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Heinrich Friedrich Karl Freiherr von und zum Stein

* 26.10.1757 in Nassau
† 29.06.1831 in Cappenberg

Der spätere preußische Staatsminister Heinrich Friedrich Karl Freiherr vom und zum Stein wurde am 26.10.1757 in Nassau geboren. Seine Eltern waren Karl Philipp vom und zum Stein  und dessen Ehefrau Henriette Karoline Langwerth von Simmern, verwitwete Löw von und zu Steinfurth. Er war achte von neun Kindern des Ehepaares. Von seinen Geschwistern starben drei bereits im Kindesalter.

Der Bruder Johann Friedrich vom und zum Stein, wurde preußischer Oberst, während der Bruder Friedrich Ludwig vom und zum Stein zum kaiserlichen Oberstleutnant avancierte. Seine Schwester Marianne wurde Äbtissin im Stift Wallenstein in Homberg (Elze) während eine weitere Schwester Johanna Luise den Grafen Jacob Friedemann von Werthern, der im diplomatischen Dienste Sachsens stand.

Die Kindheit verbrachte der Knabe im elterlichen Schloss in der Stadtmitte von Nassau. Die Herrschaft Stein war seit dem 17. Jahrhundert reichsunmittelbar und bestand aus einigen Gütern entlang des Rheins und der Lahn. Insgesamt umfasste das Gebiet der Herrschaft Stein etwa 2.400 nassauische Morgen. Da die Einkünfte aus den Besitzungen nicht für die standesgemäße Lebensführung ausreichten, begab sich der Vater Karl Philipp vom und zum Stein in die Dienste des Kurfürsten von Mainz. Obwohl Stein Protestant war, fand er eine Anstellung als Kammerherr und Geheimer Rat im katholischen Kurfürstentum Mainz.

Während der Abwesenheiten des Vaters lag die Erziehung der Kinder in den Händen der Mutter, die von Haus aus eine gute Bildung genossen hatte und mit Johann Caspar Lavater in Verbindung. Sie vertrat eine sittlich-religiöse Erziehung.

Um den Familienbesitz zusammenzuhalten gründete der Vater ein Fideikommiss, wodurch der Familienbesitz auf ewig geschlossen erhalten bleiben sollte und immer nur ein Familienmitglied als Fideikommissbesitzer des Nießbrauchsrecht innehatte. Der Familienvertrag wurde am 02.02.1774 in Nassau ausgefertigt. Als Karl vom und zum Stein schließlich einige Zeit später das Fideikommiss übertragen wurde, protestierten die älteren Brüder, jedoch ohne Erfolg. Nach dem Tode der Mutter im Jahre 1783 übernahm er auch die Verwaltung der Güter, da der Vater dieses aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr wahrnehmen konnte. Da er jedoch auf Grund seiner Aufgaben als preußischer Beamter nicht ausreichend vor Ort war, übertrug er die faktische Leitung der Reichsritterschaft an seine Schwester Marianne vom und zum Stein.

Ab dem Jahre 1773 begann Stein ein Studium der Jurispondenz, Geschichte sowie Kameralwissenschaften an der Universität Göttingen, wo er unter anderem Vorlesungen von August Ludwig von Schlözer hörte. Dieser versuchte zwischen modernen Verfassungsdenken und traditionellen Vorstellungen altdeutscher Liberalität zu vermitteln. Auch bei Pütter, der ein Kenner der Verfassung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation war. Er verließ im Jahre 1777 die Universität, wie für Adelige zu seiner Zeit üblich, ohne Abschluss.

Im Anschluss an seine Göttinger Zeit absolvierte Stein, dessen Ausbildung auf eine spätere Tätigkeit im Reichsdienst ausgelegt war, ein mehrmonatiges Praktikum am Reichskammergericht in Wetzlar. In Wetzlar trat der Reichsfreiherr in die Freimaurerloge Joseph zum Reichsadler ein. Auf Kavaliersreisen lernte er zwischen 1778 und 1780 unter anderem Regensburg als Sitz des Reichstages kennen und besuchte verschiedene Höfe, wie Mainz, Mannheim, Darmstadt, München und Wien. Auf Reisen nach Ungarn und in die Steiermark interessierte er sich für das dortige Bergwerkswesen.

Dank der Bemühungen seiner Mutter fand Stein im Jahre 1780 eine Anstellung im preußischen Staatsdienst an. Er selbst begründete später diesen Schritt mit der Bewunderung für Friedrich den Großen sowie der Liberalität des preußischen Staates, der gegenüber Außenseitern keine Vorbehalte kannte und ihnen gute Aufstiegschancen bot.

Zunächst wurde er beim Bergwerks- und Hüttendepartement des Generaldirektoriums in Berlin eingestellt, wo er durch den Minister Friedrich Anton von Heynitz gefördert wurde. So absolvierte er zunächst eine Fachausbildung, die ihn auch an die kursächsische Bergakademie nach Freiberg sowie ausgedehnte Dienstreisen mit dem Minister vervollständigten seine Kenntnisse. So konnte er im Jahre 1784 nach Hamm als Direktor der Bergämter in Wetter an der Ruhr und Ibbenbüren eine erste verantwortliche Stelle übernehmen. Er war hier für den Bau von Wegen sowie den Ruhrkanal verantwortlich. Auch die Organisation des unter staatliche Aufsicht stehenden Bergbaus in Westfalen fiel in seine Zuständigkeiten. Dabei baute er die staatliche Aufsicht über den Steinkohlebergbau entsprechend aus und legte die Grundlagen für die Verbindung der Steinkohlegruben im späteren Ruhrgebiet mit dem Gewerberegionen im Sauerland und, Siegerland und Bergischem Land. Er engagierte sich auch sozial und führte feste Arbeitsentgelte für Lohnarbeiter im Bergbau ein. Hierzu verfasste er zum Beispiel die »Denkschrift über die Verbesserung in der Grafschaft Mark« aus dem Jahre 1784.

