt
        Mit überhäuften Quellen,
        Mit starkem Lispeln herumfließt,
        Er fängt sich an zu schwellen.

        Die Erd, Wasen und Luft sich paart,
        Und manches Thier zusammen,
        Vermenget sich die Blumen-Art,
        Tanzen und wünschen Amen.
        Vom Himmel ab der Perlen-Thau,
        Fällt süß auf falbe Matten,
        Befruchtet die frisch grüne Au,
        Die Bäume geben Schatten.

        O Wunder großer Leopold!
        Die hellen Aug-Kristallen,
        Sey mir lieb, leib und immer hold,
        Laß sie dir nie mißfallen,
        Vor deiner Gnaden hohem Thron,
        Genieß ich deine Strahlen,
        Von dir hab ich mein Hoffnungs-Kron
        In dein Gnad laß mich wallen.

        Es kräuselt und säuselt der Schall,
        Sein Stimme übersteigen,
        Es lispelt, wispelt Nachtigall
        Orgel, Lauten und Geigen,
        Singe wacker, Reuter zum Pferd,
        Vor dir muß alles schweigen,
        Großer Leopold, du bists werth;
        Vor dir wir uns thun neigen.

        Binken kann zwar der lustig Fink,
        Amsel, und Mistler psalliren,
        Aber überwunden der Zink,
        Jedes Geschöpf verspüren,
        Die göttlich Gnad sey immer neu,
        Laßt uns von Vögeln lehren,
        Mit euch aufwachse die Liebs-Treu,
        So Schöpfers Lob vermehren.

        Der Lenz, der bunte Blumen-Mann,
        Mit Saft und Kraft erfüllet,
        Ist längsten schon gekommen an,
        Den rauhen Nord gestillet,
        Es hat der Silber klare Bach,
        Den Harnisch ausgezogen,
        Es jagt die Flut, der Flute nach,
        Immen Honig gesogen.

        Steigt die Lerche (Oesterreich) wies Glück, wie viel mehr,
        Zu Claudia's Ergötzlichkeit,
        Sie bringt vom blauen Himmel her,
        Den Frühling, die Freude allezeit,
        Das Glück in sich wird vermehrt,
        So mehret auch die Liebe,
        Die schönste Welt ist dunkel und leer.
        Gute Nacht, braucht der Liebe!