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Ich denke Dein.

(1792)

Ich denke dein, wenn sich im Blütenregen
    Der Frühling mahlt;
Und wenn des Sommers mild gereifter Seegen
     In Aehren stralt.

Ich denke dein, wenn sich das Weltmeer tönend
    Gen Himmel hebt,
Und vor der Wogen Wuth das Ufer stöhnend
    Zurückebebt.

Dein denk’ ich, wenn der junge Tag sich golden
    Der See enthebt,
An neugebornen zarten Blumendolden
    Der Frühthau schwebt.

Ich denke dein, wenn sich der Abend röthend
    Im Hain verliert,
Und Philomelens Klage leise flötend
     Die Seele rührt.

Dein denk’ ich, wenn im bunten Blätterkranze
    Der Herbst uns grüßt;
Dein, wenn, in seines Schneegewandes Glanze,
    Das Jahr sich schließt.

Am Hainquell, ach! im leichten Erlenschatten
    Winkt mir dein Bild!
Schnell ist der Wald, schnell sind die Blumenmatten
    Mit Glanz erfüllt.

Beim trüben Lampenschein, in bittern Leiden,
    Gedacht’ ich dein!
Die bange Seele flehte nah’ am Scheiden:
    »Gedenke mein!«

Ich denke dein, bis wehende Zypressen
    Mein Grab umziehn;
Und selbst in Lethe’s Strom soll unvergessen
    Dein Name blühn!