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Eulogius Schneider's ehemaligen Professors in Bonn etc. Schicksale in Frankreich.

von Christoph Friedrich Cotta

45.

Schneider schrieb auf seiner Reise nach Paris von Dormans, aus an seine Frau, - Schwester und noch an einige seiner Bekannten.

Nun erschien auch der Inhalt der Verbrechen Schneiders gedruckt, mit der unterschrift Fiessé, welcher als Schreiber im Departemente der Verfasser dieser äusserst leidenschaftlichen und halbrichtigen Angaben war. Robespierre sprach bald darauf in einem Rapport ebenfalls von Schneidern, den er mit dem Namen Caligula belegte, der die Mädchen und Weiber für seine Lüste in Requisition gesetzt habe etc. etc. Schneider schrieb nun einen Brief an ihn, ließ ihn drucken und in Paris austheilen. Dieser Schritt von einem Gefangenen machte großes Aufsehen. Schneider sucht in demselben alle ihm von Robespierre gemachten Vorwürfe zu zernichten, und schloß am Ende damit, daß er die nämliche Gerechtigkeit verlange, die man ihm (Robespierre) damals widerfahren ließ, als man ihn als einen der Theilnehmer und Anstifter der Mordthaten vom 2ten September 1792 angeklagt hatte.

Zu Strasbrg fanden seine Feinde für nöthig, auch auf diesen Brief zu antworten. Saint-Just hatte ihnen das unter dem Fuß gegeben, weil er an Robespierre bemerkte, daß Schneiders Brief günstige Gesinnungen für den Verfasser bei ihm bewirkt hatten. Die sämtlichen wahren und falschen Verbrechen Schneider wurden also bekannt gemacht, und daß sie wahr seyen, auch gedruckt von seinen Klägern, den Departements- und Distriktsgliedern unterzeichnet. Freilich war das eine ganz neue Form zu klagen und zu beweisen; aber gegen Schneider war das schon hinlänglich. Unter den ihm aufgebürdeten Verbrechen war auch das, daß er mit Dietrich in geheimer Verbindung gestanden, und also offenbar wie Dietrich ein Verräther sey. Schneider anderweitige Feinde und Anhänger Dietrichs, mußten sich selbst über die Schamlosigkeit socher Leute ärgern, die im Angesichte von Strasburgs Bürgern so etwas behaupten und bekannt machen konnten.

Es läßt sich denken, wie viel Mühe man sich gab, auf Schneider eine recht große Menge der unmenschlichsten Verbrechen zusammen zu finden. Dreimal begab sich Moucheat in seine Wohnung, und dreimal eröffnete er die auf seine Papiere und Mobilien gelegten Siegel,um noch nehr Verbrechen oder Spuren davon aufzuspüren. Nie war Jemand dabei gegenwärtig, als er dies that. Es stund ihm und seinen Genossen also ganz frei, in Schneider Schriften zu finden, was ihnen beliebte. – Man wollte z.B. in dem Keller endlich große Summen Geldes gefunden haben, die ihm von niemand als den Feinden Frankreichs zugeschickt worden wären,um das Land ihnen in die Hände zu spielen. Man muß sich die Wuth und ängstliche Geschäftigkeit vorstellen, die sie Tag und Naht peinigte, um Schneider aus der Welt zu wissen. Es lag, das konnten sie leicht ermessen, alles daran, daß er nicht wieder vom Falle aufstehe. Und eben so gut wußten sie, daß auch er alles anwenden werde, sich von dem ihm bereiteten Sturze wieder zu erheben und sich frei zu machen. Sie wußten, daß er in sich selbst Mittel genug habe,m ein ganzes Heer solcher Feinde, wie sie waren, mit leichter Mühe aus dem Felde zu schlagen. Sie hatten hierin die leidige Erfahrung zur Hand, und wußten nur gar zu gut, wie viel Schrecken und neue Verzweiflungsvolle Wuth der Brief ihnen verursacht hatte, den Schneider aus der Abteil an Robespierre geschrieben, und welcher überall so großes Aufsehen, und bei Robespierre sebst einen ihnen nachtheiligen Eindruck gemacht hatte. Wie geschäftig sie nicht damals waren; alle Segenden auf den Lande liefen voll gedungene Leute, die sich bei allen denen, die Schneider je gekränkt oder gestraft haben mochte, um Nachrichten erkundigen mußten, die Schneider zum Nachtheile könnten angewendt werden.

So viel Mühe kostete es einen Haufen Elender, einen beinahe schon aus der Reihe der übrigen Menschen ausgestossenen Mann vollends zu Grunde zu richten, damit sie doch endlich des so peinigenden Gefühls los würden, welches seiner Existenz, die ihnen beständige Furcht einjagte, immer noch lebhaft genug in ihnen unterhielt. Schneider war ferne von seinen vielen Feinden, war allein, und doch war er ihnen allen immer noch ein Gegenstand des Schreckens; er, der kaum mehr unter die Lebenden zu zählen war. - -

Die Municipalität zu Strasburg, der man die vom Departement und District unterzeichnete Schrift gegen Schneidern ebenfalls zum unterschreiben und attestiren vorlegte, schlug es rund ab, und einige von ihnen sagten den Herren Departements- und Districtsgliedern gerade zu: daß so eine Procedur keineswegs erlaubt und ehrlich sey. Aber jene lachten darüber.

Schneider antwortete auchdarauf, und schickte die Abschrift nach Strasburg an seine Freunde, damit sie gedruckt würde. Allein niemand getraute sich, sie zu drucken, so wichtig auch die Schrift selbst gewesen seyn mögte. Das war damalige Denk- und Preßfreiheit in Frankreich. Noch ist sie nicht viel besser. –