Mehre Male lehnte er Ansinnen der preußischen Regierung zur Wahrnehmung diplomatischer Missionen ab. Einzig eine Gesandtschaftsreise im Jahre 1785 nahm er an, da diese an den Hof des Kurfürsten von Mainz ging. Ziel der Mission war es, den Kurfürsten von Mainz zum Anschluss an den von Preußen initiierten Fürstenbund zu bewegen. Im Jahre 1786 unternahm er eine Reise nach England um sich mit dem dortigen Bergbau sowie Kanalbau vertraut zu machen und die Anfänge der industriellen Revolution zu studieren. Seine neuen Eindrücke konnte er teilweise im Ruhrbergbau umsetzen und es gelang ihm eine Dampfmaschine von Boulton & Watt abzuschließen.

Im Jahre 1787 erfolgte die Beförderung des Reichsfreiherrn von Stein und er wurde Direktor der märkischen Kriegs- und Domänenkammer in Hamm. So gehörte die Schiffbarmachung der Ruhr zu seinen Aufgaben und lies, als einer der ersten einige preußische Meilen befestigte Chausseen anlegen, ohne die sonst übliche Fronarbeit in Anspruch zu nehmen.

Er hatte den Auftrag eine umfassende Steuerreform für die Grafschaft Mark umzusetzen, die für die Bewohner eine Verringerung der Abgaben bedeutete. Durch die Kriegsereignisse am Rhein kam es auch in der Grafschaft Mark zu entsprechenden Preissteigerungen. Hierbei stellte der Getreide aus Armeespeichern zu günstigen Preisen der Bevölkerung zur Verfügung. Dies stieß jedoch in Armeekreisen auf Widerstand. Er war auch bemüht die Reste der kommunalen Selbstbestimmung in der Mark gegen Eingriffe des preußischen Staates zu schützen.

Im Jahre 1792 wurde ihm als Landtagskommissar die Aufsicht über die Landstände in der Grafschaft Mark übertragen und im folgenden Jahr war er auch Präsident der Kammer des Herzogtums Kleve mit Sitz in Kleve. Er bezog das Klever Herzogsschloss als Wohn- und Amtssitz.

Während des 1. Koalitionskrieges wurde Stein auch für die Verpflegung der Armee im Hauptquartier des Königs verantwortlich. In dieser Funktion erlebt er die Belagerung und den Fall von Mainz. Dort hatten deutsche Jakobiner und französische Revolutionstruppen die erste Republik auf deutschen Boden ausgerufen. Bei der Gefangennahme und späteren Misshandlung bei der Kapitulation gefangengenommenen deutschen Jakobiners Friedrich Georg Pape beteiligt.

Im Jahre 1796 erfolgte die Ernennung des Reichsfreiherrn von Stein zum Oberkammerpräsidenten aller westlichen preußischen Territorien. Er verlegte seinen Amtssitz nach Minden und sorgte im Auftrage Berlins für eine Förderung der Wirtschaft durch Entbürokratisierung. So schuf er überflüssige Vorschriften ab, aber auch Zölle und andere ökonomische Hemmnisse beseitigte er.

Er baute zwischen Bielefeld und Osnabrück eine befestigte Straße und auch die Verbesserung des Schiffsverkehrs auf der Weser gehörten zu seinen Vorhaben. Für die Gebiete Minden-Ravensburg setzte sich der Oberkammerpräsident für Agrarreformen ein, wozu eine Verringerung von Hand- und Spandiensten zählte. Er reformierte auch die Verwaltung im Westen des preußischen Staates.

In jener Zeit stand Stein sowohl der englischen Verfassungsidee als auch der Französischen Revolution nicht abgeneigt gegenüber. Dies führte dazu, dass er dem preußischen Staat, der auf eine Bürokratie gestützte absolute Monarchie war, zunehmend kritisch gegenüberstand. Durch den Kontakt zu hochgestellten französischen Emigranten änderte sich jedoch der Blick Steins auf die Revolution entsprechend. In jener Zeit hatten die Brüder des französischen Königs Louis XVI., der späteren Könige Louis XVIII. und Charles X. in Hamm zeitweise Zuflucht gefunden. Auch beeinflusste Burkes Schrift »Reflection on the Revolution in France«.

Durch die Friedensschlüsse Frankreichs mit Österreich in den Jahren 1797 und 1803 veränderte sich das Gesicht des Reiches gravierend. So hatte der Reichsfreiherr von Stein bereits vor 1802 seine linksrheinischen Besitzungen im Westen veräußert und erwarb die Herrschaft Birnbaum in der späteren preußischen Provinz Posen. Er billigte auch als reichsunmittelbarer Fürst die Veränderungen im Westen des Reiches ebenso wie die Säkularisation der geistlichen Territorien. Noch vor dem Reichsdeputationshauptschluss von 1803 wurde er von der preußischen Regierung beauftragt, diese Maßnahmen in Westfalen umzusetzen. So leitete er von 1802 bis 1804 von Münster aus die Eingliederung der geistlichen Herrschaften in den preußischen Zentralstaats. So wurde der östliche Teil des Hochstifts Münster, das Hochstift Paderborn und die Abteien Essen, Werden sowie das Stift Herford eingegliedert. In Münster fiel diese Annektion jedoch auf Kritik. Die Erwerbungen gingen jedoch durch den Tilsiter Friedenstraktat wieder verloren und kamen erst im Jahre 1815 endgültig zum preußischen Staat.

Insgesamt hatte sich Stein während seiner gesamten Zeit in Westfalen als tüchtiger und engagierter Verwaltungsbeamter präsentiert. Insbesondere seine Erfolge in den wirtschaftlichen Fragestellungen ließen ihn für weitere Aufgaben in Berlin in Frage kommen.

