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Das System der Rechtslehre

von Johann Gottfried Fichte.

Zweiter Teil

Drittes Kapitel

Erster Abschnitt

[Wohlstand des Staates und Abgaben]

Hier ist der Ort, auf eine leichte Weise den gestern versprochenen Beweis zu führen, dass in derselben Verfassung, ungeachtet nur der Landbauer unmittelbar Abgaben gibt, dennoch alle Bürger auf die gleiche Art mittelbar dieselben leisten. Die Abgabe ist nämlich eigentlich ein Abzug vom Überschusse der gemeinsamen Arbeit, und da durch die Bestimmung des gegenseitigen Wertes der Überschuss gleich verteilt wird, so wird auch der geschehene Abzug gleich verteilt, d.i. Jeder bekommt nur seinen Teil weniger. Die Summe der Fabrikate ist immer wert den von der eignen Verzehrung des Landbauern und der Staatsdiener übrig bleibenden Rest der Nahrungsmittel. Nähmen nun die Staatsdiener gar keine Abgaben, so wären die Fabrikate wert noch das mit, was die Staatsdiener nehmen, was sie sodann mit dem Stande der Landbauern um der Gerechtigkeit willen teilen müssten. Dies ist ganz klar. In unsrem Beispiele: statt des Hundert der 200 übrig bleibenden Portionen wären die Fabrikate dieses Ganzen 200 wert; nur müssten 50 von dem zweiten Hundert Portionen dem Landbauer bleiben, der weniger zu arbeiten hätte; (dies als das Einfachste indessen angenommen); kurz, dem Fabrikanten wäre was 2 wert ist 3 wert, und dem Landbauer, der nicht mehr so viel gearbeitet hätte, wäre seine Arbeit eben so viel mehr wert. Sie teilten sich zu gleichen Teilen in der ersparten Abgabe, sie teilen sich jetzt zu gleichen Teilen in den Verlust, und dieses mit der strengsten Genauigkeit, indem die allgemeine Gleichheit des Gewinns an Ruhe der Grundmaßstab der Berechnung ist. So also teilen den Gewinn der Landbauer und der Fabrikant. Der Staatsdiener gibt keine Abgaben; er nimmt nur weniger für seine Person, und trägt so seinen Anteil. Vermehrt sich der Wohlstand des Staates, so wird ohne Zweifel auch er für seine Person Teil daran nehmen müssen; es wird auf seine Besoldung um so viel mehr, als sein Teil davon beträgt, gerechnet, sonach die Abgaben erhöht, welches bei dem erhöhten Wohlstande Aller denn auch recht gut möglich ist. Sie können Alle mehr geben, und dennoch mehr behalten, weil die Natur mehr gibt.

In einem Staate, in welchem Allen der Wert ihrer Arbeit verbürgt, und das erste Lebensmittel zum Grundmaßstabe angenommen ist, kann es nicht nur so sein, sondern muss es so sein, denn das erste Lebensmittel ist eben der Grundmaßstab, nach ihm muss der National-Wohlstand berechnet, von ihm darum der Abzug gemacht werden: denn die Abgabe ist ein Abzug von dem Ertrage des Nationalwohlstandes, der nur eben nicht verteilt wird. Dies ist die einfachste Weise, dieselbe anzusehen, und sich in allen Rücksichten über sie zu orientieren. Die Ansichten, die unsere gewöhnlichen Staaten darüber nehmen, (Alle die Abgaben tragen zu lassen, sie zu verstecken in Akzise, auch die Staatsdiener dieselben geben zu lassen), die von solch einem Standpunkte aus ganz unbegreiflich sind, haben dennoch ihren guten Grund in einer Quelle, die wir tiefer unten berühren werden.