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Die Mutter an ihr Erstgeborenes

Kämpfend zwischen Tod und Leben,
Hoch durchglüht von Zärtlichkeit,
Fühlt’ ich nie das Wonnebeben
Einer Mutter, so wie heut.

Als ich nach der Jammerstunde,
Holder Säugling, dich erblickt;
Als der Schrey aus deinem Munde
Mich zur Himmelslust entzückt:

O, da dacht’ ich nicht der Schmerzen,
Nicht der Wöchnerinn Gefahr:
Nur mit Liebetrunk’nem Herzen
Küsst’ ich den, den ich gebar,

Küsst’ ich dich, du Pfand der Treue!
Von dem heiss geliebten Mann,
Den ich jetzt durch dich aufs Neue
Mehr als jemahls liebgewann.

Kleine, süsse, theure Bürde! —
Ach, dem Glücke kommt nichts gleich
Das ich fühle — Mutterwürde,
Durch dich bin ich gross und reich!

Segen ström’ auf dich hernieder,
Den Gott seinem Liebling giebt.
Werde, wie dein Vater, bieder,
Und von aller Welt geliebt.

Und dein Engel wache, leite
Freundlich dich an seiner Hand,
Dass dein Fuss nie strauchelnd gleite
An des Abgrunds Blumenrand.

O, du lächelst! und ich fühle
Mich, als Seligste der Welt!
Jeder Wunsch ist jetzt am Ziele,
Weil mein Arm dich, Engel! hält.

Komm’ und trink’ an meinem Herzen
Neues Leben, neue Lust,
Holder Lohn der süss’sten Schmerzen!
Ruh’ an deiner Mutter Brust.

Voll von freudigem Entzücken
Sieht dein Vater stumm herab.
Dank spricht mir aus seinen Blicken
Für den Sohn, den ich ihm gab.

Schlummre jetzt, du süsser Knabe!
Sanft, auf meinem weichen Schoos.
O, für eines Kaisers Habe,
Tauscht’ ich nicht diess schöne Loos.