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Das System der Rechtslehre

von Johann Gottfried Fichte.

Drittes Kapitel

Erster Abschnitt

Anwendung des Gesagten auf das Besondere

Lassen Sie uns jetzt den Eigentumsvertrag durchaus anwenden auf eine allgemeine gedachte Verbindung zum Rechte. Wir kommen darauf nicht wieder, und handeln ihn dadurch ab. Der Zweck dieser Untersuchung ist, die Grundlage zu geben zu aller möglichen bürgerlichen Gesetzgebung über Mein und Dein.

1) Freiheit ist es, um welche der Vertrag geschlossen worden ist. Alles was wir übernehmen, übernehmen wir um der Freiheit willen, also das absolute Eigentum Aller ist freie Muße zu beliebigen Zwecken, nachdem sie die Arbeit, welche die Erhaltung ihrer selbst und des Staates von ihnen fordert, vollendet haben. Nur insofern hat Jeder Eigentum und Recht, inwiefern ihm dieses zugestanden wird. Fassen Sie diese Idee so zusammen. Alle, als Summe zusammengefasst, (diejenigen, welche den Staat verwalten, abgerechnet), haben die absolut notwendige Aufgabe, immerfort sich selbst im Einzelnen und Ganzen zu erhalten. Alle, sage ich nicht etwa Jeder für sich: Alle gemeinschaftlich, müssen immerfort für die Erhaltung eines Jeden, der im Bürgervertrage mit eingeschlossen ist, stehen; Alle auf dieselbe Weise, nach denselben Rücksichten; darum zu gleichen Teilen. Diese Masse von Arbeit muss vollendet werden; denn nur unter dieser Bedingung ist ein Rechtsverein, und hat ein Jeder sein Recht.

In diesen Arbeiten soll nun aber nicht aufgehen ihre ganze Zeit und Kraft: außerdem hätten sie kein Recht, denn sie hätten keine höhere Freiheit. Es muss darum in der Staatsverfassung bestimmt sein: von der Zeit und Kraft des Ganzen der arbeitenden Stände geht so viel auf den Staatszweck, dieser aliquote Teil der ganzen Kraft: und so viel bleibt übrig.

2) Dieses Verhältnis der Arbeit des Ganzen zu seiner Muße kann in verschiedenen Staaten sehr verschieden sein. Den Ackerbau vorausgesetzt als die eigentliche Grundbeschäftigung; wird ein unergiebiger Boden mehr Bearbeitung erfordern, als ein ergiebiger. So erspart die Arbeit fremde Kraft der Tiere, Zweckmäßigkeit der Maschinen, Vorrat von allerlei Bedürfnissen, damit man sich immer die beste Zeit für die Bearbeitung aussuchen könne.

Dieses so angegebene Verhältnis bestimmt dasjenige, was man meint, wenn man von National-Vermögen, Armut oder Reichtum gesprochen hat; oder auch von Staatsvermögen und Staatskraft. Der Unterschied, den man da hat machen wollen, ist heillos, und gründet sich auf die Unkunde des Staates. Es gibt keine Gemeinschaft außer im Staate, und durch den Staat. Sie denken sich den Staat nur als einen Despoten, oder denken ihn wenigstens nur als berechtigte Zwangsgewalt, nicht zugleich als verpflichtete, befreiende Gewalt. (Darüber ex professo zu seiner Zeit).

Dass ich dieses Verhältnisses hier erwähnen muss, ist klar. Ich will über die Regeln sprechen der Verteilung an die Einzelnen, aber da muss ich das zu teilende Ganze kennen. Dieses ist nun das Eigentum des Ganzen, d.i. die Muße, die Allen nach vollbrachter Arbeit bleibt. (Dass das Eigentum bisher nicht so bestimmt worden ist, beweist nur, dass sie nicht aus der Tiefe des Begriffs ausgingen, sondern oberflächlich von der Erscheinung abschöpften).

Je weniger Muße die durch den Staatzweck geforderte Arbeit übrig lässt, desto ärmer, je mehr Muße sie übrig lässt, desto vermögender ist das Ganze. Jeder hat als Teil der Muße 6/7 5/7 4/7 u.s.f.

3) Der durch den Staat gesicherte Endzweck aller Verbindung der Menschen zum Rechte ist Freiheit, d.i. zuvörderst Muße. Diese ist also der eigentliche Zweck, und die Arbeit nur das aufgedrungene Mittel. Es gehört zur Freiheit, das Mittel immerfort zu verringern, versteht sich jedoch also, dass der Endzweck erreicht werde: also es ist ein Zweck des Staates, das Verhältnis der Arbeit des Ganzen zu seiner Muße immerfort günstiger zu machen, d.h. den Nationalreichtum zu vermehren.

