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Lobgesang des Frühlings

An Hrn. Gleim in Berlin

Wie lang hat meine Muse schon,
Die Witz und edle Einfalt ehret,
Am blumenvollen Helikon,
Den Musen Griechenlands begierig zugehöret!

Nun aber will sie selbst einmal
Die hochgestimmte Cyther schlagen;
Doch Mavors blutbefleckter Stal
Verbeut ihr, sich ins Feld, voll Furchtsamkeit, zu wagen.

Sie schlich sich zwar, mit seltnem Muth,
Jüngsthin ins dicke Kriegsgedränge,
Und sann auf Leichen und auf Blut
Und in erhitztem Kampf, auf kriegrische Gesänge.

Sie drang mit Zittern an den Ort,
Wo, trotz der Glut, die donnernd krachte,
Durch Muth und durch sein mächtig Wort
Sich Brandenburgs Monarch des Kriegsglücks dienstbar machte

Doch Phöbus rißsie aus dem Brand,
Und bracht, durch ihre Furcht gerühret,
Sie in das sonnenreiche Land,
Allwo der Wahrheit Faust den sanften Zepter führet.

Hier, sprach er, wo kein Mörsel wühlt,
In diesen ungestörten Gründen,
Versuche, wie dein Finger spielt;
Du kannst auch hier den Stoff zu hohen Liedern finden.

Dort, in der Göttinn Heiligthum,
Wo Licht und reiner Schimmer lachen,
Da thront ihr Liebling und ihr Ruhm,
Wolf, der für Eifer glüht, die Wahrheit groß zu machen.

Sie reicht, auf unschätzbarem Gold,
Ihm necktarreiche Götterspeise,
Die jener fette Weinstock zollt,
Der um den Tempel kriecht, gepflanzt von ihrem Fleiße.

Wolf reicht es nun dem Grafen dar,
Der Philurenens Fluren schmücket;
Den schon die frohe Musenschaar,
Die seine Rechte schützt,bis an die Sterne rücket.

Der hat, von hoher Glut entbrannt,
Den lorbernwerthen Bund errichtet,
Der durch ein neugeknüpftes Band,
Der Wahrheit beyzustehn, jedweden Freund verpflichtet.

Was kömmt da für ein kühner Held?
Es fliegt der Sieg an seiner Seite;
Die Klugheit ist ihm beygesellt;
So sieht der Kriegsgott aus, erhitzt vom scharfen Streite.

Wer kann es sonst, als Friedrich, seyn?
Der ist es, ja, des Feindes Schrecken.
Er hängt in jenem Palmenhäyn
Die güldnen Waffen auf, die Staub und Blut bedecken.

Ihn küßt der Göttin holder Mund;
Es ruht auf ihm ihr ganzes Glücke:
Er thut ihr seine Liebe kund,
Und schaut auf Wolfen hin, mit gnadenvollem Blicke.

Nun sieh ihn an, nun gleicht er mir;
Die Flöte reizt in seinen Händen,
Es schweigt das lüsterne Revier
Bey seiner Töne Pracht, die meinen Ruhm entwenden.

Drum fliehn die Musen öffentlich
Zu diesem weisen Ueberwinder;
In Friedrichs Arme flüchten sich
Geschmack und ächter Witz, der Wahrheit schönste Kinder.

Nun, da sein Anblick sie belebt,
So springt in freudenvollen Tänzen,
Dort, wo ein kühler Schatten schwebt,
Die fest verschlungne Schaar, geziert mit Rosenkränzen.

O laß dir diese güldne Zeit
Noch mehr als Friedrichs Muth gefallen:
Hiervon, und nicht von Krieg und Streit,
Du junge Muse! laß die neuen Saiten schallen.

So sprach er! und die Muse brennt,
so hohe Dinge zu besingen;
Doch, weil sie ihre Schwäche kennt,
So läßt ihr Mund vorher ein niedrers Lob erklingen.