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Das System der Rechtslehre

von Johann Gottfried Fichte.

Zweiter Teil

Drittes Kapitel

Erster Abschnitt

Grunderfordernisse des Geldes.

1) Das Zeichen selbst muss so wenig Wert als möglich haben in Hinsicht seines Materials; denn sonst geht dem Staate Etwas verloren, es ist noch, indem es Zeichen ist, zugleich Ware. Was für Heilloses daraus entsteht, davon tiefer unten.

2) Die Bereitung desselben muss nicht viel kosten; denn die Kosten desselben sind als Abgaben einzutreiben.

3) Wenn es irgend möglich ist, muss es gar nicht nachzumachen sein. Der Nachmacher bemächtigt sich der Arbeit Andrer ohne Äquivalent; dies ist Benachtheilung des Nationalreichtums, und teils Verbrechen, teils allgemein schädlich; doch ist die Versuchung groß.

Papier- oder Ledergeld ist sonach, wenn das Nachmachen desselben durch die Privatpersonen nur verhindert werden kann, das zweckmäßigste Geld für einen isolierten Staat, weil der Wert der Materie gar Nichts sagen will gegen den künstlichen Wert.

Da erschrickt man aber; und mit Recht in unsren Verfassungen. Die Gründe davon tiefer unten. In der hier vorgezeichneten Staatsverfassung fällt alles das zu Befürchtende weg.

Also, ein solches Zeichen heißt z.B. ein Scheffel Korn, und für dieses ist in jedem Augenblicke der wirkliche Scheffel Korn auszutauschen, falls nirgends anders, ganz gewiss bei dem nächsten Staatsmagazine; da wird der Landbauer, falls er sein Korn los sein will, es wohl auch dafür geben müssen.

Eben dafür muss man auch alles Andre haben können, was in der Preisanzeige des Staates diesem oder einem aliquoten Teile desselben gleich gesetzt ist in jedem Augenblicke in den durch den Staat dazu veranstalteten Warenlagern. Dieses Zeichen nimmt der Staat, der die Abgaben in Scheffeln Korn ausschreibt, als Überschuss dessen, was er nicht als Naturallieferung ausgeschrieben. Mit demselben besoldet er alle seine Staatsdiener und bestreitet alle seine Ausgaben. Es kann hier gar keine Frage sein, ob es gilt, da der Staat, welcher der größte Handelsmann ist, und die größten Forderungen hat, es nimmt, und er allein nimmt, und nichts Andres; denn dies ist die stillschweigende Voraussetzung, indem grade darin der Vorzug des Zeichens besteht, dass es stets für Alles gilt, und dass Jeder es nimmt.

Die an die gewöhnlichen Voraussetzungen Gewöhnten sagen: der Staat wird ein solches Geld, in Rücksicht dessen er auf keine Weise gebunden ist, ins Unendliche vermehren; dadurch wird es seinen Wert verlieren. Sie haben Recht in der gewöhnlichen Voraussetzung: es haben Staaten dies getan; und daher der Schrecken, wenn man vom Papiergeld hört, daher der Ruhm Frankreichs u.s.w.

Ich erwidere auf alles dieses: der Staat, den wir bis jetzt beschrieben haben, kann dies nicht wollen; er würde dadurch sich selbst vernichten; er würde die Ordnung aufheben, und sich alle die Not der Unordnung auf den Hals zu ziehen.