So wurde Stein im Jahre 1804 als Finanz- und Wirtschaftsminister ins Generaldirektorium nach Berlin berufen. Zu seinen Zuständigkeiten gehörten das Akzise-, Zoll-, Fabrik-, und Kommerzialwesen. In den Kabinettsrat Beyne fand Stein einen Fürsprecher. Der Kabinettsminister sah in dem Mann aus der westfälischen Provinz einen Befürworter einer umfassenden Reformpolitik. So machte Stein bereits bei seiner Amtsübernahme deutlich, dass er über Preußen hinaus das gesamte Deutschland im Blick hatte:

Wenn man überzeugt ist, das Deutschlands Veredelung und Kultur fest und unzertrennlich an das Glück der preußischen Monarchie gekettet ist, so kann man gewiss nicht einen Augenblick zwischen Pflicht und Persönlichkeit schwanken, sondern man ist zu jeder Aufopferung der letzteren bereit.

Mit Blick auf einen drohenden Krieg mit Frankreich war Reichsfreiherr vom und zum Stein bemüht die Staatseinnahmen des preußischen Staates zu erhöhen, er bemühte sich zugleich auch um die Anpassung der regional sehr unterschiedlichen Besteuerung. So führte er im Bereich des Staatlichen Salzmonopols einheitliche Preise ein, die jedoch insgesamt erhöht wurden. Auf diese Weise konnte der preußische Staat erheblich Mehreinnahmen generieren. Er versuchte auch in einigen Bereichen Binnenzölle abzuschaffen, um den innerpreußischen Handel anzukurbeln. Er gründete das Preußische Statistische Bureau und später übernahm er auch die Königliche Hauptbank sowie die Seehandlung in seinen Zuständigkeitsbereich.

Im Jahre 1805 gehörte der preußische Minister zur Kriegspartei um Königin Luise und Prinz Louis Ferdinand sowie General von Rüchel, die König Friedrich Wilhelm III. von Preußen überzeugen wollten, dass es an der Zeit sei, Napoléon entgegenzutreten. Am 10.05.1805 übergab Stein eine Denkschrift, die in einem sehr schroffen Ton verfasst war. So nannte er den preußischen Außenminister Christian von Haugwitz einen »Mann ohne Wahrhaftigkeit, einen abgestumpften Wollüstling, schwelgend in Genüssen aller Art«.  Solch eine Schrift führte beim König auf Ablehnung. Vielmehr sah er in der Gruppe um Prinz Louis Ferdinand eine gegen ihn und seine Politik gerichtete Fronde. Schließlich gab der Monarch doch nach und befahl die Mobilmachung, was letztlich in den vierten Koalitionskrieg führte, in dem Frankreich und Preußen, unterstützt von Russland, hauptsächlich miteinander Krieg führten.

Der Vierte Koalitionskrieg verlief für Preußen unglücklich und mit der Doppelschlacht von Jena und Auerstadt war der preußische Untergang faktisch Realität geworden. Im Frieden von Tilsit im Juli 1807 konnte der preußische König einen deutlich kleineren Staat, durch die Fürsprache des russischen Zaren, behalten.

Der Hof und die maßgeblichen Politiker Preußens flohen nach Königsberg. Hierbei sorgte Stein für die Rettung der preußischen Staatskasse, indem er über Stettin nach Königsberg verbringen ließ. In Königsberg empfahl er den Krieg gegen Napoléon mit allen Mitteln fortzusetzen.

Bereits während des Krieges von 1806 wurden die Verkrustungen und die Unfähigkeit der preußischen zivilen und militärischen Führung offensichtlich. So übte er in seinen Denkschriften sehr deutliche Kritik an den Verfehlungen des Staates und auch des monarchischen Führungsstils. Stattdessen forderte er grundlegende Reformen in der Struktur des Staates, damit man einen stabilen Unterbau für zukünftige Kriegsanstrengungen schaffen könne. Hierzu gehörte auch seine Kritik am absolutistischen Kabinettssystem, die er bereits vor dem Waffengang deutlich äußerte, und sprach sich für ein Staatsministerium mit verantwortlichen Ministern aus, die mit dem Monarchen zusammenarbeiten sollten.

Der preußische König forderte Minister Stein auf, das Außenministerium zu übernehmen. Er sollte als Außenminister den Frieden mit Frankreich erreichen, was er jedoch schroff gegenüber den Königen ablehnte.

Der preußische König, der bereits seit längerem die scharfe Kritik Steins an der bisherigen Staatsführung nicht mit besonderer Freude zu Kenntnis nahm, sah sich am 03.01.1807 genötigt, Stein seiner Aufgaben zu entheben. Die persönliche Verärgerung des Monarchen ist sicherlich schon an diesen Zeilen erkennbar:

daß ich mich leider nicht anfänglich in Ihnen geirrt habe, sondern daß Sie vielmehr als ein widerspenstiger, trotziger, hartnäckiger und ungehorsamer Staatsdiener anzusehen sind, der, auf sein Genie und seine Talente pochend, weit entfernt, das Beste des Staats vor Augen zu haben, nur durch Kapricen geleitet, aus Leidenschaft und aus persönlichem Haß und Erbitterung handelt … . Da Sie indessen vorgeben, ein wahrheitsliebender Mann zu sein, habe ich Ihnen auf gut deutsch meine Meinung gesagt, indem ich noch hinzufügen muß, daß, wenn Sie nicht Ihr respektwidriges und unanständiges Benehmen zu ändern willens sind, der Staat keine große Rechnung auf Ihre ferneren Dienste machen kann.

Der preußische Staat befand sich in jenen Wochen und Monaten in einer der tiefsten Krisen, seiner Geschichte. Preußen verlor im Frieden von Tilsit alle Territorien westlich der Elbe, sowie einen Großteil der durch die polnischen Teilungen erworbenen Territorien. Der Staat wurde so von seinen Einwohnern etwa halbiert. Gleichzeitig wurden dem preußischen Staat hohe Kontributionen auferlegt. Auch militärisch durfte Preußen nur noch eine Armee von 42.000 Mann unterhalten und die wichtigsten preußischen Festungen waren von französischen Truppen akzeptieren. Auch musste der preußische Staat etwa 150.000 feindliche Soldaten, die noch in Preußen standen, auf eigene Kosten unterhalten.

