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Die Entdeckung der Aachner Quellen

»Dor Allem liebte Karl beim rüst'gen Jagen
Das Land zu scht,zen vor des,Wildes Wuth,
Das kam, die goldnen Saaten zu zernagen,
Und lechzte nach der jungen Baum« Blut.
Das Iagen ist, so pflegte Karl zu sagen,
Gar lustig Ding, das scheucht den bösen Muth,
Befreit von Müßiggang und eitlen Vorgen,
Und hält vor Unlust Seel' und Leib geborgen!

Und Boten lamen her vom Niederrheine,
Von Aquis Grams, jenen grünen Wiesen,
Wo wunderklar aus moosigem Gesteine
Durch Wald und Thal viel rege Quellen stießen,
Die muntern Heerden weideten im Haine,
Und da, wo Granus Burg der Thürme Riesen
Einst dräuend streckte über teutsche Fluren,
Wies eine Trümmer seiner Herrschaft Spuren.

Die Boten luden Karl dorthin zu kommen,
Weil rings das Wild des Landmanns Saat verheere;
Sein Herz erglühte, da er dies vernommen,
Er rüstet sich, griff nach Geschoß und Speere,
Hieß Weib und Kind und sein« Ritter kommen
Nach Frankenberg, das am beschilften Wehre,
m spiegelhellen See, auf lust'gen Matten,
Wie eine Blume stand im Waldesschatten.

Nunmehr begann ein rüstig Iagerleben,
Davon noch manche alte Kunde spricht,
Karl drang zum tiefsten Wald ein ohne Neben,
Scheut Ebers Zahn und Wolfes Rachen nicht;
Er sprach: »Sie müssen alle sich ergeben,
Weil ja mein Arm nur kämpft für Recht und Licht,
Dürft' ich den Höllenteufel selbst bekriegen,
Den Heidenwahn, wie sollt' ich hier nicht siegen?

Denn grimmer lann nicht Ebers Jahn verwunden,
Als wilder Wahn zerfleischt des Menschen Brust,
Und gieriger ward nie ein Wolf erfunden,
Als die der Hölle Schlund ist, böse luft;
Die Menschheit muß in Christi Blut gesunden,
Das ward durch mich gar manchem Land bewußt,
Da fraß das Heidenthum des Höchsten Saaten
Wie hier im Feld die wilden Thiere thaten.«

So sprach der König, und verfolgt' im Fluge
Den wilden Ur tief in des Waldes Schoß,
Fern weggelockt von seinem Jägerzuge,
Auf eine Ebne, wo durch falbes Moos
Ein Bächlein rinnt und rauscht mit holdem Truge,
Hier traf das müde Wild des Todes Loos:
Den Pfeil im Nacken sah es Karol sinken,
Sein lechzend Roß wollt' aus dem Bache trinken.

Trink jezt noch nicht, sprach Karl, und streicht den Rücken
Dem treuen Roß, das wendet sich zum Gruß
Zum guten Herrn, will ihm ins Auge blicken,
Und vorwärts sezt es in den Nach den Fuß;
Schnell zieht es ihn zurück, mit Schrein und Zücken
Sinkt's in die Knie, daß Karl hinunter muß,
Und streckt die Hand zum Bache, um zu sehen,
Was seinem Rosse von der Fluth geschehen.

Da dampft der goldne Bach ihm heiß entgegen,
Herzstärkend hob sich braus ein würz'ger Hauch;
Ei! rief der König, sieh den Gottessegen,
Natur kocht diese Fluth zum guten Brauch!
Welch edler Fund! vielleicht auf diesen Wegen
Find ich bachaufwarts seine Quelle auch,
Sieh doch, wie am Gestein krystallisch sprießen
Die Strahlen weiß und gelb, wo Tropfen fließen.

