Skip to main contentSkip to page footer

Erstes Hauptstück

Von der Kraft der Körper überhaupt

§ 19

Ich darf mir nicht versprechen, etwas Entscheidendes und Unwidersprechliches in einer Betrachtung zu erlangen, die bloß metaphysisch ist, daher wende ich mich zu dem folgenden Capitel, welches durch die Anwendung der Mathematik vielleicht mehr Ansprüche auf die Überzeugung wird machen können. Unsere Metaphysik ist wie viele andere Wissenschaften in der That nur an der Schwelle einer recht gründlichen Erkenntniß; Gott weiß, wenn man sie selbige wird überschreiten sehen. Es ist nicht schwer ihre Schwäche in manchem zu sehen, was sie unternimmt. Man findet sehr oft das Vorurtheil als die größte Stärke ihrer Beweise. Nichts ist mehr hieran Schuld, als die herrschende Neigung derer, die die menschliche Erkenntniß zu erweitern suchen. Sie wollten gerne eine große Weltweisheit haben, allein es wäre zu wünschen, daß es auch eine gründliche sein möchte. Es ist einem Philosophen fast die einzige Vergeltung für seine Bemühung, wenn er nach einer mühsamen Untersuchung sich endlich in dem Besitze einer recht gründlichen Wissenschaft beruhigen kann. Daher ist es sehr viel von ihm zu verlangen, daß er nur selten seinem eigenen Beifall traue, daß er in seinen eigenen Entdeckungen die Unvollkommenheiten nicht verschweige, die er zu verbessern nicht im Stande ist, und daß er niemals so eitel sei, dem Vergnügen, das die Einbildung von einer gründlichen Wissenschaft macht, den wahren Nutzen der Erkenntniß hintan zu setzen. Der Verstand ist zum Beifalle sehr geneigt, und es ist freilich sehr schwer, ihn lange zurück zu halten; allein man sollte sich doch endlich diesen Zwang anthun, um einer gegründeten Erkenntniß alles aufzuopfern, was eine weitläuftige Reizendes an sich hat.