Nach der Entlassung hatte sich der entlassene Minister auf seine Besitzungen in Nassau zurückgezogen. Hier verfasste er im Jahre 1807 die »Nassauer Denkschrift« als Reformprogramm für die Modernisierung des preußischen Staates, wobei er die Verwaltung in das Zentrum seiner Überlegungen stellte.

So forderte er in diesem Dokument die Selbstverwaltung der Provinzen, Kreise und Gemeinden des Königreiches. Hierbei griff er eher auf die ältesten ständischen Verfassungen zurück, statt auf moderne staatstheoretische Ansätze. Für ihn spielten nicht nur funktionale, sondern auch in erster Linie politisch-pädagogische Ziele eine Rolle. So sah er eine »Belebung des Gemeingeistes und des Bürgersinns, die Benutzung der schlafenden und falsch geleiteten Kräfte und zerstreut liegender Kenntnisse, der Einklang zwischen dem Geist der Nation, ihren Ansichten und Bedürfnissen und denen der Staatsbehörden, die Wiederbelebung der Gefühle für Vaterland, Selbstständigkeit und Nationalehre.« Eine weitere Denkschrift – die »Rigaer Denkschrift« - jener Tage stammte aus der Feder von Carl August von Hardenberg und wurde zur Basis der preußischen Reformbestrebungen.

Stein, der von Hause aus Antiabsolutist war, nahm in seiner Politik stets Rückbezug auf die altständischen Zustände und insbesondere auf die Einrichtungen des alten Reiches. Er stand zentralen Behörden und der Bürokratie skeptisch gegenüber und setze auf dezentrale Führung und einen kollegialen Führungsstil.

Auf Drängen Napoléons und der Reformpartei um Hardenberg erfolgte am 10.07.1807 die Berufung Steins zum preußischen Staatsminister. Napoléon hatte sich jedoch getäuscht, da er in dem Reichsfreiherrn zunächst einen Unterstützer französischer Reformpolitik am preußischen Hofe sah. An die Übernahme des Staatsministeriums knüpfte er einige Vorbedingungen. So gehörte das Ende des bisherigen Kabinettsystems zu seinen Forderungen und dass die Minister unmittelbares Vortragsrecht beim König erhalten sollten. Der König willigte in diese zentralen Forderungen ein und so trat Stein sein neues Amt an.

Er war für die Zivilverwaltung direkt verantwortlich und übte jedoch über alle anderen Ressorts entsprechende Kontrollfunktionen aus. In den folgenden 14 Monaten wurden die wichtigsten Reformgesetze für den preußischen Staat erlassen oder zumindest vorbereitet. Sein persönlicher Anteil an einzelnen Reformen war hierbei jedoch unterschiedlich. So beschäftige er sich selten mit Detailfragen und ließ zahlreiche Gesetze von seinen Mitarbeitern, wie Theodor von Schön oder Ludwig von Vincke erarbeiten, während er für die Durchsetzung der Gesetze beim König oder widerstrebenden gesellschaftlichen Gruppen verantwortlich zeichnete.

So kam die Idee für das Oktoberedikt nicht von Stein, sondern von seinen Mitarbeitern. Es war eines der zentralen Reformgesetze und wurde nur fünf Tage nach seiner Ernennung durch den König unterzeichnet. Der Entwurf stammte aus der Feder von Theodor von Schön, der somit die Leibeigenschaft und Erbuntertänigkeit abschaffte und die Freiheit der Berufswahl einführte. Steins Handschrift findet sich jedoch deutlich in der neuen Städteordnung vom 19.11.1808 wider, die Grundkonzeption stammte von seinem Mitarbeiter Johann Gottfried Frey und spiegelte Steins Selbstverwaltungsidee nach dem Subsidiaritätsprinzip wider, dass seine Abneigung gegen einen zentralisierten bürokratischen Ansatz erkennen ließ. Den Versuch die Selbstverwaltung auch auf das platte Land auszudehnen, wurde jedoch nicht übernommen.

Carl Friedrich Wilhelm Knoblauch erarbeitete Stellungnahmen zur Gewerbeordnung aus, die er dem Freiherrn zur Prüfung zusandte. Im Jahre 1825 besuchte Knoblauch Stein in Cappenberg.

Stein ließ am 24.11.1808 das bisherige Generaldirektorium auflösen und durch ein Staatsministerium mit fünf Fachministern für die Bereiche Inneres, Finanzen, Auswärtiges, Krieg und Justiz ersetzen. Außerdem ließ er zahlreiche, oft auch gegeneinander arbeitende Sonder- und Nebenbehörden auflösen. Hierbei orientierte sich Stein an der französischen Verfassung von 1791 und so schuf er mit dem Staatsrat ein beratendes Gremium. Unterhalb der zentralen Berliner Verwaltung schuf er Oberpräsidenten und Regierungspräsidien, die letztlich die Kriegs- und Domänenkammern ersetzten.

Während er gesamten Reformen befand sich der preußische Staat in einer schwerwiegenden Finanzkrise, die durch die französischen Kontributionen ausgelöst wurde. So musste der preußische Staat unter Stein eine radikale Sparpolitik umsetzen. Durch Bürgschaften und die Verpfändung von Staatsbesitz sollten die Einnahmen erhöht werden.

Anfangs setzte Stein noch auf eine Koexistenzpolitik gegenüber Frankreich. Doch die Verhandlungen über die Höhe der zu leistenden Kriegskontributionen und stets neuer Forderungen von französischer Seite, ließen jedoch bei fortschreitender Amtszeit den Widerstandswillen des Staatsministers aufkeimen. Für solche Gedankengänge trug auch der im Jahre 1808 ausgebrochenem Widerstandswillen der Spanier entsprechende Früchte.

