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An Werner von Haxthausen

vom 01.11.1813.

Höchst bei Frankfurt a.M., den 1.November 1813.

Mein teuerer Freund!

Ihre herzlichen Glückwünsche zu unseren Fortschritten habe ich mit Innigkeit gelesen. Das, was Sie mir über meinen Anteil daran sagen, so angenehm es mir von Freundes Hand ist, indem es mich von Ihrem günstigen Vorurteil für mich überzeugt, kann ich mir jedoch nur zum Teil anmaßen. Die Pläne, die unsere Armee verfolgte, waren sehr einfach. Es gehörte nur einige Entschlossenheit dazu, deren Ausführung zu unternehmen. An jener Eigenschaft fehlte es meinem alten Feldherrn nicht, also kostete es mir keine Mühe, ihn von der Ausführbarkeit jener Pläne zu überzeugen. Das übrige hat die hohe Tapferkeit der Truppen getan, die bei mißlichen Momenten den Ausschlag gab. Das Glück kam uns insofern zu Hilfe, daß die irrigen Ansichten des Kronprinzen und dessen falsche Bewegungen den französischen Kaiser in Irrtum führten und er uns entfernt glaubte. Eine zweckmäßige Bewegung des Kronprinzen würde ihn bald von unserer Nähe überzeugt haben. Übrigens habe ich an Müffling und Kühle ein paar tüchtige Gehülfen. Ich will Ihnen daher gern bekennen, daß alle die Ehre, die man mir erzeigt, mich verlegen macht und ich das Domine non sum dignus mit voller Seele ausspreche. Aber so verteilt das eigensinnige Glück seine Gaben!

An Clausewitz habe ich mehrere Male geschrieben und vorzüglich nach jedem Sukzeß; ob er meine Briefe erhalten hat? Auch an Frau von Clausewitz habe ich unlängst einen langen Brief geschrieben. Es scheint mir fast, als ob solcher nicht seine Bestimmung erreicht habe.

Lassen Sie sich wieder einmal als Kurier zur großen Armee schicken, damit ich das Vergnügen habe, Sie zu sehen und Ihnen so manches Interessante erzählen zu können. Ihr Onkel hat mir Hoffnung gemacht, daß er bald herüberkommen werde. Es ist dies sehr nötig, denn in Frankfurt wird auf eine leichtsinnige Weise verfahren und niemand kehrt sich an Recht und gerechte Ansprüche. Mit den kleinen Tyrannen werden Friedensschlüsse nach einem Leisten gemacht und ihrer Willkür Glück und Vermögen ihrer Untertanen überlassen.

Gott erhalte Sie. Gedenken Sie mit Wohlwollen Ihres treuergebenen

N. v. Gneisenau.

Quelle:
Gneisenau, Neidhardt von: Briefe 1813