Wie viel soll Geld also sein? So viel, dass das Zeichen gleich ist dem Bezeichneten? So viel Scheffel Korn die Ernte im Durchschnitte liefert, so viel und nicht mehr noch weniger Scheffel Korn sollen sich im Umlaufe befinden. Nicht weniger; denn der Strenge nach könnte der nicht repräsentierte Scheffel nicht gekauft werden. Doch dieses könnte durch schnellen Umlauf gedeckt sein. Nicht mehr; denn das Zeichen, das darüber ist, repräsentiert Nichts, und wer es macht, sei es der Staat, oder ein Andrer, ist ein Falschmünzer. Dieses Zeichen für den Scheffel Korn wird nun im Laufe sich verwandeln in ein Zeichen für Fleisch und Fisch, in Erbsen und Kohl, in Tuch und Leinwand, in Ziegel und Kalk u.s.f., bis es seinen Umlauf durch alle Gestalten des Wertes, und die ihm vorgeschriebenen Metamorphosen vollendet hat. - Gibt der Staat mehr aus, so findet der letzte Besitzer keine Nahrung; er muss zu Grunde gehen, er mag um eines Jahres Arbeit betrogen sein: das wäre der Gewinn, den der Staat davon hätte; aber er geht alsdann auch gleich zu Grunde. Dies ist der Verlust: die Ungerechtigkeit. Was soll denn den Staat, der die Abgaben ja nur erhöhen darf, in eine solche Verlegenheit bringen, sich an den Einzelnen zu halten, da er es ohne Schaden vom Ganzen nehmen kann? -

Paradoxon.

Das Arbeitsprodukt wird wohlfeiler, wenn die Arbeit teurer wird. Bei Erhöhung des National-Wohlstandes gibt der Fabrikant mehr Ware für seine Portion Lebensunterhalt. Dennoch braucht er nicht so viele Zeit, diese größere Menge zu liefern, als er vorher brauchte, eine kleinere Menge zu liefern; sonach ist seine Arbeit oder seine Zeit teurer. Vorher bedurfte er drei Stunden, um eine Elle Tuch zu verfertigen, und dieselbe war wert vier Stunden Leben. Jetzt muss er zwei Ellen liefern für vier Stunden Leben; seine Ware ist also wohlfeiler. Aber er braucht zu der Verfertigung dieser zwei Ellen nur zwei Stunden; seine Arbeit ist also teurer. Jetzt erhält er für eine Stunde Arbeit zwei Stunden Leben, vorher erhielt er nur für eine 1 1/3. Seine Arbeit ist also um 2/3 Zeit teurer geworden.

Beim Landbauer ist grade das umgekehrte Verhältnis: seine Ware ist mehr wert an Andrer Ware, weniger an Arbeitszeit des Künstlers: für den Unterhalt von vier Stunden arbeitet er ihm jetzt nur zwei Stunden, da er vorher drei arbeiten musste. Dennoch bleibt das Verhältnis richtig, wenn der Landbauer auch nur zwei Stunden braucht, um diesen Lebensunterhalt zu gewinnen, da er vorher drei brauchte. Beide gewinnen; die Natur trägt die Kosten.

Der Staat muss den Wert der Arbeitsprodukte sichern. Es muss deshalb ein Maßstab des Wertes aller Waren festgesetzt werden, der immer bleibt, wie auch der äußere Wert sich verändert. -

Jetzt weiter.

Es ist in diesem Beweise die ausdrückliche, und es ist in der ganzen bisherigen Untersuchung die stillschweigende Voraussetzung, dass wenigstens das erste Lebensmittel von einer Ernte zur andern aufgezehrt werde. Zwar ist der Magazine des Staats gedacht worden, aber nur im Vorbeigehen, und ohne eigentliche Ableitung ihrer rechtlichen Notwendigkeit. Dies kann nun nicht also bleiben, weil dadurch die Erweiterung und Vermehrung des Nationalreichtums unmöglich würde. (Ungeachtet nun dies so sich verhält, wird dadurch dennoch der gelieferte Beweis nicht umgestoßen, sondern, wie sich zeigen wird, verstärkt). Diese ist möglich nur durch das Kapital. Wir werden darum unsre Lehre über die Sicherung des Eigentums beim Tausche vollenden durch eine Untersuchung über das Kapital. Diese Lehre gewinnt an Klarheit, wenn wir ihr die über das Metallgeld und über den Einfluss desselben auf die Gewalt des Staates über das Eigentum, darum auf das Eigentum Aller voranschicken. Also