So setzte Stein auf einen allgemeinen Volksaufstand in Norddeutschland sowie ein Bündnis mit Österreich. Zusammen mit den preußischen Militärreformern war das Ziel der preußischen Politik, die Vorbereitungen für einen künftigen Krieg zu treffen. Die oppositionelle Haltung Steins kam durch einen von den Franzosen abgefangenen Brief zum Vorschein. Dieser Brief wurde auf Geheiß Napoléons im französischen Regierungsblatt »Le Moniteur« abgedruckt.  Der französische Kaiser nutzte den Brief, um Preußen zur Annahme der Kriegskontributionen zu zwingen. Gleichzeitig verfasste er aus Spanien einen Heeresbefehl, worin er den preußischen Staatsminister zu einem Feinde Frankreichs erklärte. Er ließ die Besitzungen Stens beschlagnahmen und drohte ihn zu erschießen. So war der preußische König Friedrich Wilhelm III.  am 24.11.1808 gezwungen die Entlassung auszusprechen, um keinen Bruch mit Frankreich zu riskieren. Er bewilligte noch für ein Jahr die Zahlung seines Ministergehaltes als Zeichen seiner Dankbarkeit.

Noch am Tage seiner Entlassung übersandte der scheidende Staatsminister den Mitgliedern der königlichen Familie eine Denkschrift, die unter dem Namen »politische Testament« bekannt wurde. In der wesentlich von Schön verfassten Schrift blickt er auf die bisherigen Erfolge der Reformpolitik zurück und sprach andererseits die aus seiner Sicht noch notwendigen weiteren Veränderungen an. Hierzu gehörten die Gemeinheitsstellung, Aufhebung der Fronarbeit aber auch die Einführung einer Staatspräsentation aber auch die Erziehung der Jugend zur Religion und Vaterlandsliebe, aber auch die Stärkung des Adels.

Durch die Entlassung Steins wird aber auch sein politisches Scheitern deutlich. So hatte er sich zu viele Feinde gleichzeitig gemacht und deren Stärke jedoch unterschätzt Hierbei unterschätzte er insbesondere die Widerstandsfähigkeit von Adel und Krone. So hatte der König einen Unwillen gegen Steins Selbstherrlichkeit und Schroffheit, was letztlich auch den Einfluss Steins verkleinerte. Der massive Verlust seines Einflusses am preußischen Hof war auch der Grund, dass er später keine Stellung mehr in Preußen wahrnahm.

Der Nachfolger Steins wurde Karl von Stein zum Altenstein berufen, der sich jedoch nicht gegen antireformatorische Kräfte durchsetzen konnte. Dies führte zu einer Verlangsamung der preußischen Reformen. Als Preußen 1810 nicht mehr in der Lage war, die Kriegskontributionen an Frankreich zu entrichten, schlug Altenstein vor, die Provinz Schlesien an Frankreich abzutreten. Dies veranlasste Carl August von Hardenberg die Entlassung des Ministers beim König einzufordern. Am 04.07.1810 folgte Hardenberg als preußischer Staatsminister aus dem Exil.

Hardenberg war sowohl für die Berufung Steins als auch für dessen Entlassung durch die »Braunsberger Denkschrift« vom 12.11.1808. Beide Männer unterschieden sich zum einen im Lebensstil und zum anderen auch in der Durchsetzung ihrer politischen Ziele. So führte Stein stets ein skandalfreies Leben  und auch bei der Durchsetzung seiner politischen Ziele kompromisslos, während Hardenberg sowohl diplomatischen als auch außerehelichen Affären nicht abgeneigt war.

Als Stein von Napoléons erfuhr, verließ er Berlin und flüchtete nach Böhmen, wo er sich in Brünn, Troppau und Prag aufhielt. Er lebte mehr als drei Jahre im Schutz der Habsburger Monarchie und hoffte vergebens auf einen Aufstand vor allem in den napoleonischen Staaten Westphalen und Berg. Er beobachtete den Aufstand der Tiroler unter Führung von Andreas Hofer mit großer Sympathie. Der Maler Joseph Anton Koch schuf später in seinem Auftrage das monumentale Bild »Der Tiroler Landsturm im Jahre 1809«, das im Jahre 1820 entstand.

Während seines österreichischen Exils verfasste er verschiedene Verfassungskonzepte für eine deutsche Verfassung. Hierbei spielte auch die Neuerrichtung des alten Reiches eine entsprechende Rolle. Er übte scharfe Kritik an den Rheinbundfürsten und ihrer Abhängigkeit gegenüber Napoléon.

Seine Versuche bei Napoléon eine Begnadigung oder Milderung der Strafe zu erhalten, was jedoch nicht geschah. Obwohl er im Jahre 1811 in den Reichsfürsten einen Kopf eines möglichen Widerstands in den deutschen Staaten sah, verzichtete er auf eine Auslieferung durch Österreich zu drängen. Durch die Ächtung des Reichsfürsten, entgegen allen diplomatischen Gepflogenheiten, hatte ihr Ziel letztlich verfehlt, da Stein zu einem Symbol und einer führenden Persönlichkeit des antinapoleonischen Widerstands wurde.

Als sich im Jahre 1812 der russische Zar Alexander auf einen drohenden französischen Angriff vorbereitete, war er bemüht Gegner Napoléons an seinen Hof nach St. Petersburg zu holen. Zu diesen Personen gehörte auch der ehemalige preußische Beamte, der zu einem engen Berater des Zaren wurde, ohne jedoch in ein offizielles Dienstverhältnis am Hofe einzutreten. Er begann nun offensiv für den antinapoleonischen Widerstand die Werbetrommel zu rühren. So sollte ein »Deutsches Komitee« die Volksaufstände vorbereiten und koordinieren. Er unterstützte auch Justus von Gruner, der in Prag einen Spionage- und Agentennetz unterhielt und in seiner »St. Petersburger Denkschrift« entwickelte er einen Plan für einen erfolgreichen Krieg in Deutschland.

Nach dem Rückzug der stark dezimierten Reste der Grande Armée begab sich Stein an die preußische Grenze. Nachdem er die preußische Grenze überschritten hatte, ließ er im Auftrag des Zaren sofort preußische Landwehreinheiten aufstellen, obwohl Preußen noch mit Frankreich verbündet war. Auch berief er die preußischen Landstände in Ostpreußen ein.

