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Das System der Rechtslehre

von Johann Gottfried Fichte.

Zweiter Teil

Drittes Kapitel

Erster Abschnitt

[Der Kaufmann]

Durch die Verteilung der gesamten Arbeit, durch welche Muße gewonnen werden sollte, ist den gesamten Bürgern eine neue Last erwachsen; das, was Jeder bedarf, ist bei den Produzenten, und bei den verschiedenen Arten der Künstler zerstreut; Jeder hat bei sich nur das, was er selbst erbaut, oder aufsucht, oder fabriziert; dies ist aber nach der Verteilung nur ein kleines Ingrediens des gesamten Bedarfs. (Der Staatsbeamte vollends hat gar Nichts). Jeder mag darum auf der Oberfläche des Staates herumsuchen, und sehen, ob er einig wird, ein Äquivalent findet u.s.f.

Dieses ist nur dadurch zu heben: es muss ein dritter Stand errichtet werden, der den Austausch besorgt. Wir wollen gleich den strengen Begriff desselben aufstellen. Es wird gefordert ein Stand, wo für Jeden kundig das gesamte Produkt der Staatsarbeit nach allen seinen Teilen wieder beisammen gefunden wird. Sein Zweck ist die Vereinigung der durch die Verteilung der Arbeitszweige entstandenen Zerstreuung. Dies ist der Kaufmannsstand. Lassen Sie uns die schon bekannten Begriffe auf denselben anwenden.

1) Der Umfang desselben ist gesetzt durch den Umfang des notwendigen Tausches. Je mehr Vereinzelung der Produktengewinnung, desto höher steigt die Bearbeitung des rohen Produktes; darum wird auch der Umfang des Kaufmannsstandes größer. Er steht also im Verhältnis zur Verteilung der Arbeit: je weiter die Verteilung sich erstreckt, desto größer wird der Kaufmannsstand; je geringer dagegen, desto kleiner wird er. Auch versteht sich, dass für ihn, da er ja von den Produkten lebt, von der Nahrung der Produzenten so viel übrig bleiben müsse, dass er mit den Verarbeitern davon leben könne. Sein Umfang fällt also der Berechnung des Staates anheim, und Niemand darf ohne Erlaubnis des Staates sich diesem Stande widmen.

2) Der Austausch ist sein ausschließendes Eigentum. Er hat ein Recht, ihn allein zu besorgen. Alle, die verkaufen, müssen darum verbunden werden, an ihn zu verkaufen: die kaufen, bei ihm zu kaufen. Doch ist dagegen er verbunden, zu kaufen und zu verkaufen zu jeder Stunde.

Doch ist dieses ausschließende Recht des Tausches bedingt durch das Grundgesetz der Zeitersparnis; wo dieser Zweck nicht Statt findet, da fällt seine Zwischenkunft weg, und der Erbauer oder Fabrikant kann selbst tauschen; der Kaufmannsstand hat sich darüber nicht zu beklagen; denn für diesen Teil des Austausches ist er nicht angestellt, es ist in seiner Berechnung darauf gar nicht mitgezählt. Durch einen Anspruch darauf griffe er selbst über den Umkreis seiner Rechte hinaus. Aber daraus folgt, dass durch ein Gesetz genau bestimmt sein müsse, inwiefern der Umtausch durch den ersten Besitzer, oder inwiefern er durch die Dazwischenkunft des Handelsmannes besorgt werden solle. Der bei dieser Bestimmung leitende Grundsatz ist: Zeitersparnis im Großen und Ganzen, Kraftgewinnung.

Der erste Teil des Handels ist der Getreidehandel, oder der Viktualienhandel überhaupt; man gibt gewöhnlich als den Grund desselben an, damit es recht wohlfeil werden solle: das kommt daher, weil man des Bauern Zeit nicht schätzet. Dieser muss sein, denn sonst ist allenthalben Verlust; wenn es durch Einen getrieben werden könnte, würde es nicht durch Viele getrieben werden müssen, und was in weniger Zeit geschehen könnte, würde längerer Zeit bedürfen. Bei gewissen Fabrikaten, Gold- und Silberarbeiten, möchte es zweckmäßig sein.

3) Der Kaufmann muss von seinem Handel leben können, und muss darum zu teureren Preisen verkaufen, als er einkauft; der ihm gebührende Anteil von Allem bleibt in seinem Hause, zu seinem eigenen Gebrauche. Wie der Preis zu bestimmen sei, erfordert eine tiefere Untersuchung über den Werth aller Dinge; wovon später.

4) So verhält es sich mit dem Kaufmannsstand, im Großen und Ganzen. Dass nun der Handel verteilt werden könne, teils nach den Artikeln, teils nach den Orten, versteht sich.

Die Verteilung muss nach dem Grundsatz der zu erlangenden Kenntnis, wie dieselbe am Besten sein werde, durch ein Gesetz des Staates geschehen; da derselbe ja einem Jeden garantieren muss, und für die Menge einer jeden Klasse stehen muss. Eben so fällt auch dem Staate die Prüfung anheim.

In jedem Umkreise, wo ein Kaufmann mit gewissen Waren bestehen kann, soll er sein. Denn Jeder hat das Recht, die Ware, die er bedarf, so sehr in seiner Nähe zu beziehen, als die Lage des Ganzen es gestattet. Es darf also nicht aller Handel zusammengedrängt werden.

Also der Staat muss bestimmte, das allseitige Recht über diesen Gegenstand bestimmende Handelsgesetze haben, als einen notwendigen Bestandteil der Zivil-Gesetzgebung über das Mein und Dein. -