Das sind mir goldne Blunien nicht zu zahlen,
Und weiße Sterne, mehr als Silber werth,
Wie zierlich wüßt' Natur sie auszumalen,
Doch schien's, als hätte sie kein Lob begehrt,
Da sie die Arbeit barg in' diesen Thalen,
Wo niemand sie entdeckt, war's nicht mein Pferd;
Doch nein, der Zufall dient zu Gottes Zwecken,
Zu rechter Zeit muß Alles sich entdecken.

So redend führt das Roß der König weiter,
Den Bach entlang, bergan ging stets der Pfad,
Und mehr und mehr erschien die Waldau heiter,
Bis Karl sich einer nieder« Klippe naht,
Aus deren Schlucht der Quell durch Gras und Kräuter
Mit Sprudeln stürzet, wie ein schäumend Rad,
Die Sterne blickten hell in seine Tiefe,
Als wüßten sie, welch eine Kraft da schliefe.

Unweit davon, aus dunkler Kluft entsprungen,
Mit Gold und Blau umkränzt von Lenzes Hand,
Quillt noch ein Bach, fern durch das Thal geschlungen,
Der streut voll Perlen seinen Blumenranl;
Die Nöglein ihre muntern Lieder sungen,
Allwo die Kühlung holde Freistatt sand,
Und spiegelnd schwankten in der Fluthen Scheine
Der Granushalle moosbedeckte Steine.

Der kühle Silberbach, die goldnen Fluthen
Des Schwefelquells, verbrüdert auf der Flur,
Krystallblum hier, Violen dort an Fluthen,
Des stolzen Heidenthumes schwache Spur,
Di« Kräfte, so in beiden Quellen ruhten,
Und diese Huld, die Karol heut' erfuhr,
Die Sternenwelt, in süßer Pracht erblühend,
Das Alles drang in seine Seele glühend.

Und kniend sank er nieder an der Quelle,
Und hoc sein Herz zu Gott bei Sternenschein,
Und schwur, er wolle diese Wunderstelle,
Zum liebsten Wohnsiz und zur Gruft sich weihn l
Ein Münster solle stehn am Rand der Quelle,
Die Königsburg beim Gotteshaus« sein.
Er sah im Geist die Waldung licht und eben,
Kapell' und Pfalz und Haus an Haus sich heben.

O schöne Zeit des Strebens und des Ringens,
O Himmelsgluth in eines Menschen Brust!
O Seligkeit des Schaffens, des Gelingens !
Wem wurdest süßer du, als ihm bewußt,
Dem hohen Karl, und welche Lieder singen's,
Was er vollbracht zu Gottes Ehr' und Lust?,
Noch blüht sein Werk, und Stein und Quellen sagen
Von seinem Ruhm, von jenen Wundertagcn.

Bald brachte Karl ins Werk, was er ersonnen,
Die Quellen perlten hell in Marmorstein,
Zu labungreichen Bades Heil und Wonnen,
Durch Röhren fielen kunstreich sie hinein,
Von oben drang der Strahl der heitern Sonnen
Durch Gäulenhallen wol mit mildem Schein,
Die waren von Gebüschen rings umfangen,
In deren Schatten muntre Vöglein sangen.

Das Münster gründet Karl mit Pracht daneben,
Auch s« die Pfalz nach wohlerwognem Plan,
Denn was auf Hof und Gangen sich begeben,
Von feinen Zimmern aus die Augen sahn;
Des Hausherrn Aug' ist ja des Hauses Leben,-
Zum Würmlein selbst blickt Sonn' auf ihrer Bahn,
Wo Sonn' und Liebe hin mit Blicken dringen,
Muß Nacht entfliehn, und Alle« wohl gelingen.

Wo Karl noch je verweilt auf seinen Zügen,
Bracht' er die alte Treu nach Aachen heim,
Hier war sein Herz, sein Leben, sein Vergnügen,
Hier pflegt er einsam seiner Thaten Keim,
Am Quellenrande, wo mit vollen Zügen
Di« Biene sog aus Blumen Honigseim,
Ein neuer Gast auf diesen grünen Matten,
Den si« dem König nur zu danken hatten.