Nachdem General von Yorck am 31.12.1812 durch die Konvention von Tauroggen die preußische Neutralität herstellte, drängte der Freiherr den preußischen König Friedrich Wilhelm III. zum Seitenwechsel. Stein vermittelte in der Folgezeit ein preußisch-russisches Bündnis, dass am 28.02.1813 in Kalisch geschlossen wurde. Am 16.03.1813 trat Preußen auf der Seite Russlands in den Krieg mit Frankreich ein.

In dieser Zeit erneuerte er auch seine Verfassungsvorschläge aus dem Vorjahr und forderte nun die Zerschlagung des Rheinbundes sowie die Beschneidung von Rechten souveräner Staaten zu Gunsten eines Kaisers und Reichstags mit einer starken Exekutivmacht. Gleichzeitig setzte er sich für eine Stärkung Preußens ein, damit eine österreichische Übermacht vermieden werden könne.

Stein hatte auch angeregt eine alliierte Zentralverwaltungsbehörde in den besetzten Gebieten zu errichten, die als Beschaffungsstelle für Geld, Waffen und Soldaten dienen sollte. Seinem Vorschlag auf Basis dieser Strukturen die Basis für die Wiederherstellung eines deutschen Staates zu nutzen, folgten weder Russland noch Preußen und so blieb es eine reine Beschaffungsverwaltung. Stein der Chef dieser Behörde wurde, verwaltete ein Gebiet, dass aus Teilen des ehemaligen Modellstaaten wie Westphalen, Berg oder Frankfurt auch das Königreich Sachsen gehörte, dass bis zur Völkerschlacht bei Leipzig mit den Franzosen verbündet blieb. Sein Ansinnen, die ehemaligen Rheinbundstaaten zu besetzen wurde nicht entsprochen und am 21.10.1813 wurde die Behörde aufgelöst und durch die Departement Central d’Administration. Dieses war auch für die linksrheinischen Gebiete sowie für die besetzten französischen Gebiete zuständig. Stein, der auch hier die Leitung wahrnahm, erhielt seine Anweisungen von einem Diplomatenrat der Alliierten.

Stein legte immer wieder neue Pläne zur Neuordnung Europas aber auch zur Schaffung eines romantisierten Kaisertums nach mittelalterlichen Vorstellungen vor, die jedoch in der Folgezeit unbeachtet blieben. Er nahm auch im Jahre 1814/15 als russischer Gesandter am Wiener Kongress teil. Doch auch hier blieben seine politischen Ideen zur Schaffung eines altständischen Reichsverbandes bei den führenden Regierungen ungehört. So reiste er noch vor Verabschiedung der Bundesakte ab.

Nach Ende der napoleonischen Herrschaft erhielt Stein seine beschlagnahmten Besitztümer in Nassau zurück und übertrug seiner Schwester Marianne die Verwaltung. Seine Bemühungen zumindest einen Teil seiner Herrschaftsrechte zurückzuerlangen blieben erfolglos. Dennoch beteiligte er sich an der Ausarbeitung einer Verfassung für Nassau. Stein erhielt eine Virilstimme im Landtag, die er jedoch 1818 wegen Verweigerung des Untertaneneids wieder verlor.

Im Jahre 1816 tauschte Reichsfreiherr von Stein seine Güter in Birnbaum gegen das die Güter und Gebäude des ehemaligen Klosters Cappenberg bei Lünen in Westfalen. Im gleichen Jahr verlieh der preußische König Friedrich Wilhelm III. ihm den Schwarzen Adlerorden.

Im Jahre 1823 erwarb er noch das ehemalige Kloster Scheda und seine Besitzungen Cappenberg und Scheda wurden zur Standesherrschaft erhoben. Dieser Titel war nicht erblich, sondern an seine Person gebunden. Bis zum Tod seiner Frau im Jahre 1819 lebte er überwiegend in Frankfurt am Main und machte mit seinen Töchtern ausgedehnte Reisen in die Schweiz und nach Italien. Seinen Frankfurter Wohnsitz gab er 1824/25 auf und heilt sich nun in Nassau oder in Cappenberg auf.

Angebote für Österreich oder Preußen als Bundestagsgesandter tätig zu werden, lehnte er ab. Auf Grund zahlreicher Besuche in Cappenberg und durch Briefe und Zeitungslektüre war er gut über das politische Zeitgeschehen informiert.

Steins sah sich selbst nicht als Preußen, sondern eher als Reichspatriot, wie er in einen Schreiben an Ernst von Münster:

Es tut mir leid, daß Euer Exzellenz in mir den Preußen vermuten … Ich habe nur ein Vaterland, das heißt Deutschland, und da ich nach alter Verfassung nur ihm und keinem besonderen Teil desselben angehörte, so bin ich auch nur ihm und nicht einem Teil desselben von ganzer Seele ergeben.

Er wandte sich sowohl gegen die Karlsbader Beschlüsse des Jahres 1819 und die Demagogenverfolgung in den deutschen Staaten, während er den Übergang der süddeutschen Bundesstaaten zu Konstitutionalismus ausdrücklich begrüßte. So geriet er auch in den Fokus der Bundeszentralbehörde, die ihn verdächtigte, die oppositionelle Bewegung im Deutschen Bund zu schützen und sogar zu fördern. Stein unterstützte derweil die griechischen und polnischen Freiheitsbewegungen sowie die Unabhängigkeitsbestrebungen der Staaten Mittel- und Südamerikas auch finanziell. Doch lehnte er die frühliberale Bewegung und die Entstehung von Parteien ab, da diese nicht seinem Verständnis einer altständischen Ordnung hineinpassten.

