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Das Harz-Moos

Als Herr Dohmdechant Freyherr Spiegel zum Diesenberg etwas Moos vom Harzgebürge mitgebracht hatte. (Zu Halberstadt den 10ten des Weinmonaths 1761)

Gott zeigt in seiner Schöpfung-Werke,
Sich über unserm Haupt, sich auf der Erde groß;
Er gab der Sonne Glut, er gab dem Löwen Stärke,
Und bildete das kleinste Moos,
Das an dem Harzberg wächst, fein zweigigt wie Cypresse,
Voll kleiner Knospen, untersprengt
Mit etwas Röthe, so, wie junger Mädchen Blässe
Im Antlitz sich mit roth vermengt,
Wenn sie der Jüngling angeblicket;
Die Flur, der Garten und der Wald
Und selbst die Hügel sind geschmücket,
Doch andre Blumen sterben bald,
Das fein gebaute Moos bleibt, wenn sie schon gestorben,
Tief unter Schnee noch unverdorben.
Wie ähnlich ist es mir! tief lag ich unter Gram
Viel schwere Jahre lang, und als mein Winter kam,
Da stand ich unverwelkt und fieng erst an zu grünen.
Ich muste, wie das Moos, dem Glück zum weichen Tritt,
Dem Thoren zur Verachtung dienen.
Einst sterb ich! Doch mein Lied geht nicht zum Grabe mit!