4) Welche noch andern Pflichten dadurch dem Staate obliegen, davon zu seiner Zeit: hier nur die Eine hierher gehörige Betrachtung. Erfahrungssatz. Es wird Arbeit erspart, wenn die verschiedenen Zweige derselben verteilt werden: wenn Jeder es zur Übung und Fertigkeit in Einer bringt; Jeder nur das ausschließend treibt, was er gelernt hat; so ergibt sich aus weniger Arbeit und Anstrengung der Einzelnen ein größeres Resultat von Produkten der Arbeit für das Ganze. Es wird also Muße gewonnen.

Da nun der Staat schlechthin verbunden ist, Muße für Freiheit und Bildung herbeizuschaffen; und da sich wenigstens für den Arbeiter kaum ein anderes Mittel der künstlich und durch Berechnung herbeigeführten Muße denken lässt, als diese Verteilung; so kann man wohl sagen, dass der Staat verbunden sei, diese Verteilung der Zweige der durch den Staatszweck aufgegebenen Arbeit einzuführen.

Nach dieser Ansicht würde in einem vernunftgemäßen Staate nach Maßgabe der Teilung der gemeinsamen Arbeit, die arbeitende Klasse überhaupt, (d.i. Jeder, der nicht zu den Staatsbeamten gehört), zerfallen in verschiedene arbeitende Stände, welche durch die Teilung ausschließende Eigentumsrechte bekommen. Wir werden einsehen können, wie diese Verhältnisse nach dem Rechte zu ordnen seien, und so das Zivilgesetz von einem höheren Standpunkte aus umfassen können.

Unsere Aufgabe ist also: die gemeinsame Arbeit für den Zweck des Staates nach ihren Einteilungsgründen für besondere arbeitende Stände zu erfassen.

Der Grundzweck aller Arbeit, fanden wir, ist die Selbsterhaltung, und zwar die physische, eben von Menschen; (auch der Staatsbeamten; sie müssen leben und sich ernähren ohne eigene Arbeit für die Ernährung).

Der Mensch ernährt sich von organisierter Materie aus dem Pflanzen- und Tierreiche (Angewandtes Naturrecht S.35.).

Es ist zu erwarten, dass, wenn durch Kunst und nach einem freien Begriffe sich mehrere Menschen in einem Raume zusammendrängen, als die sich selbst überlassene Natur auf demselben zusammengebracht haben würde, diese sich selbst überlassene Natur sie auch nicht nähren würde; dass also die Organisation gleichfalls unter die begriffsmäßige Kunst gebracht werden müsse. (Ebend. S.36.).

So wird es also zuvörderst bedürfen der Beförderung der Vegetation mit Kunst und Berechnung derselben auf unsere Zwecke. Die Natur erzeugt die Pflanzen durch einander, wir werden sie absondern müssen. Sie hält ein Gleichgewicht unter den hervorgebrachten, wir werden das Nährendere, leichter Aufzubewahrende, Nützlichere vorziehen, das anderen unterdrückend. So entsteht der Ackerbau.

Also, dass der Boden uns Nahrung liefere, ist die Bedingung ohne welche nicht. Auch Fleisch bedürfen wir; aber dieses Fleisch kommt zuletzt wieder aus dem Pflanzenreiche, das vielleicht auch für die Viehzucht einer besonderen Fürsorge bedarf, weshalb die Viehzucht recht füglich mit dem Ackerbau vereinigt werden sollte.

Der Ackerbau bleibt darum immer die erste und die Grundarbeit, und die Bedingung aller anderen. Dieser Stand ist der erste Stand. - Ich will die streng rechtliche Bestimmung gleich an die Spitze stellen. Der Staat garantiert immerfort allen seinen Bürgern ihre physische Erhaltung als ihr Recht, also das Vorhandensein der nötigen Nahrungsmittel.

Inwiefern nun in einem bestimmten Staate diese Nahrungsmittel lediglich durch den Ackerbau gewonnen werden, garantiert der Staat, dass der Ackerbau stets in dem Zustande sei, um diese Nahrungsmittel zu liefern.

Der Staat hat darum das Zwangsrecht auf Jeden, dass er sich dieser ersten der Staatsarbeiten widme, falls er seiner Hände dazu bedarf; und es haben nicht Mehrere das Recht, auf andere Zweige der Arbeit sich zu legen, als ihrer von jener Grundarbeit erspart werden. Des Gebotes: du sollst arbeiten, erste Bedeutung in einem ackerbauenden Staate ist die: du sollst den Acker bauen. Etwas Anderes bedeutet es nur, inwiefern jenes Gebot zessiert.

Die Organisation schreitet in einer Zeitdauer fort nach gewissen Gesetzen, in deren Ausübung die Natur nicht gestört werden darf. Es ist daher für die Erreichung des beabsichtigten Zweckes schlechthin notwendig, dass in jedem gepflegten Teile des Pflanzenreichs alles so bleibe, wie der Pfleger desselben es erkannt hat, indem er in seinem weitern Verfahren darauf rechnen muss; dass ihm sonach der Boden, auf welchem er baut, ausschließend zugestanden werde für diesen Gebrauch des Anbaus. -