Wie weit die Vorstellungen des Freiherrn und der liberalen Kräfte nicht miteinander vereinbar waren, zeigte sich im Vorfeld der Errichtung der Provinzlandtage in Preußen. So beteiligte er sich an den Debatten des westfälischen Adels und war auch maßgeblich an einer Petition des Jahres 1818 beteiligt. So sollten die Bauern nicht aus den politischen Gremien ausgeschlossen werden. Während der Reichsfreiherr forderte, dass die Vertreter der Bauern ausschließlich aus der Bauernschaft stammen mussten, setzten sich liberale Kräfte dafür ein, dass deren Vertreter auch aus den ländlichen Unterschichten oder von Intellektuellen Kreisen stammen könnten. Auch setzte er sich für Sonderrechte der Adeligen in den Provinziallandtagen ein. So sollten Sitze adeliger Abgeordneter nicht gewählt, sondern vererbt werden können. Auch sollten die Angehörigen des Adels bei der Besetzung von Stellen privilegiert werden oder bei Gerichtsverhandlungen einen privilegierten Gerichtsstand erhalten. Einige seiner Ideen gingen auch in die Provinzialverfassung Westfalens ein. So gehörte der Reichsfreiherr als Standesherr automatisch zu den Vertretern des Provinziallandtages und bildete mit 10 weiteren Vertretern den ersten Stand, während die Besitzer landtagsfähiger Rittergüter den zweiten Stand bildeten und Städte und Landgemeinden den dritten und vierten Stand bildeten. Stein wurde zum Landtagsmarschall des 1. Provinziallandtags gewählt und begrüßte in seiner Eröffnungsrede die Wiedereinführung der ständischen Ordnung und grenzte diese alles umformenden Verfassung der französischen Revolution ab. Auch die folgenden Landtage standen unter seinem Vorsitz.

Gerade auf dem ersten Provinziallandtag kam es immer wieder zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen den ersten und zweiten Stand auf der einen und dem dritten und vierten Stand auf der anderen Seite. So entbrannte der Streit über die Erfassung adeliger Güter durch ein staatliches Kataster als Grundlage für eine Grundsteuer oder ob Landbesitz frei käuflich sein sollte und stellte sich gegen wirtschaftsliberale Reformen auf und Bewahrer adelig-ständischer Vorherrschaft. Auch änderte sich seine Haltung zur Judenemanzipation in Preußen. Setzte er sich im Zuge der Ständeordnung im Jahre 1808 für die Emanzipation jüdischer Mitbürger ein, plante er 1816 eine Ausweisung aller Juden an die Nordküste Afrikas. Auch pflegte Karl vom und zum Stein weitere antisemitische Klischees. So warnte er, dass die aus der Leibeigenschaft befreiten Bauern zu in die Hörigkeit an Juden und Wucherer geraten könnten oder sprach von der »Verderblichkeit der jüdischen Horde«. Im Jahre 1823 unterstellte er jüdischen Bankiers einen »Mangel an Ehrgefühl« und »Befriedigung der Habsucht«.

Als im Jahre 1831 die preußische Städteordnung von 1808 reformiert werden sollte,berüßte Stein die Reformen, während liberale Kräfte und Vertreter der Städte diese wegen der vorgesehenen stärkeren staatlichen Kontrolle und Einschränkung der Selbstverwaltung ablehnten.

Bereits seit dem Jahre 1814 bemühte sich der Reichsfreiherr sich bei den deutschen Fürsten und Politikern um Unterstützung für ein Editionsprojekt von mittelalterlichen Quellensammlungen. Anfang des Jahres 1819 legte Heinrich Friedrich Karl voM und zum Stein die Grundlage für die »Monumenta Germaniae Historica«, die sich die zum Ziel setzte, die wissenschaftlichen Geschichtsquellen zur deutschen Vergangenheit zu editieren. Zunächst organisierte man sich in einer Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde«, die sich am 20.01.1819 in Steins Frankfurter Wohnung konstituierte und bereits am 19.06.1819 wurde die Satzung bekanntgegeben und die Gesellschaft für eine breitere (wissenschaftliche) Öffentlichkeit geöffnet. Ihr Wahlspruch wurde – ganz im Sinne des romantischen Nationalismus des beginnenden 19. Jahrhunderts -»Sanctus amor patriae dat animum« (Die heilige Vaterlandsliebe gibt den rechten Geist). Bis zum Jahre 1824 leitete er die Editionsvorhaben selbstständig, ehe er 1823 den Historiker Georg Heinrich Pertz mit der Herausgabe der Werke. Der erste Band erschien im Jahre 1826.

Steins Motivation für die Herausgabe dieser Quellensammlung lag insbesondere in der Legitimation des Adels und sein altständisches Denken aus der Geschichte herzuleiten. So beabsichtige er, dass die Finanzierung der Arbeiten ausschließlich durch den deutschen Adel finanziert werden sollten und weder ausländischen noch bürgerliche Unterstützer wurden abgelehnt. Dieses Konzept wurde jedoch spätestens nach Steins Tod aufgehoben und man erhielt auch staatliche Finanzhilfen.

Im Jahre 1793 ging Freiherr vom und zum Stein die Ehe mit Wilhelmine von Wallmoden, der Tochter von Johann Ludwig von Wallmoden-Gimborn ein. Der Vater der Braut war ein illegitimer Sohn des englischen Königs Georg II.  Aus der Ehe entstammten drei Kinder, von denen Henriette und Therese das Kindesalter überlebten.

