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Erste Hinrichtung in der preußischen Provinz Westfalen am 08.09.1818

Es ist das Jahr 1814. Johann Heinrich Rahe war der Besitzer des Kolonates Nr. 2 in Offelten, das zur Gemeinde Preußisch-Oldendorf gehörte. Beim Kolonat handelte es sich um ein Rechtsverhältnis zwischen Guts- oder Lehnsherren und dem Kolonen. Hierbei gab es ein Obereigentum des Gutsherrn sowie das nutzbare Eigentum des Kolonen. Durch die Übernahme des Hofes ging Rahe eine "Leibzuchtesverpfluchtung" gegenüber seinem Vater Franz Heinrich ein. Hierbei handelte es sich um Naturalleistungen. So musste er dem Vater eine Wohnmöglichkeit, das Leibzuchthaus zur Verfügung stellen.Das Verhältnis zwischen Vater und Sohn war bereits seit langem zerrüttet und Dir zweite Eheschließung Franz

Heinrich Rahes mit Dorothea Schmidt verbesserte die Situation nicht. Im Jahre 1814 entbrannte ein Streit um die Nutzung eines Äckern, der eskalierte. Im August 1814 musste sogar der Gutsherr als Streitschlichter zwischen den Männern auftreten. Der Streit schien mit Handschlag und Kuss, auf Geheiß des Gutsherren, beigelegt zu sein. Doch fühlte sich Johann Heinrich Rahe durch den für ihn peinlichen und ungünstig verlaufenden Auftritt vor dem Gutsherren innerlich kochend zurück.

Noch am gleichen Abend besuchte er einige Freunde in Oldendorf und erzählte von dem Zwist mit dem Vater und zeigte auch die Leibzuchts-Verschreibung. Hierbei wurde bei jeden Freund auch Branntwein gereicht, der auch dass Gemüt immer mehr erhitzte, dennoch war er bei Sinnen.

Gegen 23:00 Uhr begab er sich auf den Heimweg und als er am Haus seines Vaters vorbeikam entschied er sich, vermutlich war es keine spontane Tat, das väterliche Wohnhaus in Brand zu setzen und an seinem Vater und der verhassten Stiefmutter Rache zu nehmen. Er besorgte sich von einem nahegelegenen Bleichhütte etwas Stroh zu besorgen und steckte das brennende Stroh bei der Schlafkammer seiner Eltern ins Strohdach. Schnell stand das Dach in Flammen. Franz Heinrich Rahe konnte schwer verletzt ins Freie entkommen während seine Gattin an den Folgen des Rauches verstarb. Unter Schmerzen starb auch der Vater wenige Tage nach dem Brand.

Johann Heinrich Rahe war ein geständiger Täter und so erfolgte bereits Ende 1815 seine Verurteilung zum Tode auf dem Scheiterhaufen durch das Herforder Gericht. Die Verteidigung beantrage die Überprüfung der Zurechnungsfähigkeit des Mörders. So dauerte es noch bis zum 23.02.1818 Ehe das abschließende Urteil des Oberlandgerichts vorlag. Es änderte das Urteil dahingehend ab, dass er durch das Richtbeil zu Tode kommen solle und auf dem Richtplatz verschärft werde. Die letzte Chance dem Todesurteil zu entgehen, war die Begnadigung durch den preußischen König Friedrich Wilhelm III., der jedoch hiervon keinen Gebrauch machte.

Die öffentliche Enthauptung fand am 08.09.1818 auf dem Herforder Lübberbruch statt. Die "Armesünderglocke" oder "Kleine Glocke" begleitete Rahe auf seinen letzten Gang zum Schafott ging. Gegen 06:00 Uhr wurde er mit auf den Rücken gebundenen Händen inmitten einer Abteilung von Gefängnisaufsehern, Gendarmen und Polizeidienern vom Zuchthaus zum Richtplatz gebracht. Der Weg des Delinquenten war auf beiden Seiten der Straße von Schaulustigen gesäumt, während sich im Lübberbruch bereits eine große Menschenmenge eingefunden hatte. Inmitten der Menschenmassen war ein Holzgerüst errichtet worden, zu dem einige Stufen hinaufführten und durch Seile von den Zuschauern abgetrennt wurde. Mehrere Bürgerkompanien unter der Leitung des Stadtdirektors waren für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung verantwortlich. Der Staatsanwalt verlas in Amtstracht das Todesurteil vom 23.02.1818 nochmals mit lauter Stimme. Anschließend übergab er den zum Tode Verurteilten an den Scharfrichter Carl Friedrich Hoffmann aus Bielefeld. L Nachdem ein Geistlicher noch einige Worte an den Verurteilten gerichtet hatte, gab der Scharfrichter seinen beiden Geholfen ein Zeichen und sie sprangen auf Rahe zu, entledigen ihm seiner Jacke und führten ihn auf das Gerüst und befestigten ihm an den Richtblock. Während das Richtbeil niedersauste herrschte absolute Stille. Ein geltenden Schrei aus der Menge erklang, zuschauende Frauen fielen in Ohnmacht als aus dem Rumpf des Gerichteten ein Blutstrom in einen hinter dem Richtblock aufgehäuften Sand. Der Leichnam wurde in einen bereitstehenden Sarg gelegt und an Ort und Stelle verscharrt.

Die Hinrichtung Rahes war die erste Exekution war die erste öffentliche Hinrichtung in der 1815 neu geschaffenen preußischen Provinz Westfalen und auch mit der 1811 für Preußen eingeführten Richtaxt, da sich das Richtschwert in der Vergangenheit als unzuverlässig erwies.

Gleichzeitig war es auch die letzte öffentliche Hinrichtung auf dem Lübberbruch, da diese ab 1851 in Preußen verboten.