Während der letzten Lebensjahre litt er unter einem Lungenleiden und Herzkrankheiten. Heirnich Friedrich Karl vom und zum Stein starb am 29.06.1831 auf Schloss Cappenberg bei Lünen. Seine letzte Ruhestätte fand er in der Familiengruft in Frücht bei Bad Ems, die durch den Kölner Bildhauer Peter Joseph Imhoff erbaut wurde. Durch seine ältere Tochter Henriette von Gleich wurde der Bau einer neugotischen Kapelle über der Familiengruft initiiert. Hierbei wurde sie durch Sulpiz Boisserée künstlerisch beraten, die Kapelle nach Plänen von Joseph Daniel Ohlmüller  wurde nach sieben Jahren Bauzeit im Jahre 1843 fertiggestellt. Das Marmorrelief auf der Grabplatte schuf zwischen 1837 und 1840 Ludwig Schwanthaler. Der Grabstein trägt folgende Inschrift:

Heinrich Friedrich Karl Reichsfreiherr vom und zum Stein
geboren den 25sten Oktober 1757,
gestorben den 29sten Juni 1831, ruhet hier;
der Letzte seines über sieben Jahrhunderte
an der Lahn blühenden Rittergeschlechtes;
demütig vor Gott, hochherzig gegen Menschen,
der Lüge und des Unrechtes Feind,
hochbetagt in Pflicht und Treue,
unerschütterlich in Acht und Bann,
des gebeugten Vaterlandes ungebeugter Sohn,
in Kampf und Sieg Deutschlands Mitbefreier.
Ich habe Lust, abzuscheiden und bei Christo zu seyn.

Bereits unmittelbar nach seinem Tode wurde Reichsfreiherr Karl vom und zum Stein von unterschiedlichen Seiten politisch vereinnahmt. So begründete sein Weggefährte aus St. Petersburger Tagen, Ernst Moritz Arndt die Tradition der kritiklosen Stein-Verehrung, die er im Buch »Meine Wanderungen und Wandlungen mit dem Reichsfreiherrn Heinrich Friedrich Karl von Stein« niederschrieb. Auch der Historiker Georg Heinrich Pertz veröffentlichte eine sechsbändige Biographie. Die quellenreiche Darstellung bemühte sich einen antirevolutionären und antirestaurativen nationalgesinnten Liberalen zu zeichnen.

In den Gründungsjahren des Deutschen Kaiserreiches beriefen sich sowohl liberale als auch konservative Kräfte auf Stein. Aber auch das Reich und die Monarchie entdeckten ihn als Vorbild. Als 1872 ein Denkmal für ihn auf der Stammburg in Nassau eingeweiht wurde, nahmen sowohl Kaiser Wilhelm I.  als auch Reichskanzler Otto von Bismarck an der Zeremonie teil. Als drei Jahre später auf dem Berliner Dönhoffplatz ein weiteres Denkmal für Stein errichtet wurde, spendeten insbesondere liberale Kräfte hierfür. Während des Kaiserreiches entstanden auch die ersten anspruchsvolleren wissenschaftlichen Biographien zu seinem Leben und Wirken. Der englische Historiker Robert Seeley sah in Stein einen Liberalen und entschiedenen Gegner des französischen Kaisers Napoleon. Hugo Preuß, der im Auftrag Friedrich Eberts die Weimarer Reichsverfassung von 1919 entwarf, versuchte ebenso wie die Sozialdemokratie den Reichsfreiherrn für Weimarer Republik in Anspruch zu nehmen. So sei Steins Ziel letztlich der »demokratisch selbst regierende Staat« gewesen sein. Der Marxist Franz Mehring sah in dem Reformer einen Patrioten, der sich gegen seinen zaudernden König durchsetzen konnte. Gerhard Ritter veröffentlichte eine neue Interpretation seines Wirkens. Er betonten die altständischen Wurzeln in der Tradition des Heiligen Römischen Reiches und stilisierte ihn auch zu einem Nationalhelden. Dennoch war für ihn Bismarck der bedeutendere Politiker des 19. Jahrhunderts. Franz Schnabel sah wiederum in Stein einen konstitutionellen Liberalen. Auch die Nationalsozialisten um Adolf Hitler und Alfred Rosenberg  versuchten den preußischen Reformer für sich zu vereinnahmen. So berief sich die neue nationalsozialistische Gemeindeordnung ausdrücklich auf Stein und Erich Botzenhart, der eine erste Gesamtausgabe seiner Schriften verantwortete, sah in ihm sogar einen Vorläufer der Nationalsozialisten.

Auch nach Ende des Dritten Reiches vereinnahmten die Bundesrepublik und die Deutsche Demokratische Republik den preußischen Reformpolitiker für sich. Neben der Freiherr-von-Stein-Plakette für langjährige kommunalpolitische Tätigkeit des Landes Rheinland-Pfalz wurde im Jahre 1952 die Freiherr-von-Stein-Gesellschaft gegründet, die die Ideen und Gedanken Steins wissenschaftlich auszuwerten und der Öffentlichkeit zugänglich zu erhalten. Neben zahlreichen Veröffentlichungen zu Einzelaspekten des Lebens und Wirkens des Reformers erschien unter der Herausgeberschaft von Walther Hubatsch eine Neuedition der Schriften Steins, der auch 1957 an den Feierlichkeiten des 200. Geburtstages des Freiherrn beteiligt war.

In der DDR versuchte man Steins  revolutionäre Gesinnung insbesondere aus seinen Äußerungen des Jahres 1813 abzuleiten.

Interessant ist, dass beide deutschen Staaten den preußischen Reformer durchaus positiv gegenüber eingestellt waren. So bezeichnete eine frühe Ausgabe des »Handbuchs der deutschen Geschichte« - der Gebhardt - ihn »als besten Staatsmann, über den Deutschland damals verfügte« während die »Deutsche Geschichte in drei Bänden« ihn als den »bedeutendsten deutschen Staatsmann der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts« bezeichnete.

Ab den 1960er Jahren wurde Stein jedoch von Historikern, wie     Hans-Ulrich Wehler oder Barbara Vogel von dem überhöhten Sockel gestoßen. So schrieb sie, dass er von der deutschen Geschichtsschreibung stets mit einer Hochachtung behandelt worden sei, die im umgekehrten Verhältnis zu seinen greifbaren Leistungen als Reformer steht. In den letzten Jahren haben sich Historiker wie Paul Nolte, Heinz Duchhardt oder Thomas Nipperdey  bemüht den Freiherrn von Stein als komplex handelnde und auch in seinen politischen Ideen widersprüchliche Persönlichkeit darzustellen und auf Etiketten zu verzichten.